fordernde, unfreundliche Benehmen der Japaner an der Küste gegen die frühere Zuvorkommenheit fällt ihm auf, er steuert durch die Tsugaru-Strasse, an Matsumaye vorbei und nun nordwärts an den Westküsten von Yezo und Sachalin hin bis zum 52. Breitengrad, worauf er sich südlich wendet dem asiatischen Continent entlang, die nach ihm benannte Bucht an der Ostküste von Korea entdeckt, an Tsushima vorbeisegelt und endlich nach Macao zurückkehrt. Der Ausdauer und sorgfältigen Beobachtung Broughton's, welcher trotz mancher grossen Widerwärtigkeiten, wie der Bruch eines Arms und der Verlust seiner Corvette, doch stetig die ihm von der britischen Ad- miralität gestellte Aufgabe verfolgte, verdanken wir die ersten ge- naueren Karten der Insel Yezo und des Japanischen Meeres.
Unter den Besuchen, welche in der ersten Hälfte dieses Jahr- hunderts englische Kriegsschiffe der japanischen Küste abstatteten, ist wohl derjenige des Capitän Pellew mit dem Phaeton im Sep- tember 1808 der erwähnenswertheste. Man hatte damals in Nagasaki schon lange auf die Ankunft eines holländischen Schiffes von Batavia gewartet und war erfreut, als ein solches vom Eingang zum Hafen signalisiert wurde. Bald stellte sich jedoch die Täuschung heraus und setzte nicht blos ganz Nagasaki, sondern auch den Hof und das umliegende Land in grosse Aufregung. Truppen wurden aufgeboten, um den Feind zu vertreiben, der indess nach der Einnahme von Wasser plötzlich wieder verschwand. Die Folge war, dass der Gou- verneur von Nagasaki und fünf Militär-Commandanten wegen der Blössen, welche sie sich in ihrer Rathlosigkeit gegeben hatten und im Gefühl der Strafe, welche ihrer vom Bakufu aus wartete, das Harakiri vornahmen.
Wie Broughton's Name mit der näheren Kenntniss der Insel Yezo *) verknüpft ist, so verdanken wir Capitän Beechey die erste gute Karte und zuverlässige Kunde über die beiden südlichsten der japa- nischen Inselgruppen, die Muninto und Riukiu. An Bord des Schiffes Blossom besuchte er dieselben 1827 und bildete durch das "Narrative" seiner Reise die Grundlage, auf welcher dann die Perry- Expedition weiter baute.
Als nördliche Nachbarn der Japaner hatten die Russen auf Sachalin und den Kurilen bereits im vorigen Jahrhundert Berührung mit den- selben, welche ihnen den Wunsch nahe legte, in regeren Verkehr
*)Broughton gebraucht statt Yezo auch die Namen Chicha und Insu, letzteren wohl dem japanischen Inu, Hund, Inushiu, Hundeland, nach, weil die Japaner die Ainos verächtlich Hunde nannten.
Rein, Japan I. 25
6. Periode. Das Shôgunat der Tokugawa etc.
fordernde, unfreundliche Benehmen der Japaner an der Küste gegen die frühere Zuvorkommenheit fällt ihm auf, er steuert durch die Tsugaru-Strasse, an Matsumaye vorbei und nun nordwärts an den Westküsten von Yezo und Sachalin hin bis zum 52. Breitengrad, worauf er sich südlich wendet dem asiatischen Continent entlang, die nach ihm benannte Bucht an der Ostküste von Korea entdeckt, an Tsushima vorbeisegelt und endlich nach Macao zurückkehrt. Der Ausdauer und sorgfältigen Beobachtung Broughton’s, welcher trotz mancher grossen Widerwärtigkeiten, wie der Bruch eines Arms und der Verlust seiner Corvette, doch stetig die ihm von der britischen Ad- miralität gestellte Aufgabe verfolgte, verdanken wir die ersten ge- naueren Karten der Insel Yezo und des Japanischen Meeres.
Unter den Besuchen, welche in der ersten Hälfte dieses Jahr- hunderts englische Kriegsschiffe der japanischen Küste abstatteten, ist wohl derjenige des Capitän Pellew mit dem Phaëton im Sep- tember 1808 der erwähnenswertheste. Man hatte damals in Nagasaki schon lange auf die Ankunft eines holländischen Schiffes von Batavia gewartet und war erfreut, als ein solches vom Eingang zum Hafen signalisiert wurde. Bald stellte sich jedoch die Täuschung heraus und setzte nicht blos ganz Nagasaki, sondern auch den Hof und das umliegende Land in grosse Aufregung. Truppen wurden aufgeboten, um den Feind zu vertreiben, der indess nach der Einnahme von Wasser plötzlich wieder verschwand. Die Folge war, dass der Gou- verneur von Nagasaki und fünf Militär-Commandanten wegen der Blössen, welche sie sich in ihrer Rathlosigkeit gegeben hatten und im Gefühl der Strafe, welche ihrer vom Bakufu aus wartete, das Harakiri vornahmen.
Wie Broughton’s Name mit der näheren Kenntniss der Insel Yezo *) verknüpft ist, so verdanken wir Capitän Beechey die erste gute Karte und zuverlässige Kunde über die beiden südlichsten der japa- nischen Inselgruppen, die Munintô und Riukiu. An Bord des Schiffes Blossom besuchte er dieselben 1827 und bildete durch das »Narrative« seiner Reise die Grundlage, auf welcher dann die Perry- Expedition weiter baute.
Als nördliche Nachbarn der Japaner hatten die Russen auf Sachalin und den Kurilen bereits im vorigen Jahrhundert Berührung mit den- selben, welche ihnen den Wunsch nahe legte, in regeren Verkehr
*)Broughton gebraucht statt Yezo auch die Namen Chicha und Insu, letzteren wohl dem japanischen Inu, Hund, Inushiu, Hundeland, nach, weil die Japaner die Ainos verächtlich Hunde nannten.
Rein, Japan I. 25
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6. Periode. Das Shôgunat der Tokugawa etc.
fordernde, unfreundliche Benehmen der Japaner an der Küste gegen
die frühere Zuvorkommenheit fällt ihm auf, er steuert durch die
Tsugaru-Strasse, an Matsumaye vorbei und nun nordwärts an den
Westküsten von Yezo und Sachalin hin bis zum 52. Breitengrad,
worauf er sich südlich wendet dem asiatischen Continent entlang, die
nach ihm benannte Bucht an der Ostküste von Korea entdeckt, an
Tsushima vorbeisegelt und endlich nach Macao zurückkehrt. Der
Ausdauer und sorgfältigen Beobachtung Broughton’s, welcher trotz
mancher grossen Widerwärtigkeiten, wie der Bruch eines Arms und der
Verlust seiner Corvette, doch stetig die ihm von der britischen Ad-
miralität gestellte Aufgabe verfolgte, verdanken wir die ersten ge-
naueren Karten der Insel Yezo und des Japanischen Meeres.
Unter den Besuchen, welche in der ersten Hälfte dieses Jahr-
hunderts englische Kriegsschiffe der japanischen Küste abstatteten,
ist wohl derjenige des Capitän Pellew mit dem Phaëton im Sep-
tember 1808 der erwähnenswertheste. Man hatte damals in Nagasaki
schon lange auf die Ankunft eines holländischen Schiffes von Batavia
gewartet und war erfreut, als ein solches vom Eingang zum Hafen
signalisiert wurde. Bald stellte sich jedoch die Täuschung heraus
und setzte nicht blos ganz Nagasaki, sondern auch den Hof und das
umliegende Land in grosse Aufregung. Truppen wurden aufgeboten,
um den Feind zu vertreiben, der indess nach der Einnahme von
Wasser plötzlich wieder verschwand. Die Folge war, dass der Gou-
verneur von Nagasaki und fünf Militär-Commandanten wegen der
Blössen, welche sie sich in ihrer Rathlosigkeit gegeben hatten und
im Gefühl der Strafe, welche ihrer vom Bakufu aus wartete, das
Harakiri vornahmen.
Wie Broughton’s Name mit der näheren Kenntniss der Insel Yezo *)
verknüpft ist, so verdanken wir Capitän Beechey die erste gute
Karte und zuverlässige Kunde über die beiden südlichsten der japa-
nischen Inselgruppen, die Munintô und Riukiu. An Bord des
Schiffes Blossom besuchte er dieselben 1827 und bildete durch das
»Narrative« seiner Reise die Grundlage, auf welcher dann die Perry-
Expedition weiter baute.
Als nördliche Nachbarn der Japaner hatten die Russen auf Sachalin
und den Kurilen bereits im vorigen Jahrhundert Berührung mit den-
selben, welche ihnen den Wunsch nahe legte, in regeren Verkehr
*) Broughton gebraucht statt Yezo auch die Namen Chicha und Insu,
letzteren wohl dem japanischen Inu, Hund, Inushiu, Hundeland, nach, weil die
Japaner die Ainos verächtlich Hunde nannten.
Rein, Japan I. 25
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/413>, abgerufen am 16.02.2025.
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