1. Periode. Von der Gründung des Reiches Yamato etc.
Zu den weiter bemerkenswerthen Regierungsacten der Kaiserin Jingu-Kogo gehört die Unterdrückung eines Aufstandes, welchen ihre beiden Stiefsöhne, die berechtigten Thronerben von Chuai, veranlasst hatten, die Entsendung von Functionären nach China, um dieses Land und seine Sitten zu studieren, sowie nicht lange darauf der Empfang einer chinesischen Gesandtschaft, Begebenheiten, welche im wesent- lichen durch chinesische Annalen bestätigt, doch in etwas anderem Lichte dargestellt werden. In Korea machte das Verhalten von Shiraki, wie auch in späterer Zeit, Schwierigkeiten und neue Expeditionen nöthig.
Die Eroberung von Korea durch Jingu-Kogo ist für die Fortent- wickelung Japans ein Ereigniss von unberechenbarer Tragweite. Korea ward zur Verbindungsbrücke, über welche in der Folge die ganze chinesische Civilisation und Cultur nach dem Lande der aufgehenden Sonne gelangte, der Buddhismus und die Philosophie des Confucius als Träger derselben und mit ihnen die Sprache, Gesetze und Lite- ratur, die Culturpflanzen und Hausthiere Chinas, sowie die eigenartige, hochinteressante Industrie desselben.
Ojin-Tenno*), der 15. Mikado (270--310 n. Chr.), Sohn von Jingu-Kogo, liess durch Emishi und Koreaner Gräben ziehen und Wasserreservoire für den Reisbau anlegen, die zum Theil noch in Anwendung sind. Aus Kudara bezog er Pferde, Waffen, Spiegel, Schneiderinnen, Schmiede, Weber, Branntweinbrenner, ferner von China den Gelehrten Wani, dem er die Erziehung seines Sohnes an- vertraute. Durch Wani gelangte zuerst die chinesische Philosophie des Confucius und Mencius nach Japan. In diese Zeit fällt auch die erste starke Einwanderung von Koreanern nach Japan, sowie eine siegreiche Expedition gegen das sich auflehnende Shiraki.
In den japanischen Annalen folgt Ojin-Tenno als Mikado un- mittelbar seinem Vater, also noch bevor er geboren war. Nach alter Auffassung war es sein Geist, der seine Mutter Jingu-Kogo beseelte und ihr den kriegerischen Muth verlieh, welchen sie in so überraschend hohem Grade an den Tag legte. Geleitet von dieser Ansicht erhob man ihn nach seinem Tode zum Gotte des Krieges und
*) Die Zuverlässigkeit der japanischen Angaben über Geburt und Regierungs- zeit von Ojin-Tenno ist mehr als zweifelhaft. Nach ihnen wäre derselbe erst mit 69 Jahren auf den Thron gekommen und im Alter von 110 Jahren darauf gestorben. Die chinesischen Annalen geben darüber keinen Aufschluss. Noch unglaublicher erscheint es, dass Takenouchi, der schon dem 12. Mikado die erste Kunde von den Emishi brachte, dann dem 13. und 14. und namentlich der Kaiserin Jingu-Kogo als Rath zur Seite stand, auch noch während der Regie- rung Ojin-Tenno's gelebt und die gleiche Stellung eingenommen haben sollte. Er müsste unter dieser Voraussetzung 300 Jahre alt geworden sein.
1. Periode. Von der Gründung des Reiches Yamato etc.
Zu den weiter bemerkenswerthen Regierungsacten der Kaiserin Jingu-Kôgô gehört die Unterdrückung eines Aufstandes, welchen ihre beiden Stiefsöhne, die berechtigten Thronerben von Chuai, veranlasst hatten, die Entsendung von Functionären nach China, um dieses Land und seine Sitten zu studieren, sowie nicht lange darauf der Empfang einer chinesischen Gesandtschaft, Begebenheiten, welche im wesent- lichen durch chinesische Annalen bestätigt, doch in etwas anderem Lichte dargestellt werden. In Korea machte das Verhalten von Shiraki, wie auch in späterer Zeit, Schwierigkeiten und neue Expeditionen nöthig.
Die Eroberung von Korea durch Jingu-Kôgô ist für die Fortent- wickelung Japans ein Ereigniss von unberechenbarer Tragweite. Korea ward zur Verbindungsbrücke, über welche in der Folge die ganze chinesische Civilisation und Cultur nach dem Lande der aufgehenden Sonne gelangte, der Buddhismus und die Philosophie des Confucius als Träger derselben und mit ihnen die Sprache, Gesetze und Lite- ratur, die Culturpflanzen und Hausthiere Chinas, sowie die eigenartige, hochinteressante Industrie desselben.
Ôjin-Tennô*), der 15. Mikado (270—310 n. Chr.), Sohn von Jingu-Kôgô, liess durch Émishi und Koreaner Gräben ziehen und Wasserreservoire für den Reisbau anlegen, die zum Theil noch in Anwendung sind. Aus Kudara bezog er Pferde, Waffen, Spiegel, Schneiderinnen, Schmiede, Weber, Branntweinbrenner, ferner von China den Gelehrten Wani, dem er die Erziehung seines Sohnes an- vertraute. Durch Wani gelangte zuerst die chinesische Philosophie des Confucius und Mencius nach Japan. In diese Zeit fällt auch die erste starke Einwanderung von Koreanern nach Japan, sowie eine siegreiche Expedition gegen das sich auflehnende Shiraki.
In den japanischen Annalen folgt Ôjin-Tennô als Mikado un- mittelbar seinem Vater, also noch bevor er geboren war. Nach alter Auffassung war es sein Geist, der seine Mutter Jingu-Kôgô beseelte und ihr den kriegerischen Muth verlieh, welchen sie in so überraschend hohem Grade an den Tag legte. Geleitet von dieser Ansicht erhob man ihn nach seinem Tode zum Gotte des Krieges und
*) Die Zuverlässigkeit der japanischen Angaben über Geburt und Regierungs- zeit von Ôjin-Tennô ist mehr als zweifelhaft. Nach ihnen wäre derselbe erst mit 69 Jahren auf den Thron gekommen und im Alter von 110 Jahren darauf gestorben. Die chinesischen Annalen geben darüber keinen Aufschluss. Noch unglaublicher erscheint es, dass Takenouchi, der schon dem 12. Mikado die erste Kunde von den Emishi brachte, dann dem 13. und 14. und namentlich der Kaiserin Jingu-Kôgô als Rath zur Seite stand, auch noch während der Regie- rung Ôjin-Tennô’s gelebt und die gleiche Stellung eingenommen haben sollte. Er müsste unter dieser Voraussetzung 300 Jahre alt geworden sein.
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1. Periode. Von der Gründung des Reiches Yamato etc.
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Jingu-Kôgô gehört die Unterdrückung eines Aufstandes, welchen ihre
beiden Stiefsöhne, die berechtigten Thronerben von Chuai, veranlasst
hatten, die Entsendung von Functionären nach China, um dieses Land
und seine Sitten zu studieren, sowie nicht lange darauf der Empfang
einer chinesischen Gesandtschaft, Begebenheiten, welche im wesent-
lichen durch chinesische Annalen bestätigt, doch in etwas anderem
Lichte dargestellt werden. In Korea machte das Verhalten von Shiraki,
wie auch in späterer Zeit, Schwierigkeiten und neue Expeditionen nöthig.
Die Eroberung von Korea durch Jingu-Kôgô ist für die Fortent-
wickelung Japans ein Ereigniss von unberechenbarer Tragweite. Korea
ward zur Verbindungsbrücke, über welche in der Folge die ganze
chinesische Civilisation und Cultur nach dem Lande der aufgehenden
Sonne gelangte, der Buddhismus und die Philosophie des Confucius
als Träger derselben und mit ihnen die Sprache, Gesetze und Lite-
ratur, die Culturpflanzen und Hausthiere Chinas, sowie die eigenartige,
hochinteressante Industrie desselben.
Ôjin-Tennô *), der 15. Mikado (270—310 n. Chr.), Sohn von
Jingu-Kôgô, liess durch Émishi und Koreaner Gräben ziehen und
Wasserreservoire für den Reisbau anlegen, die zum Theil noch in
Anwendung sind. Aus Kudara bezog er Pferde, Waffen, Spiegel,
Schneiderinnen, Schmiede, Weber, Branntweinbrenner, ferner von
China den Gelehrten Wani, dem er die Erziehung seines Sohnes an-
vertraute. Durch Wani gelangte zuerst die chinesische Philosophie
des Confucius und Mencius nach Japan. In diese Zeit fällt auch die
erste starke Einwanderung von Koreanern nach Japan, sowie eine
siegreiche Expedition gegen das sich auflehnende Shiraki.
In den japanischen Annalen folgt Ôjin-Tennô als Mikado un-
mittelbar seinem Vater, also noch bevor er geboren war. Nach
alter Auffassung war es sein Geist, der seine Mutter Jingu-Kôgô
beseelte und ihr den kriegerischen Muth verlieh, welchen sie in so
überraschend hohem Grade an den Tag legte. Geleitet von dieser
Ansicht erhob man ihn nach seinem Tode zum Gotte des Krieges und
*) Die Zuverlässigkeit der japanischen Angaben über Geburt und Regierungs-
zeit von Ôjin-Tennô ist mehr als zweifelhaft. Nach ihnen wäre derselbe erst
mit 69 Jahren auf den Thron gekommen und im Alter von 110 Jahren darauf
gestorben. Die chinesischen Annalen geben darüber keinen Aufschluss. Noch
unglaublicher erscheint es, dass Takenouchi, der schon dem 12. Mikado die
erste Kunde von den Emishi brachte, dann dem 13. und 14. und namentlich der
Kaiserin Jingu-Kôgô als Rath zur Seite stand, auch noch während der Regie-
rung Ôjin-Tennô’s gelebt und die gleiche Stellung eingenommen haben sollte.
Er müsste unter dieser Voraussetzung 300 Jahre alt geworden sein.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/275>, abgerufen am 23.07.2024.
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