errichtete ihm auf der Insel Tsukushi in Buzen einen Tempel. Bei der Gelegenheit, so berichtet die Sage, senkten sich acht weisse Fahnen vom Himmel. In Folge dessen erhielt die Miya *) den Namen Yabata-no-Yashiro, das Heiligthum der acht Fahnen. Als dann später die buddhistischen Priester, um ihrer Lehre leichter Eingang zu verschaffen, die hervorragendsten Shintogötter ihrem Systeme als Erscheinungsformen von Buddha incorporierten, wurde Ojin-Tenno als achte Incarnation eines Bosatsu (Bodhisattva) dargestellt und das Wort Yabata in das chinesische Hachi-man (Acht Fahnen) übersetzt. Seitdem verehren Shintoisten wie Buddhisten Ojin als Hachiman. In allen Theilen des Landes sind diesem japanischen Mars Tempel errichtet worden; auch tragen viele Orte nach ihm den Namen Hachi- man oder Yabata. An Hachiman wandte sich der strebsame japa- nische Jüngling mit seinem Gebete, wenn er, begeistert durch alte Heldensagen, sich gleich grosse Tapferkeit wünschte; seiner Protec- tion empfahlen Mütter ihre Söhne und Frauen ihre Männer, wenn dieselben in den Krieg zogen.
Unter der Regierung des 16. Mikado, Nintoku-Tenno (311-- 399 n. Chr.) scheinen die ersten Versuche mit der Seidenzucht ge- macht worden zu sein. Auch sonst war dieser wohlwollende Fürst auf die Hebung seines Landes bedacht, durch einen dreijährigen Er- lass der Abgaben, Vermehrung der Bewässerungsgräben für den Reis- bau, Anlage von neuen Magazinen, von Strassen. Unregelmässig- keiten im Zahlen des Tributes machten eine neue Expedition nach Shiraki nöthig. Auch fällt eine Revolte der Emishi in diese Zeit.
Von den nächstfolgenden Herrschern wird wenig berichtet. Sen- suelle Neigungen derselben und sonstige Verweichlichung führten zu Bürgerkriegen und warfen das Land offenbar theilweise in die frühere Barbarei zurück, die Bande mit Korea lockerten sich, und die Streitigkeiten der einzelnen Staaten, sowie eine Revolte in Mimana führten dann zu neuen Expeditionen nach dieser Halbinsel.
Es geschah dies unter dem 21. Mikado Yuriaku-Tenno (457-- 479 n. Chr.). Das ganze fünfte Jahrhundert scheint unter häufigen Revolten und Thronwechseln, sowie Streitigkeiten in und mit Korea verflossen zu sein. Eine neue, bessere Zeit kam erst mit der Ein- führung des Buddhismus gegen die Mitte des 6. Jahrhunderts. Die ersten Statuen von indischen Heiligen sollen schon gegen das Ende der Regierung Ketai-Tenno's (507--531 n. Chr.), des 26. Mikado, nach Japan gekommen sein, doch fand damals die neue Lehre offenbar
*) Miya, ein Shinto-Tempel.
I. Geschichte des japanischen Volkes.
errichtete ihm auf der Insel Tsukushi in Buzen einen Tempel. Bei der Gelegenheit, so berichtet die Sage, senkten sich acht weisse Fahnen vom Himmel. In Folge dessen erhielt die Miya *) den Namen Yabata-no-Yashiro, das Heiligthum der acht Fahnen. Als dann später die buddhistischen Priester, um ihrer Lehre leichter Eingang zu verschaffen, die hervorragendsten Shintôgötter ihrem Systeme als Erscheinungsformen von Buddha incorporierten, wurde Ôjin-Tennô als achte Incarnation eines Bosatsu (Bodhisattva) dargestellt und das Wort Yabata in das chinesische Hachi-man (Acht Fahnen) übersetzt. Seitdem verehren Shintôisten wie Buddhisten Ôjin als Hachiman. In allen Theilen des Landes sind diesem japanischen Mars Tempel errichtet worden; auch tragen viele Orte nach ihm den Namen Hachi- man oder Yabata. An Hachiman wandte sich der strebsame japa- nische Jüngling mit seinem Gebete, wenn er, begeistert durch alte Heldensagen, sich gleich grosse Tapferkeit wünschte; seiner Protec- tion empfahlen Mütter ihre Söhne und Frauen ihre Männer, wenn dieselben in den Krieg zogen.
Unter der Regierung des 16. Mikado, Nintoku-Tennô (311— 399 n. Chr.) scheinen die ersten Versuche mit der Seidenzucht ge- macht worden zu sein. Auch sonst war dieser wohlwollende Fürst auf die Hebung seines Landes bedacht, durch einen dreijährigen Er- lass der Abgaben, Vermehrung der Bewässerungsgräben für den Reis- bau, Anlage von neuen Magazinen, von Strassen. Unregelmässig- keiten im Zahlen des Tributes machten eine neue Expedition nach Shiraki nöthig. Auch fällt eine Revolte der Emishi in diese Zeit.
Von den nächstfolgenden Herrschern wird wenig berichtet. Sen- suelle Neigungen derselben und sonstige Verweichlichung führten zu Bürgerkriegen und warfen das Land offenbar theilweise in die frühere Barbarei zurück, die Bande mit Korea lockerten sich, und die Streitigkeiten der einzelnen Staaten, sowie eine Revolte in Mimana führten dann zu neuen Expeditionen nach dieser Halbinsel.
Es geschah dies unter dem 21. Mikado Yuriaku-Tennô (457— 479 n. Chr.). Das ganze fünfte Jahrhundert scheint unter häufigen Revolten und Thronwechseln, sowie Streitigkeiten in und mit Korea verflossen zu sein. Eine neue, bessere Zeit kam erst mit der Ein- führung des Buddhismus gegen die Mitte des 6. Jahrhunderts. Die ersten Statuen von indischen Heiligen sollen schon gegen das Ende der Regierung Ketai-Tennô’s (507—531 n. Chr.), des 26. Mikado, nach Japan gekommen sein, doch fand damals die neue Lehre offenbar
*) Miya, ein Shintô-Tempel.
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I. Geschichte des japanischen Volkes.
errichtete ihm auf der Insel Tsukushi in Buzen einen Tempel. Bei
der Gelegenheit, so berichtet die Sage, senkten sich acht weisse
Fahnen vom Himmel. In Folge dessen erhielt die Miya *) den Namen
Yabata-no-Yashiro, das Heiligthum der acht Fahnen. Als dann
später die buddhistischen Priester, um ihrer Lehre leichter Eingang
zu verschaffen, die hervorragendsten Shintôgötter ihrem Systeme als
Erscheinungsformen von Buddha incorporierten, wurde Ôjin-Tennô
als achte Incarnation eines Bosatsu (Bodhisattva) dargestellt und das
Wort Yabata in das chinesische Hachi-man (Acht Fahnen) übersetzt.
Seitdem verehren Shintôisten wie Buddhisten Ôjin als Hachiman.
In allen Theilen des Landes sind diesem japanischen Mars Tempel
errichtet worden; auch tragen viele Orte nach ihm den Namen Hachi-
man oder Yabata. An Hachiman wandte sich der strebsame japa-
nische Jüngling mit seinem Gebete, wenn er, begeistert durch alte
Heldensagen, sich gleich grosse Tapferkeit wünschte; seiner Protec-
tion empfahlen Mütter ihre Söhne und Frauen ihre Männer, wenn
dieselben in den Krieg zogen.
Unter der Regierung des 16. Mikado, Nintoku-Tennô (311—
399 n. Chr.) scheinen die ersten Versuche mit der Seidenzucht ge-
macht worden zu sein. Auch sonst war dieser wohlwollende Fürst
auf die Hebung seines Landes bedacht, durch einen dreijährigen Er-
lass der Abgaben, Vermehrung der Bewässerungsgräben für den Reis-
bau, Anlage von neuen Magazinen, von Strassen. Unregelmässig-
keiten im Zahlen des Tributes machten eine neue Expedition nach
Shiraki nöthig. Auch fällt eine Revolte der Emishi in diese Zeit.
Von den nächstfolgenden Herrschern wird wenig berichtet. Sen-
suelle Neigungen derselben und sonstige Verweichlichung führten
zu Bürgerkriegen und warfen das Land offenbar theilweise in die
frühere Barbarei zurück, die Bande mit Korea lockerten sich, und
die Streitigkeiten der einzelnen Staaten, sowie eine Revolte in Mimana
führten dann zu neuen Expeditionen nach dieser Halbinsel.
Es geschah dies unter dem 21. Mikado Yuriaku-Tennô (457—
479 n. Chr.). Das ganze fünfte Jahrhundert scheint unter häufigen
Revolten und Thronwechseln, sowie Streitigkeiten in und mit Korea
verflossen zu sein. Eine neue, bessere Zeit kam erst mit der Ein-
führung des Buddhismus gegen die Mitte des 6. Jahrhunderts. Die
ersten Statuen von indischen Heiligen sollen schon gegen das Ende
der Regierung Ketai-Tennô’s (507—531 n. Chr.), des 26. Mikado,
nach Japan gekommen sein, doch fand damals die neue Lehre offenbar
*) Miya, ein Shintô-Tempel.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/276>, abgerufen am 23.07.2024.
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