bald darauf mit diesen und dem chinesischen Corsaren sich nach China einschiffen. Hier landete man in Liampo (Ningpo?).
Die Berichte über das japanische Volk, seine Reichthümer und den grossen Gewinn, welchen der Pirat an seinen Waaren gemacht hatte, verlockten Viele zur Nachahmung. In grösster Eile rüsteten andere in Ningpo ansässige Portugiesen, wie auch Chinesen, neun Dschunken aus, und auch Pinto liess sich verleiten, sein Geld in diese Speculation zu stecken und an der Befrachtung einer dieser Dschunken Theil zu nehmen. Die kleine Handelsflottille wurde bei den Sand- bänken von Gotom (Goto?) vom Sturm erfasst und alle Schiffe bis auf zwei vernichtet. Auf einer dieser beiden Dschunken befand sich Pinto. Doch kam ein neues Unwetter, vernichtete auch diese beiden Fahrzeuge und die meisten Insassen derselben, so dass nur 24 Männer, wobei Pinto, und einige Frauen auf Gross-Lekio (Gross-Riukiu)*) das nackte Leben retteten. Die Aufnahme war hier Anfangs keine freundliche, ja eine Zeit lang schien es, als ob die Unglücklichen aus Neptun's Gewalt nur gerettet worden seien, um dem Schwerte anheimzufallen. Endlich aber fanden sie auch hier mitleidige Men- schen, wurden bewirthet und reich beschenkt auf einer chinesischen Dschunke nach Ningpo zurückgesandt.
Durch den unglücklichen Ausgang dieses ersten kaufmännischen Unternehmens liessen sich die an der Küste Chinas ansässigen Portu- giesen jedoch nicht abschrecken. Erneute Versuche, von Ningpo und Macao aus unternommen, hatten bald bessere Resultate zur Folge. Die Feudalherren im südlichen Japan begünstigten diesen neuen Han- del, der ihnen Geld und bessere Waffen zuführte und sie somit in ihren Fehden wesentlich unterstützte.
In jener Zeit folgte dem Kaufmann auch bald der Missionär. Nicht immer waren sie Friedensbringer. Nur zu oft gingen Handel und Seeraub, Schwert und Kreuz eng zusammen und arbeiteten für einander zum Schaden der christlichen Sache. Der Geist der Zeit hatte auch viele Verkünder des Evangeliums erfasst, so dass ihr Leben oft nicht der hohen Lehre entsprach, welche sie unter den Heiden zu verbreiten suchten. Einmischung in weltliche Angelegen- heiten, Streben nach Reichthum und Macht sind die Dinge, welche man mit Recht der Kirche vorwarf. Francisco Xavier, der Apostel Japans, war nicht von diesem Schlage; ein wahrhafter Diener der Reli- gion, strebte er nicht nach eitlem Ruhme, noch nach Gold (Cams. X. 150).
*) Wahrscheinlich ist Oshima gemeint. Pinto nennt ihre Hauptstadt Pungor und hebt hervor, dass sie unter dem 29. Breitengrade liege.
I. Geschichte des japanischen Volkes.
bald darauf mit diesen und dem chinesischen Corsaren sich nach China einschiffen. Hier landete man in Liampo (Ningpo?).
Die Berichte über das japanische Volk, seine Reichthümer und den grossen Gewinn, welchen der Pirat an seinen Waaren gemacht hatte, verlockten Viele zur Nachahmung. In grösster Eile rüsteten andere in Ningpo ansässige Portugiesen, wie auch Chinesen, neun Dschunken aus, und auch Pinto liess sich verleiten, sein Geld in diese Speculation zu stecken und an der Befrachtung einer dieser Dschunken Theil zu nehmen. Die kleine Handelsflottille wurde bei den Sand- bänken von Gotom (Gôtô?) vom Sturm erfasst und alle Schiffe bis auf zwei vernichtet. Auf einer dieser beiden Dschunken befand sich Pinto. Doch kam ein neues Unwetter, vernichtete auch diese beiden Fahrzeuge und die meisten Insassen derselben, so dass nur 24 Männer, wobei Pinto, und einige Frauen auf Gross-Lekio (Gross-Riukiu)*) das nackte Leben retteten. Die Aufnahme war hier Anfangs keine freundliche, ja eine Zeit lang schien es, als ob die Unglücklichen aus Neptun’s Gewalt nur gerettet worden seien, um dem Schwerte anheimzufallen. Endlich aber fanden sie auch hier mitleidige Men- schen, wurden bewirthet und reich beschenkt auf einer chinesischen Dschunke nach Ningpo zurückgesandt.
Durch den unglücklichen Ausgang dieses ersten kaufmännischen Unternehmens liessen sich die an der Küste Chinas ansässigen Portu- giesen jedoch nicht abschrecken. Erneute Versuche, von Ningpo und Macao aus unternommen, hatten bald bessere Resultate zur Folge. Die Feudalherren im südlichen Japan begünstigten diesen neuen Han- del, der ihnen Geld und bessere Waffen zuführte und sie somit in ihren Fehden wesentlich unterstützte.
In jener Zeit folgte dem Kaufmann auch bald der Missionär. Nicht immer waren sie Friedensbringer. Nur zu oft gingen Handel und Seeraub, Schwert und Kreuz eng zusammen und arbeiteten für einander zum Schaden der christlichen Sache. Der Geist der Zeit hatte auch viele Verkünder des Evangeliums erfasst, so dass ihr Leben oft nicht der hohen Lehre entsprach, welche sie unter den Heiden zu verbreiten suchten. Einmischung in weltliche Angelegen- heiten, Streben nach Reichthum und Macht sind die Dinge, welche man mit Recht der Kirche vorwarf. Francisco Xavier, der Apostel Japans, war nicht von diesem Schlage; ein wahrhafter Diener der Reli- gion, strebte er nicht nach eitlem Ruhme, noch nach Gold (Cams. X. 150).
*) Wahrscheinlich ist Ôshima gemeint. Pinto nennt ihre Hauptstadt Pungor und hebt hervor, dass sie unter dem 29. Breitengrade liege.
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I. Geschichte des japanischen Volkes.
bald darauf mit diesen und dem chinesischen Corsaren sich nach
China einschiffen. Hier landete man in Liampo (Ningpo?).
Die Berichte über das japanische Volk, seine Reichthümer und
den grossen Gewinn, welchen der Pirat an seinen Waaren gemacht
hatte, verlockten Viele zur Nachahmung. In grösster Eile rüsteten
andere in Ningpo ansässige Portugiesen, wie auch Chinesen, neun
Dschunken aus, und auch Pinto liess sich verleiten, sein Geld in diese
Speculation zu stecken und an der Befrachtung einer dieser Dschunken
Theil zu nehmen. Die kleine Handelsflottille wurde bei den Sand-
bänken von Gotom (Gôtô?) vom Sturm erfasst und alle Schiffe bis
auf zwei vernichtet. Auf einer dieser beiden Dschunken befand sich
Pinto. Doch kam ein neues Unwetter, vernichtete auch diese beiden
Fahrzeuge und die meisten Insassen derselben, so dass nur 24 Männer,
wobei Pinto, und einige Frauen auf Gross-Lekio (Gross-Riukiu) *)
das nackte Leben retteten. Die Aufnahme war hier Anfangs keine
freundliche, ja eine Zeit lang schien es, als ob die Unglücklichen
aus Neptun’s Gewalt nur gerettet worden seien, um dem Schwerte
anheimzufallen. Endlich aber fanden sie auch hier mitleidige Men-
schen, wurden bewirthet und reich beschenkt auf einer chinesischen
Dschunke nach Ningpo zurückgesandt.
Durch den unglücklichen Ausgang dieses ersten kaufmännischen
Unternehmens liessen sich die an der Küste Chinas ansässigen Portu-
giesen jedoch nicht abschrecken. Erneute Versuche, von Ningpo und
Macao aus unternommen, hatten bald bessere Resultate zur Folge.
Die Feudalherren im südlichen Japan begünstigten diesen neuen Han-
del, der ihnen Geld und bessere Waffen zuführte und sie somit in
ihren Fehden wesentlich unterstützte.
In jener Zeit folgte dem Kaufmann auch bald der Missionär.
Nicht immer waren sie Friedensbringer. Nur zu oft gingen Handel
und Seeraub, Schwert und Kreuz eng zusammen und arbeiteten für
einander zum Schaden der christlichen Sache. Der Geist der Zeit
hatte auch viele Verkünder des Evangeliums erfasst, so dass ihr
Leben oft nicht der hohen Lehre entsprach, welche sie unter den
Heiden zu verbreiten suchten. Einmischung in weltliche Angelegen-
heiten, Streben nach Reichthum und Macht sind die Dinge, welche
man mit Recht der Kirche vorwarf. Francisco Xavier, der Apostel
Japans, war nicht von diesem Schlage; ein wahrhafter Diener der Reli-
gion, strebte er nicht nach eitlem Ruhme, noch nach Gold (Cams. X. 150).
*) Wahrscheinlich ist Ôshima gemeint. Pinto nennt ihre Hauptstadt Pungor
und hebt hervor, dass sie unter dem 29. Breitengrade liege.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/330>, abgerufen am 25.11.2024.
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