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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.

"Kein Individuum darf von jetzt ab mehr ein Schwert tragen,
es sei denn in Hoftracht, ein Mitglied der Armee, Flotte oder Polizei."

Das Verbot des Schwertertragens wurde von den Fremden freudig
begrüsst, von denen, die es anging, theils gleichgültig, theils mit
Entrüstung hingenommen. In Tokio und den Vertragshäfen war die
Sitte schon fast ganz geschwunden. Dort konnte der Anblick eines
Trupps zweischwertiger Satsuma-Leute im Jahr 1874 und 1875 noch
manchem Europäer ein gelindes Schaudern erwecken und die Er-
innerung an manchen hinterlistigen Hieb, der zuvor mit diesen schar-
fen Waffen ausgetheilt worden war. In den ferneren Provinzen und
Städten hing man vielfach um so fester an diesem Vorrecht aus der
Feudalzeit, je mehr die anderen schon geschwunden waren. In Kana-
zawa z. B. sah der Verfasser 1874 alle Beamte mit ihren Schwertern
auf die Bureaux gehen, in Akita wenige Monate später und kurz nach
Consul Haber's Ermordung keinen einzigen Samurai anders als
im alten Aufzuge. In Satsuma 'aber legte 1875 selbst die' Schul-
jugend, wenn sie ausging, nach altem Recht und Brauch noch das
eine Schwert an.

Die Unzufriedenheit mit der neuen Lage, wie sie seit Beseitigung
des Feudalsystems geschaffen worden war, trat bei den früheren
Stützen der Revolution, den Samurai von Satsuma, Hizen, Choshiu,
Tosa und anderen Provinzen, mehr und mehr hervor und äusserte
sich schliesslich in einer Reihe von Aufständen, von denen die her-
vorragendsten hier kurz erwähnt werden sollen. Zunächst herrschte
im Jahre 1873 im südlichen Japan eine sehr kriegerische Stimmung
gegen Korea und grosse Neigung zu einer Wiederholung der Ex-
pedition unter Taiko-sama, ohne dass jenes Nachbarland dazu irgend
wie herausgefordert hätte. Auch im Staatsrathe fand dieser Gedanke
warme Vertreter und Förderer, namentlich durch General Saigo. Es
war eine der ersten Aufgaben des aus Europa zurückgekehrten Vice-
präsidenten Iwakura, sowie seines Collegen Okubo, kluger und be-
sonnener Männer, welche ihr Land nicht in kostspielige Abenteuer
stürzen wollten, dieser Strömung energisch entgegen zu treten. Die
Folge ihres Einflusses war der Austritt Saigo's und mehrerer anderer
Mitglieder des Staatsrathes *), sowie ein Mordanfall auf Iwakura;
im weiteren Verlaufe hingen damit die Aufstände von Saga und von
Satsuma zusammen.

*) Goto, Soyeshima, Eto (Yeto), Itagaki, Yuri, welche bald darauf ein
Memorial einreichten, worin sie die Nothwendigkeit einer Volksvertretung dar-
legten.
I. Geschichte des japanischen Volkes.

»Kein Individuum darf von jetzt ab mehr ein Schwert tragen,
es sei denn in Hoftracht, ein Mitglied der Armee, Flotte oder Polizei.«

Das Verbot des Schwertertragens wurde von den Fremden freudig
begrüsst, von denen, die es anging, theils gleichgültig, theils mit
Entrüstung hingenommen. In Tôkio und den Vertragshäfen war die
Sitte schon fast ganz geschwunden. Dort konnte der Anblick eines
Trupps zweischwertiger Satsuma-Leute im Jahr 1874 und 1875 noch
manchem Europäer ein gelindes Schaudern erwecken und die Er-
innerung an manchen hinterlistigen Hieb, der zuvor mit diesen schar-
fen Waffen ausgetheilt worden war. In den ferneren Provinzen und
Städten hing man vielfach um so fester an diesem Vorrecht aus der
Feudalzeit, je mehr die anderen schon geschwunden waren. In Kana-
zawa z. B. sah der Verfasser 1874 alle Beamte mit ihren Schwertern
auf die Bureaux gehen, in Akita wenige Monate später und kurz nach
Consul Haber’s Ermordung keinen einzigen Samurai anders als
im alten Aufzuge. In Satsuma ‘aber legte 1875 selbst die’ Schul-
jugend, wenn sie ausging, nach altem Recht und Brauch noch das
eine Schwert an.

Die Unzufriedenheit mit der neuen Lage, wie sie seit Beseitigung
des Feudalsystems geschaffen worden war, trat bei den früheren
Stützen der Revolution, den Samurai von Satsuma, Hizen, Chôshiu,
Tosa und anderen Provinzen, mehr und mehr hervor und äusserte
sich schliesslich in einer Reihe von Aufständen, von denen die her-
vorragendsten hier kurz erwähnt werden sollen. Zunächst herrschte
im Jahre 1873 im südlichen Japan eine sehr kriegerische Stimmung
gegen Korea und grosse Neigung zu einer Wiederholung der Ex-
pedition unter Taikô-sama, ohne dass jenes Nachbarland dazu irgend
wie herausgefordert hätte. Auch im Staatsrathe fand dieser Gedanke
warme Vertreter und Förderer, namentlich durch General Saigô. Es
war eine der ersten Aufgaben des aus Europa zurückgekehrten Vice-
präsidenten Iwakura, sowie seines Collegen Ôkubo, kluger und be-
sonnener Männer, welche ihr Land nicht in kostspielige Abenteuer
stürzen wollten, dieser Strömung energisch entgegen zu treten. Die
Folge ihres Einflusses war der Austritt Saigô’s und mehrerer anderer
Mitglieder des Staatsrathes *), sowie ein Mordanfall auf Iwakura;
im weiteren Verlaufe hingen damit die Aufstände von Saga und von
Satsuma zusammen.

*) Gotô, Soyeshima, Eto (Yeto), Itagaki, Yuri, welche bald darauf ein
Memorial einreichten, worin sie die Nothwendigkeit einer Volksvertretung dar-
legten.
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[426/0454] I. Geschichte des japanischen Volkes. »Kein Individuum darf von jetzt ab mehr ein Schwert tragen, es sei denn in Hoftracht, ein Mitglied der Armee, Flotte oder Polizei.« Das Verbot des Schwertertragens wurde von den Fremden freudig begrüsst, von denen, die es anging, theils gleichgültig, theils mit Entrüstung hingenommen. In Tôkio und den Vertragshäfen war die Sitte schon fast ganz geschwunden. Dort konnte der Anblick eines Trupps zweischwertiger Satsuma-Leute im Jahr 1874 und 1875 noch manchem Europäer ein gelindes Schaudern erwecken und die Er- innerung an manchen hinterlistigen Hieb, der zuvor mit diesen schar- fen Waffen ausgetheilt worden war. In den ferneren Provinzen und Städten hing man vielfach um so fester an diesem Vorrecht aus der Feudalzeit, je mehr die anderen schon geschwunden waren. In Kana- zawa z. B. sah der Verfasser 1874 alle Beamte mit ihren Schwertern auf die Bureaux gehen, in Akita wenige Monate später und kurz nach Consul Haber’s Ermordung keinen einzigen Samurai anders als im alten Aufzuge. In Satsuma ‘aber legte 1875 selbst die’ Schul- jugend, wenn sie ausging, nach altem Recht und Brauch noch das eine Schwert an. Die Unzufriedenheit mit der neuen Lage, wie sie seit Beseitigung des Feudalsystems geschaffen worden war, trat bei den früheren Stützen der Revolution, den Samurai von Satsuma, Hizen, Chôshiu, Tosa und anderen Provinzen, mehr und mehr hervor und äusserte sich schliesslich in einer Reihe von Aufständen, von denen die her- vorragendsten hier kurz erwähnt werden sollen. Zunächst herrschte im Jahre 1873 im südlichen Japan eine sehr kriegerische Stimmung gegen Korea und grosse Neigung zu einer Wiederholung der Ex- pedition unter Taikô-sama, ohne dass jenes Nachbarland dazu irgend wie herausgefordert hätte. Auch im Staatsrathe fand dieser Gedanke warme Vertreter und Förderer, namentlich durch General Saigô. Es war eine der ersten Aufgaben des aus Europa zurückgekehrten Vice- präsidenten Iwakura, sowie seines Collegen Ôkubo, kluger und be- sonnener Männer, welche ihr Land nicht in kostspielige Abenteuer stürzen wollten, dieser Strömung energisch entgegen zu treten. Die Folge ihres Einflusses war der Austritt Saigô’s und mehrerer anderer Mitglieder des Staatsrathes *), sowie ein Mordanfall auf Iwakura; im weiteren Verlaufe hingen damit die Aufstände von Saga und von Satsuma zusammen. *) Gotô, Soyeshima, Eto (Yeto), Itagaki, Yuri, welche bald darauf ein Memorial einreichten, worin sie die Nothwendigkeit einer Volksvertretung dar- legten.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/454>, abgerufen am 25.11.2024.