der Chinese Liukiu; bei jenem heisst die Meile ri, bei diesem li. Der Chinese sagt lice für das englische rice, der Japaner liest right für light. Das n, welches am Ende chinesischer Worte auftritt -- japanische enden stets auf Vocale --, wird etwas nasal, doch selten ganz wie ng in Menge ausgesprochen, sondern mehr wie in man. Wenn ihm dagegen in Zusammensetzungen ein b, p oder m folgt, hat es den Laut m, z. B. nan-ban, der südliche Barbar (Portugiese), lautet namban, mon-ban, der Thorhüter, = momban(g), Kinpo-zan = kimposan, san-mon, drei Thore, = sam-mon(g), kim-pun, Goldstaub (aus kin, Gold, und fun, Staub).
In der Silbenreihe mit w wird dieser Laut nur bei wa deutlich, wie in Wasser, gehört, kaum in der Silbe wo und nicht in wi, we und wu.
Das z endlich ist überall wie ein scharfes s auszusprechen.
Die Dialectunterschiede, auf welche bereits hingewiesen wurde, sind gross, sowohl was die Aussprache, als auch was die Betonung betrifft, dergestalt, dass z. B. der Bewohner der Hauptstadt Tokio Leute vom nördlichen Hondo oder dem südlichen Kiushiu nur schwer verstehen kann.
Der Accent japanischer Wörter folgt nicht so strengen allgemeinen Regeln, wie wir sie im Deutschen gewohnt sind. Im allgemeinen ruht bei zweisilbigen Wörtern der Ton auf der ersten Silbe, wie bei Setsu, Iga, Mino, oki (gross), midzu (Wasser), noru (reiten). Drei- silbige Wörter haben den Accent meist auf der penultima, viersilbige auf der antipenultima, z. B. Musashi, Chikugo, Iwashiro, yoroshi (gut), hibachi (Ofen), watakushi (watakshi, ich), kowagaru (fürchten), Bei Contractionen fällt der Accent jedoch immer auf den doppelten oder langen Vocal, in welcher Silbe er auch auftreten möge, z. B. Shimosa, Osumi, takai (hoch, theuer), shiroi (weiss), Daimio, Samurai, Tokio.
Dass die phonetische Transliteration der japanischen Sprache manche Uebelstände hat, unterliegt keinem Zweifel. Der individuellen und nationalen Auffassung und Wiedergabe der Laute ist bei dem Mangel eines einheitlichen, von allen Fremden adoptierten Alphabetes zu viel Spielraum gelassen; auch wird bei der besten phonetischen Uebertragung nur der Tonlaut, nicht der Tonfall erkannt. Vor allem aber ist dieselbe kein Ausdruck für die Etymologie des Wortes und kann bei Homonymen, deren Zahl sehr gross ist, leicht zu Irrthümern und Begriffsverwechselungen führen. Diese und andere Gründe mehr haben daher in der Neuzeit mehrere der hervorragendsten Forscher auf dem Gebiete der japanischen Sprache, insbesondere den englischen
II. Ethnographie.
der Chinese Liukiu; bei jenem heisst die Meile ri, bei diesem li. Der Chinese sagt lice für das englische rice, der Japaner liest right für light. Das n, welches am Ende chinesischer Worte auftritt — japanische enden stets auf Vocale —, wird etwas nasal, doch selten ganz wie ng in Menge ausgesprochen, sondern mehr wie in man. Wenn ihm dagegen in Zusammensetzungen ein b, p oder m folgt, hat es den Laut m, z. B. nan-ban, der südliche Barbar (Portugiese), lautet namban, mon-ban, der Thorhüter, = momban(g), Kinpo-zan = kimposan, san-mon, drei Thore, = sam-mon(g), kim-pun, Goldstaub (aus kin, Gold, und fun, Staub).
In der Silbenreihe mit w wird dieser Laut nur bei wa deutlich, wie in Wasser, gehört, kaum in der Silbe wo und nicht in wi, we und wu.
Das z endlich ist überall wie ein scharfes s auszusprechen.
Die Dialectunterschiede, auf welche bereits hingewiesen wurde, sind gross, sowohl was die Aussprache, als auch was die Betonung betrifft, dergestalt, dass z. B. der Bewohner der Hauptstadt Tôkio Leute vom nördlichen Hondo oder dem südlichen Kiushiu nur schwer verstehen kann.
Der Accent japanischer Wörter folgt nicht so strengen allgemeinen Regeln, wie wir sie im Deutschen gewohnt sind. Im allgemeinen ruht bei zweisilbigen Wörtern der Ton auf der ersten Silbe, wie bei Sétsu, Íga, Míno, óki (gross), mídzu (Wasser), nóru (reiten). Drei- silbige Wörter haben den Accent meist auf der penultima, viersilbige auf der antipenultima, z. B. Musáshi, Chikúgo, Iwáshiro, yoróshi (gut), hibáchi (Ofen), watákushi (watakshi, ich), kowágaru (fürchten), Bei Contractionen fällt der Accent jedoch immer auf den doppelten oder langen Vocal, in welcher Silbe er auch auftreten möge, z. B. Shimôsa, Ôsumi, takaí (hoch, theuer), shiroí (weiss), Daímio, Samuraí, Tôkio.
Dass die phonetische Transliteration der japanischen Sprache manche Uebelstände hat, unterliegt keinem Zweifel. Der individuellen und nationalen Auffassung und Wiedergabe der Laute ist bei dem Mangel eines einheitlichen, von allen Fremden adoptierten Alphabetes zu viel Spielraum gelassen; auch wird bei der besten phonetischen Uebertragung nur der Tonlaut, nicht der Tonfall erkannt. Vor allem aber ist dieselbe kein Ausdruck für die Etymologie des Wortes und kann bei Homonymen, deren Zahl sehr gross ist, leicht zu Irrthümern und Begriffsverwechselungen führen. Diese und andere Gründe mehr haben daher in der Neuzeit mehrere der hervorragendsten Forscher auf dem Gebiete der japanischen Sprache, insbesondere den englischen
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II. Ethnographie.
der Chinese Liukiu; bei jenem heisst die Meile ri, bei diesem li.
Der Chinese sagt lice für das englische rice, der Japaner liest right
für light. Das n, welches am Ende chinesischer Worte auftritt —
japanische enden stets auf Vocale —, wird etwas nasal, doch selten
ganz wie ng in Menge ausgesprochen, sondern mehr wie in man.
Wenn ihm dagegen in Zusammensetzungen ein b, p oder m folgt,
hat es den Laut m, z. B. nan-ban, der südliche Barbar (Portugiese),
lautet namban, mon-ban, der Thorhüter, = momban(g), Kinpo-zan =
kimposan, san-mon, drei Thore, = sam-mon(g), kim-pun, Goldstaub
(aus kin, Gold, und fun, Staub).
In der Silbenreihe mit w wird dieser Laut nur bei wa deutlich,
wie in Wasser, gehört, kaum in der Silbe wo und nicht in wi, we
und wu.
Das z endlich ist überall wie ein scharfes s auszusprechen.
Die Dialectunterschiede, auf welche bereits hingewiesen wurde,
sind gross, sowohl was die Aussprache, als auch was die Betonung
betrifft, dergestalt, dass z. B. der Bewohner der Hauptstadt Tôkio
Leute vom nördlichen Hondo oder dem südlichen Kiushiu nur schwer
verstehen kann.
Der Accent japanischer Wörter folgt nicht so strengen allgemeinen
Regeln, wie wir sie im Deutschen gewohnt sind. Im allgemeinen
ruht bei zweisilbigen Wörtern der Ton auf der ersten Silbe, wie bei
Sétsu, Íga, Míno, óki (gross), mídzu (Wasser), nóru (reiten). Drei-
silbige Wörter haben den Accent meist auf der penultima, viersilbige
auf der antipenultima, z. B. Musáshi, Chikúgo, Iwáshiro, yoróshi
(gut), hibáchi (Ofen), watákushi (watakshi, ich), kowágaru (fürchten),
Bei Contractionen fällt der Accent jedoch immer auf den doppelten
oder langen Vocal, in welcher Silbe er auch auftreten möge, z. B.
Shimôsa, Ôsumi, takaí (hoch, theuer), shiroí (weiss), Daímio, Samuraí,
Tôkio.
Dass die phonetische Transliteration der japanischen Sprache
manche Uebelstände hat, unterliegt keinem Zweifel. Der individuellen
und nationalen Auffassung und Wiedergabe der Laute ist bei dem
Mangel eines einheitlichen, von allen Fremden adoptierten Alphabetes
zu viel Spielraum gelassen; auch wird bei der besten phonetischen
Uebertragung nur der Tonlaut, nicht der Tonfall erkannt. Vor allem
aber ist dieselbe kein Ausdruck für die Etymologie des Wortes und
kann bei Homonymen, deren Zahl sehr gross ist, leicht zu Irrthümern
und Begriffsverwechselungen führen. Diese und andere Gründe mehr
haben daher in der Neuzeit mehrere der hervorragendsten Forscher
auf dem Gebiete der japanischen Sprache, insbesondere den englischen
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/500>, abgerufen am 22.11.2024.
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