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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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VIII. Fauna.
fliegen wesentlich zu fördern. Eine Art Libellenlarve, Magotaro-
mushi
(Magotaro's Insect) genannt, ist in ganz Japan berühmt und
gegen Kinderkrankheiten gebräuchlich. Man fängt sie in einem kleinen
Bache bei Saigawa am Oshiu-kaido zwischen Fukushima und Shiroishi.

Termiten kommen in Japan nicht vor und beruht die gegen-
theilige Behauptung bei Kaempfer offenbar auf einem Irrthum.

Orthopteren sind ebenfalls artenreich, insbesondere Heu-
schrecken (Batta). Auch sie werden, namentlich die grünen Lo-
custen, zuweilen in Käfigen gehalten. In einigen Gegenden des Landes-
innern pflegt man Heuschreckenlarven (Inago), insbesondere solche
von Acridien, in Oel zu braten und in Ermangelung von Fischen als
Zuspeise zum Reis zu servieren, doch bilden sie ein sehr ungenügen-
des Aequivalent, wie ich aus eigener Erfahrung weiss.

Mehrere Arten Mantis (Kama-kiri-mushi) sind häufig, fallen aber
bei ihrer stillen Lebensart auf oft gleich gefärbten Pflanzen wenig
auf. Um so mehr wissen sich Gryllen (Korogi) und Schaben (Abura-
mushi, d. h. Oelinsecten) bemerkbar zu machen. Noch mehr gilt
dies von einer Abtheilung der Schnabelkerfen, den Cicaden
(hemi), von denen mindestens 6 Arten vorkommen, die auch der Ein-
geborene durch besondere Namen unterscheidet. Etwa Mitte Mai be-
ginnt ihr Ohren zerreissendes Schleifen und wird bis in den September
fortgesetzt. Gleich den Heuschrecken sind sie, wie überall, Freunde
des warmen Sonnenscheines und am regsten, wenn dieser mit voller
Kraft wirkt und der Gesang der Vögel darunter verstummt. Kaempfer
sagt von ihnen: "Die Berge und Büsche sind mit ihrem Geräusch
erfüllt, welches in einer weiten Entfernung in die Ohren gellt". Er
unterscheidet drei Arten, die er auch nebst ihren Larven abbildet
und von denen er richtig bemerkt, dass ihr eigenartiges Schnarren
und Schleifen nicht ganz in dieselbe Tages- und Jahreszeit fällt, sie
sich vielmehr gewissermassen darin ablösen.

An Feld- und Baumwanzen fehlt es nicht, dass dagegen die
Bettwanze das Land bis jetzt verschont hat, wurde schon hervorge-
hoben. Auch kommen keine giftigen Scorpione und Scolopender vor.
Spinnen (Kumo) sind artenreich vertreten, bedürfen aber noch der
näheren Untersuchung, ebenso die Schildläuse.


VIII. Fauna.
fliegen wesentlich zu fördern. Eine Art Libellenlarve, Magotaro-
mushi
(Magotaro’s Insect) genannt, ist in ganz Japan berühmt und
gegen Kinderkrankheiten gebräuchlich. Man fängt sie in einem kleinen
Bache bei Saigawa am Ôshiu-kaidô zwischen Fukushima und Shiroishi.

Termiten kommen in Japan nicht vor und beruht die gegen-
theilige Behauptung bei Kaempfer offenbar auf einem Irrthum.

Orthopteren sind ebenfalls artenreich, insbesondere Heu-
schrecken (Batta). Auch sie werden, namentlich die grünen Lo-
custen, zuweilen in Käfigen gehalten. In einigen Gegenden des Landes-
innern pflegt man Heuschreckenlarven (Inago), insbesondere solche
von Acridien, in Oel zu braten und in Ermangelung von Fischen als
Zuspeise zum Reis zu servieren, doch bilden sie ein sehr ungenügen-
des Aequivalent, wie ich aus eigener Erfahrung weiss.

Mehrere Arten Mantis (Kama-kiri-mushi) sind häufig, fallen aber
bei ihrer stillen Lebensart auf oft gleich gefärbten Pflanzen wenig
auf. Um so mehr wissen sich Gryllen (Kôrogi) und Schaben (Abura-
mushi, d. h. Oelinsecten) bemerkbar zu machen. Noch mehr gilt
dies von einer Abtheilung der Schnabelkerfen, den Cicaden
(hemi), von denen mindestens 6 Arten vorkommen, die auch der Ein-
geborene durch besondere Namen unterscheidet. Etwa Mitte Mai be-
ginnt ihr Ohren zerreissendes Schleifen und wird bis in den September
fortgesetzt. Gleich den Heuschrecken sind sie, wie überall, Freunde
des warmen Sonnenscheines und am regsten, wenn dieser mit voller
Kraft wirkt und der Gesang der Vögel darunter verstummt. Kaempfer
sagt von ihnen: »Die Berge und Büsche sind mit ihrem Geräusch
erfüllt, welches in einer weiten Entfernung in die Ohren gellt«. Er
unterscheidet drei Arten, die er auch nebst ihren Larven abbildet
und von denen er richtig bemerkt, dass ihr eigenartiges Schnarren
und Schleifen nicht ganz in dieselbe Tages- und Jahreszeit fällt, sie
sich vielmehr gewissermassen darin ablösen.

An Feld- und Baumwanzen fehlt es nicht, dass dagegen die
Bettwanze das Land bis jetzt verschont hat, wurde schon hervorge-
hoben. Auch kommen keine giftigen Scorpione und Scolopender vor.
Spinnen (Kumo) sind artenreich vertreten, bedürfen aber noch der
näheren Untersuchung, ebenso die Schildläuse.


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[232/0256] VIII. Fauna. fliegen wesentlich zu fördern. Eine Art Libellenlarve, Magotaro- mushi (Magotaro’s Insect) genannt, ist in ganz Japan berühmt und gegen Kinderkrankheiten gebräuchlich. Man fängt sie in einem kleinen Bache bei Saigawa am Ôshiu-kaidô zwischen Fukushima und Shiroishi. Termiten kommen in Japan nicht vor und beruht die gegen- theilige Behauptung bei Kaempfer offenbar auf einem Irrthum. Orthopteren sind ebenfalls artenreich, insbesondere Heu- schrecken (Batta). Auch sie werden, namentlich die grünen Lo- custen, zuweilen in Käfigen gehalten. In einigen Gegenden des Landes- innern pflegt man Heuschreckenlarven (Inago), insbesondere solche von Acridien, in Oel zu braten und in Ermangelung von Fischen als Zuspeise zum Reis zu servieren, doch bilden sie ein sehr ungenügen- des Aequivalent, wie ich aus eigener Erfahrung weiss. Mehrere Arten Mantis (Kama-kiri-mushi) sind häufig, fallen aber bei ihrer stillen Lebensart auf oft gleich gefärbten Pflanzen wenig auf. Um so mehr wissen sich Gryllen (Kôrogi) und Schaben (Abura- mushi, d. h. Oelinsecten) bemerkbar zu machen. Noch mehr gilt dies von einer Abtheilung der Schnabelkerfen, den Cicaden (hemi), von denen mindestens 6 Arten vorkommen, die auch der Ein- geborene durch besondere Namen unterscheidet. Etwa Mitte Mai be- ginnt ihr Ohren zerreissendes Schleifen und wird bis in den September fortgesetzt. Gleich den Heuschrecken sind sie, wie überall, Freunde des warmen Sonnenscheines und am regsten, wenn dieser mit voller Kraft wirkt und der Gesang der Vögel darunter verstummt. Kaempfer sagt von ihnen: »Die Berge und Büsche sind mit ihrem Geräusch erfüllt, welches in einer weiten Entfernung in die Ohren gellt«. Er unterscheidet drei Arten, die er auch nebst ihren Larven abbildet und von denen er richtig bemerkt, dass ihr eigenartiges Schnarren und Schleifen nicht ganz in dieselbe Tages- und Jahreszeit fällt, sie sich vielmehr gewissermassen darin ablösen. An Feld- und Baumwanzen fehlt es nicht, dass dagegen die Bettwanze das Land bis jetzt verschont hat, wurde schon hervorge- hoben. Auch kommen keine giftigen Scorpione und Scolopender vor. Spinnen (Kumo) sind artenreich vertreten, bedürfen aber noch der näheren Untersuchung, ebenso die Schildläuse.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/256>, abgerufen am 24.11.2024.