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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc.
in Hizen, damals Nagoya genannt. Manche geben das Heer, Matrosen
und alles Schiffsvolk mit eingeschlossen, zu 480000 Mann an, Andere
zu 300000, Zahlen, die wohl viel übertreiben. Zu Obergenerälen
ernannte Taiko-sama den Konishi Yukinaga Setsu no Kami und
Kato Kiyomasa.

Nach der niedrigsten Schätzung japanischer Autoren setzten
130000 Mann über nach Korea, denen einige Monate später weitere
50000 folgten. Auch diese Zahlen scheinen indess übertrieben, denn
man kann wohl annehmen, dass alle verfügbaren Dschunken zum
Transport eines so grossen Heeres nicht ausgereicht hätten. Glaub-
würdiger erscheint uns daher die Angabe in der Histoire de l'Eglise,
wonach das eine Heer unter Konishi 40000 Mann zählte. Nimmt
man für das zweite eine gleiche Stärke an, so ergeben sich für
die Invasionsarmee 80000 Mann, also immerhin eine grosse Armee,
besonders in Anbetracht der Zeit und Umstände. Vergebens hatte
sich Taiko-sama bemüht, für den Transport auch zwei grosse portu-
giesische Schiffe zu gewinnen, die damals im Hafen von Nagasaki
lagen.

Der eine Commandant, Admiral Konishi Yukinaga, oder wie die
Jesuiten ihn nennen, Don Augustin Giacuran-dono, war der Sohn
eines Droguisten, also gleich Taiko-sama ein Emporkömmling. Wie
dieser die Flaschenkürbisse, so führte er einen Arzneibeutel aus Papier
an seiner Fahne, wie er als Schild der Apotheker in Japan noch
üblich ist. Es wurde bereits oben erwähnt, das er mit seinen Eltern
1584 zum Christenthume übergetreten war. Sein Heer bestand fast
nur aus Christen. Unter ihm befehligte der Prinz von Bungo; ferner
waren die Fürsten von Omura, Arima und andere unter seinem
Commando.

Kato Kiyomasa, der Oberbefehlshaber des anderen heidnischen
Heeres, hasste die Christen und verachtete ihren Führer, namentlich
auch seiner niedrigen Herkunft wegen. Ihm gab Taiko-sama die
Flagge, welche er seiner Zeit von Ota Nobunaga gegen Mori erhalten
hatte, während er Konishi mit einem schönen Pferde beschenkte,
damit er über die bebärteten Wilden (Koreaner) hinweggaloppieren
könne. Er selbst hatte den Gedanken, den Oberbefehl zu übernehmen,
aufgegeben, hauptsächlich seiner betagten Mutter wegen. Endlich
war Alles zur Abfahrt bereit. Unter lautem Jubel der Zurückbleiben-
den fand dieselbe statt. Konishi landete in Korea Mitte April 1592,
drei Tage vor seinem Rivalen Kato. Unverzüglich nahm er Fusankai
(den Hafen Fusan), Tsushima gegenüber, sowie ein benachbartes
Schloss, Namens Torai. Als Kato ankam, fand er die Hauptarbeit

5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc.
in Hizen, damals Nagoya genannt. Manche geben das Heer, Matrosen
und alles Schiffsvolk mit eingeschlossen, zu 480000 Mann an, Andere
zu 300000, Zahlen, die wohl viel übertreiben. Zu Obergenerälen
ernannte Taikô-sama den Konishi Yukinaga Setsu no Kami und
Katô Kiyomasa.

Nach der niedrigsten Schätzung japanischer Autoren setzten
130000 Mann über nach Korea, denen einige Monate später weitere
50000 folgten. Auch diese Zahlen scheinen indess übertrieben, denn
man kann wohl annehmen, dass alle verfügbaren Dschunken zum
Transport eines so grossen Heeres nicht ausgereicht hätten. Glaub-
würdiger erscheint uns daher die Angabe in der Histoire de l’Eglise,
wonach das eine Heer unter Konishi 40000 Mann zählte. Nimmt
man für das zweite eine gleiche Stärke an, so ergeben sich für
die Invasionsarmee 80000 Mann, also immerhin eine grosse Armee,
besonders in Anbetracht der Zeit und Umstände. Vergebens hatte
sich Taikô-sama bemüht, für den Transport auch zwei grosse portu-
giesische Schiffe zu gewinnen, die damals im Hafen von Nagasaki
lagen.

Der eine Commandant, Admiral Konishi Yukinaga, oder wie die
Jesuiten ihn nennen, Don Augustin Giacuran-dono, war der Sohn
eines Droguisten, also gleich Taikô-sama ein Emporkömmling. Wie
dieser die Flaschenkürbisse, so führte er einen Arzneibeutel aus Papier
an seiner Fahne, wie er als Schild der Apotheker in Japan noch
üblich ist. Es wurde bereits oben erwähnt, das er mit seinen Eltern
1584 zum Christenthume übergetreten war. Sein Heer bestand fast
nur aus Christen. Unter ihm befehligte der Prinz von Bungo; ferner
waren die Fürsten von Omura, Arima und andere unter seinem
Commando.

Katô Kiyomasa, der Oberbefehlshaber des anderen heidnischen
Heeres, hasste die Christen und verachtete ihren Führer, namentlich
auch seiner niedrigen Herkunft wegen. Ihm gab Taikô-sama die
Flagge, welche er seiner Zeit von Ota Nobunaga gegen Môri erhalten
hatte, während er Konishi mit einem schönen Pferde beschenkte,
damit er über die bebärteten Wilden (Koreaner) hinweggaloppieren
könne. Er selbst hatte den Gedanken, den Oberbefehl zu übernehmen,
aufgegeben, hauptsächlich seiner betagten Mutter wegen. Endlich
war Alles zur Abfahrt bereit. Unter lautem Jubel der Zurückbleiben-
den fand dieselbe statt. Konishi landete in Korea Mitte April 1592,
drei Tage vor seinem Rivalen Katô. Unverzüglich nahm er Fusankai
(den Hafen Fusan), Tsushima gegenüber, sowie ein benachbartes
Schloss, Namens Torai. Als Katô ankam, fand er die Hauptarbeit

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[327/0353] 5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc. in Hizen, damals Nagoya genannt. Manche geben das Heer, Matrosen und alles Schiffsvolk mit eingeschlossen, zu 480000 Mann an, Andere zu 300000, Zahlen, die wohl viel übertreiben. Zu Obergenerälen ernannte Taikô-sama den Konishi Yukinaga Setsu no Kami und Katô Kiyomasa. Nach der niedrigsten Schätzung japanischer Autoren setzten 130000 Mann über nach Korea, denen einige Monate später weitere 50000 folgten. Auch diese Zahlen scheinen indess übertrieben, denn man kann wohl annehmen, dass alle verfügbaren Dschunken zum Transport eines so grossen Heeres nicht ausgereicht hätten. Glaub- würdiger erscheint uns daher die Angabe in der Histoire de l’Eglise, wonach das eine Heer unter Konishi 40000 Mann zählte. Nimmt man für das zweite eine gleiche Stärke an, so ergeben sich für die Invasionsarmee 80000 Mann, also immerhin eine grosse Armee, besonders in Anbetracht der Zeit und Umstände. Vergebens hatte sich Taikô-sama bemüht, für den Transport auch zwei grosse portu- giesische Schiffe zu gewinnen, die damals im Hafen von Nagasaki lagen. Der eine Commandant, Admiral Konishi Yukinaga, oder wie die Jesuiten ihn nennen, Don Augustin Giacuran-dono, war der Sohn eines Droguisten, also gleich Taikô-sama ein Emporkömmling. Wie dieser die Flaschenkürbisse, so führte er einen Arzneibeutel aus Papier an seiner Fahne, wie er als Schild der Apotheker in Japan noch üblich ist. Es wurde bereits oben erwähnt, das er mit seinen Eltern 1584 zum Christenthume übergetreten war. Sein Heer bestand fast nur aus Christen. Unter ihm befehligte der Prinz von Bungo; ferner waren die Fürsten von Omura, Arima und andere unter seinem Commando. Katô Kiyomasa, der Oberbefehlshaber des anderen heidnischen Heeres, hasste die Christen und verachtete ihren Führer, namentlich auch seiner niedrigen Herkunft wegen. Ihm gab Taikô-sama die Flagge, welche er seiner Zeit von Ota Nobunaga gegen Môri erhalten hatte, während er Konishi mit einem schönen Pferde beschenkte, damit er über die bebärteten Wilden (Koreaner) hinweggaloppieren könne. Er selbst hatte den Gedanken, den Oberbefehl zu übernehmen, aufgegeben, hauptsächlich seiner betagten Mutter wegen. Endlich war Alles zur Abfahrt bereit. Unter lautem Jubel der Zurückbleiben- den fand dieselbe statt. Konishi landete in Korea Mitte April 1592, drei Tage vor seinem Rivalen Katô. Unverzüglich nahm er Fusankai (den Hafen Fusan), Tsushima gegenüber, sowie ein benachbartes Schloss, Namens Torai. Als Katô ankam, fand er die Hauptarbeit

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/353>, abgerufen am 28.09.2024.