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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.
aber fiel tödtlich verwundet vom Pferde und starb kurz darauf. Die
nächste Folge dieser viel Aufsehen machenden "Richardson affair"
war die, dass der Bakufu L 100000 Entschädigung zahlen musste,
von Satsuma aber weitere L 25000 und die Auslieferung Shimadzu
Saburo's verlangt wurde. Diesem Verlangen wurde nicht entsprochen,
und so folgte im August 1863 durch eine englische Flotte unter
Admiral Kuper die Beschiessung von Kagoshima, das trotz
tapferer Vertheidigung grösstentheils zerstört wurde, und die Weg-
nahme dreier Dampfschiffe, welche Satsuma gehörten.

Schon im Frühling dieses Jahres, also bevor noch die englische
Flotte vor Kagoshima erschienen war, hatte eine Versammlung der
Daimio in Kioto stattgefunden, an der auch der Shogun in Folge
dringender Aufforderung des Mikado theilnahm. Am 8. April wurde
der Versammlung ein Erlass des Mikado vorgelesen, worin derselbe
die Vertreibung der widerwärtigen Barbaren verlangt. Der Premier-
minister des Shogun, Exdaimio von Echizen, soll noch näher den Tag
bestimmen, an welchem der Wunsch des Tenno zu verwirklichen sei;
derselbe legt jedoch in Erwägung der grossen Schwierigkeiten sein
Amt nieder. Nun will der Mikado mit dem Shogun eine Pilgerreise
nach Iwashimidzu in Yamashiro zum Tempel des Kriegsgottes Hachi-
man unternehmen, um demselben das Schwert des Ojin-Tenno zum
Vertreiben der Barbaren zu übergeben. Der Shogun schützt indess
Unwohlsein vor und geht nicht, seinem Beispiel folgt sein Verwandter
und Berather Shitotsubashi. Der Exdaimio von Owari wird dem
Shogun als Berather beigegeben und der Fürst von Hizen zum General-
Inspector der Armee ernannt. Bald darauf brannte man in Yedo die
Gebäude der englischen und amerikanischen Legation nieder *).

Ueberall im Lande regten sich die Samurai und erwarteten un-
geduldig, gleich dem Hofe in Kioto, dass der Bakufu endlich den
Tag zum Losschlagen gegen die Fremden festsetzen möge, allein dies
geschah nicht, obgleich in Yedo grosse Neigung herrschte, dem Befehl
des Mikado nachzukommen. Der einsichtsvollere Theil der Regie-
rung erkannte nämlich bald, dass die Fremden keine Lust hatten,
freiwillig wieder abzuziehen und mit Gewalt nicht mehr zu vertreiben
waren. Diese richtige Erkenntniss der Lage wurde wesentlich ge-
fördert durch das Erscheinen der imponierenden englischen Flotte vor
Shinagawa, der südlichen Vorstadt von Yedo, zu dem Zwecke, die

*) Theilnehmer dieser damals "patriotischen" Handlung hatten sechs Jahre
später hohe Aemter inne und gehörten zu den eifrigsten Förderern der "west-
lichen Civilisation".

I. Geschichte des japanischen Volkes.
aber fiel tödtlich verwundet vom Pferde und starb kurz darauf. Die
nächste Folge dieser viel Aufsehen machenden »Richardson affair«
war die, dass der Bakufu ₤ 100000 Entschädigung zahlen musste,
von Satsuma aber weitere ₤ 25000 und die Auslieferung Shimadzu
Saburo’s verlangt wurde. Diesem Verlangen wurde nicht entsprochen,
und so folgte im August 1863 durch eine englische Flotte unter
Admiral Kuper die Beschiessung von Kagoshima, das trotz
tapferer Vertheidigung grösstentheils zerstört wurde, und die Weg-
nahme dreier Dampfschiffe, welche Satsuma gehörten.

Schon im Frühling dieses Jahres, also bevor noch die englische
Flotte vor Kagoshima erschienen war, hatte eine Versammlung der
Daimio in Kiôto stattgefunden, an der auch der Shôgun in Folge
dringender Aufforderung des Mikado theilnahm. Am 8. April wurde
der Versammlung ein Erlass des Mikado vorgelesen, worin derselbe
die Vertreibung der widerwärtigen Barbaren verlangt. Der Premier-
minister des Shôgun, Exdaimio von Echizen, soll noch näher den Tag
bestimmen, an welchem der Wunsch des Tennô zu verwirklichen sei;
derselbe legt jedoch in Erwägung der grossen Schwierigkeiten sein
Amt nieder. Nun will der Mikado mit dem Shôgun eine Pilgerreise
nach Iwashimidzu in Yamashiro zum Tempel des Kriegsgottes Hachi-
man unternehmen, um demselben das Schwert des Ôjin-Tennô zum
Vertreiben der Barbaren zu übergeben. Der Shôgun schützt indess
Unwohlsein vor und geht nicht, seinem Beispiel folgt sein Verwandter
und Berather Shitotsubashi. Der Exdaimio von Ôwari wird dem
Shôgun als Berather beigegeben und der Fürst von Hizen zum General-
Inspector der Armee ernannt. Bald darauf brannte man in Yedo die
Gebäude der englischen und amerikanischen Legation nieder *).

Ueberall im Lande regten sich die Samurai und erwarteten un-
geduldig, gleich dem Hofe in Kiôto, dass der Bakufu endlich den
Tag zum Losschlagen gegen die Fremden festsetzen möge, allein dies
geschah nicht, obgleich in Yedo grosse Neigung herrschte, dem Befehl
des Mikado nachzukommen. Der einsichtsvollere Theil der Regie-
rung erkannte nämlich bald, dass die Fremden keine Lust hatten,
freiwillig wieder abzuziehen und mit Gewalt nicht mehr zu vertreiben
waren. Diese richtige Erkenntniss der Lage wurde wesentlich ge-
fördert durch das Erscheinen der imponierenden englischen Flotte vor
Shinagawa, der südlichen Vorstadt von Yedo, zu dem Zwecke, die

*) Theilnehmer dieser damals »patriotischen« Handlung hatten sechs Jahre
später hohe Aemter inne und gehörten zu den eifrigsten Förderern der »west-
lichen Civilisation«.
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[404/0432] I. Geschichte des japanischen Volkes. aber fiel tödtlich verwundet vom Pferde und starb kurz darauf. Die nächste Folge dieser viel Aufsehen machenden »Richardson affair« war die, dass der Bakufu ₤ 100000 Entschädigung zahlen musste, von Satsuma aber weitere ₤ 25000 und die Auslieferung Shimadzu Saburo’s verlangt wurde. Diesem Verlangen wurde nicht entsprochen, und so folgte im August 1863 durch eine englische Flotte unter Admiral Kuper die Beschiessung von Kagoshima, das trotz tapferer Vertheidigung grösstentheils zerstört wurde, und die Weg- nahme dreier Dampfschiffe, welche Satsuma gehörten. Schon im Frühling dieses Jahres, also bevor noch die englische Flotte vor Kagoshima erschienen war, hatte eine Versammlung der Daimio in Kiôto stattgefunden, an der auch der Shôgun in Folge dringender Aufforderung des Mikado theilnahm. Am 8. April wurde der Versammlung ein Erlass des Mikado vorgelesen, worin derselbe die Vertreibung der widerwärtigen Barbaren verlangt. Der Premier- minister des Shôgun, Exdaimio von Echizen, soll noch näher den Tag bestimmen, an welchem der Wunsch des Tennô zu verwirklichen sei; derselbe legt jedoch in Erwägung der grossen Schwierigkeiten sein Amt nieder. Nun will der Mikado mit dem Shôgun eine Pilgerreise nach Iwashimidzu in Yamashiro zum Tempel des Kriegsgottes Hachi- man unternehmen, um demselben das Schwert des Ôjin-Tennô zum Vertreiben der Barbaren zu übergeben. Der Shôgun schützt indess Unwohlsein vor und geht nicht, seinem Beispiel folgt sein Verwandter und Berather Shitotsubashi. Der Exdaimio von Ôwari wird dem Shôgun als Berather beigegeben und der Fürst von Hizen zum General- Inspector der Armee ernannt. Bald darauf brannte man in Yedo die Gebäude der englischen und amerikanischen Legation nieder *). Ueberall im Lande regten sich die Samurai und erwarteten un- geduldig, gleich dem Hofe in Kiôto, dass der Bakufu endlich den Tag zum Losschlagen gegen die Fremden festsetzen möge, allein dies geschah nicht, obgleich in Yedo grosse Neigung herrschte, dem Befehl des Mikado nachzukommen. Der einsichtsvollere Theil der Regie- rung erkannte nämlich bald, dass die Fremden keine Lust hatten, freiwillig wieder abzuziehen und mit Gewalt nicht mehr zu vertreiben waren. Diese richtige Erkenntniss der Lage wurde wesentlich ge- fördert durch das Erscheinen der imponierenden englischen Flotte vor Shinagawa, der südlichen Vorstadt von Yedo, zu dem Zwecke, die *) Theilnehmer dieser damals »patriotischen« Handlung hatten sechs Jahre später hohe Aemter inne und gehörten zu den eifrigsten Förderern der »west- lichen Civilisation«.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/432>, abgerufen am 22.11.2024.