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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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1. Periode. Von der Gründung des Reiches Yamato etc.
und begründete damit ein Abhängigkeitsverhältniss zu Japan, das sich
in der Folge auch auf andere koreanische Staaten ausdehnte und
für die Fortentwickelung Japans von grösster Bedeutung wurde.

Auch der jüngere Sohn und Nachfolger von Saujin-Tenno, der
11. Mikado Namens Sauinin-Tenno, der vom Jahre 29 v. Chr. bis
70 n. Chr. regiert haben soll, wird als ein einsichtsvoller, guter Fürst
gerühmt. Durch Anlage weiterer Teiche und Canäle trug er zur
Entwickelung des Reisbaues bei, durch Reismagazine suchte er der
Hungersnoth vorzubeugen. Die Hebung des Kamidienstes, welche
sich schon sein Vater sehr angelegen sein liess, suchte er unter an-
derem dadurch weiter zu fördern, dass er in Ise der Sonnengöttin
Tensho-Daijin den berühmten Tempel bauen liess, der zum grössten
Nationalheiligthume wurde. Der bemerkenswertheste Act seiner Re-
gierung ist jedoch das im Jahre 2 n. Chr. erlassene Gesetz, welches
eine alte grausame Sitte abschaffte, die darin bestand, dass beim
Tode des Mikado oder eines seiner nahen Verwandten die Diener-
schaft lebendig mit begraben wurde. Von nun ab pflegte man dafür
menschliche Figuren aus Terracotta, Tsutschi Nigio genannt, als
Repräsentanten der Diener dem Grabe des Verstorbenen beizufügen.

Keiko-Tenno (71--130 n. Chr.), der 12. Mikado, wird eben-
falls als ein thatkräftiger und auf das Wohl seines Volkes bedachter
Fürst hingestellt. Gleich nach seinem Regierungsantritt hatte er
eine Invasion der Kumaso, welche von Kiushiu her in das Gebiet des
heutigen Nagato und Suwo einfielen, zurückzuschlagen *). Zur Er-
weiterung seiner Herrschaft trug nun vor allem sein jüngerer Sohn
O-usu bei, der unter dem Namen Yamato-Dake, Kriegerfürst, als
einer der gefeiertsten alten Helden Japans in vielen Sagen fortlebt.
Er unterwarf die Kumaso in Tsukushi (Kiushiu), die Bewohner von
Idzumo und die Emishi im Kuwanto und gilt darum mit Recht als
der eigentliche Eroberer dieses in der Folge so wichtigen Gebietes,
der Ebene zwischen der Yedobucht und dem Gebirge von Nikko,
sowie zwischen dem Stillen Ocean und Usuitoge im Westen. Dieses
Kuwanto oder Land im Osten vom Thor (dem Hakone-Pass) wurde
auch Adzuma-kuni (das Land meiner Frau) genannt. Man leitet diese

*) Diese Kumaso scheinen ein den Eroberern von Japan stammverwandter
Volksstamm gewesen zu sein, welcher sich ebenfalls schon frühzeitig in Kiushiu
festgesetzt hatte. Es wird nirgends erwähnt, dass sich die Herrschaft des
Jimmu-Tenno oder seiner nächsten Nachfolger auch auf Kiushiu erstreckt habe,
und es unterliegt kaum einem Zweifel, dass alle Kämpfe, welche das neue Reich
bis zum 2. Jahrhundert zu bestehen hatte, sich auf verwandte Stämme im süd-
lichen Japan bezogen.

1. Periode. Von der Gründung des Reiches Yamato etc.
und begründete damit ein Abhängigkeitsverhältniss zu Japan, das sich
in der Folge auch auf andere koreanische Staaten ausdehnte und
für die Fortentwickelung Japans von grösster Bedeutung wurde.

Auch der jüngere Sohn und Nachfolger von Sûjin-Tennô, der
11. Mikado Namens Sûinin-Tennô, der vom Jahre 29 v. Chr. bis
70 n. Chr. regiert haben soll, wird als ein einsichtsvoller, guter Fürst
gerühmt. Durch Anlage weiterer Teiche und Canäle trug er zur
Entwickelung des Reisbaues bei, durch Reismagazine suchte er der
Hungersnoth vorzubeugen. Die Hebung des Kamidienstes, welche
sich schon sein Vater sehr angelegen sein liess, suchte er unter an-
derem dadurch weiter zu fördern, dass er in Ise der Sonnengöttin
Tenshô-Daijin den berühmten Tempel bauen liess, der zum grössten
Nationalheiligthume wurde. Der bemerkenswertheste Act seiner Re-
gierung ist jedoch das im Jahre 2 n. Chr. erlassene Gesetz, welches
eine alte grausame Sitte abschaffte, die darin bestand, dass beim
Tode des Mikado oder eines seiner nahen Verwandten die Diener-
schaft lebendig mit begraben wurde. Von nun ab pflegte man dafür
menschliche Figuren aus Terracotta, Tsutschi Nigio genannt, als
Repräsentanten der Diener dem Grabe des Verstorbenen beizufügen.

Keikô-Tennô (71—130 n. Chr.), der 12. Mikado, wird eben-
falls als ein thatkräftiger und auf das Wohl seines Volkes bedachter
Fürst hingestellt. Gleich nach seinem Regierungsantritt hatte er
eine Invasion der Kumaso, welche von Kiushiu her in das Gebiet des
heutigen Nagato und Suwo einfielen, zurückzuschlagen *). Zur Er-
weiterung seiner Herrschaft trug nun vor allem sein jüngerer Sohn
O-usu bei, der unter dem Namen Yamato-Dake, Kriegerfürst, als
einer der gefeiertsten alten Helden Japans in vielen Sagen fortlebt.
Er unterwarf die Kumaso in Tsukushi (Kiushiu), die Bewohner von
Idzumo und die Emishi im Kuwantô und gilt darum mit Recht als
der eigentliche Eroberer dieses in der Folge so wichtigen Gebietes,
der Ebene zwischen der Yedobucht und dem Gebirge von Nikkô,
sowie zwischen dem Stillen Ocean und Usuitôge im Westen. Dieses
Kuwantô oder Land im Osten vom Thor (dem Hakone-Pass) wurde
auch Adzuma-kuni (das Land meiner Frau) genannt. Man leitet diese

*) Diese Kumaso scheinen ein den Eroberern von Japan stammverwandter
Volksstamm gewesen zu sein, welcher sich ebenfalls schon frühzeitig in Kiushiu
festgesetzt hatte. Es wird nirgends erwähnt, dass sich die Herrschaft des
Jimmu-Tennô oder seiner nächsten Nachfolger auch auf Kiushiu erstreckt habe,
und es unterliegt kaum einem Zweifel, dass alle Kämpfe, welche das neue Reich
bis zum 2. Jahrhundert zu bestehen hatte, sich auf verwandte Stämme im süd-
lichen Japan bezogen.
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[247/0273] 1. Periode. Von der Gründung des Reiches Yamato etc. und begründete damit ein Abhängigkeitsverhältniss zu Japan, das sich in der Folge auch auf andere koreanische Staaten ausdehnte und für die Fortentwickelung Japans von grösster Bedeutung wurde. Auch der jüngere Sohn und Nachfolger von Sûjin-Tennô, der 11. Mikado Namens Sûinin-Tennô, der vom Jahre 29 v. Chr. bis 70 n. Chr. regiert haben soll, wird als ein einsichtsvoller, guter Fürst gerühmt. Durch Anlage weiterer Teiche und Canäle trug er zur Entwickelung des Reisbaues bei, durch Reismagazine suchte er der Hungersnoth vorzubeugen. Die Hebung des Kamidienstes, welche sich schon sein Vater sehr angelegen sein liess, suchte er unter an- derem dadurch weiter zu fördern, dass er in Ise der Sonnengöttin Tenshô-Daijin den berühmten Tempel bauen liess, der zum grössten Nationalheiligthume wurde. Der bemerkenswertheste Act seiner Re- gierung ist jedoch das im Jahre 2 n. Chr. erlassene Gesetz, welches eine alte grausame Sitte abschaffte, die darin bestand, dass beim Tode des Mikado oder eines seiner nahen Verwandten die Diener- schaft lebendig mit begraben wurde. Von nun ab pflegte man dafür menschliche Figuren aus Terracotta, Tsutschi Nigio genannt, als Repräsentanten der Diener dem Grabe des Verstorbenen beizufügen. Keikô-Tennô (71—130 n. Chr.), der 12. Mikado, wird eben- falls als ein thatkräftiger und auf das Wohl seines Volkes bedachter Fürst hingestellt. Gleich nach seinem Regierungsantritt hatte er eine Invasion der Kumaso, welche von Kiushiu her in das Gebiet des heutigen Nagato und Suwo einfielen, zurückzuschlagen *). Zur Er- weiterung seiner Herrschaft trug nun vor allem sein jüngerer Sohn O-usu bei, der unter dem Namen Yamato-Dake, Kriegerfürst, als einer der gefeiertsten alten Helden Japans in vielen Sagen fortlebt. Er unterwarf die Kumaso in Tsukushi (Kiushiu), die Bewohner von Idzumo und die Emishi im Kuwantô und gilt darum mit Recht als der eigentliche Eroberer dieses in der Folge so wichtigen Gebietes, der Ebene zwischen der Yedobucht und dem Gebirge von Nikkô, sowie zwischen dem Stillen Ocean und Usuitôge im Westen. Dieses Kuwantô oder Land im Osten vom Thor (dem Hakone-Pass) wurde auch Adzuma-kuni (das Land meiner Frau) genannt. Man leitet diese *) Diese Kumaso scheinen ein den Eroberern von Japan stammverwandter Volksstamm gewesen zu sein, welcher sich ebenfalls schon frühzeitig in Kiushiu festgesetzt hatte. Es wird nirgends erwähnt, dass sich die Herrschaft des Jimmu-Tennô oder seiner nächsten Nachfolger auch auf Kiushiu erstreckt habe, und es unterliegt kaum einem Zweifel, dass alle Kämpfe, welche das neue Reich bis zum 2. Jahrhundert zu bestehen hatte, sich auf verwandte Stämme im süd- lichen Japan bezogen.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/273>, abgerufen am 24.11.2024.