Butl. Die Japaner nennen sie Genjiki-mushi. Sie scheint gleich der essbaren Kastanie, von deren Blättern sie sich vorzugsweise nährt und mit deren Blüthenkätzchen ihre ausgewachsene Raupe grosse Aehnlichkeit hat, über das ganze Land verbreitet zu sein. Einzeln- stehende Bäume fand ich zuweilen durch die Raupen des Genjiki- mushi ganz kahl gefressen. -- Ihre Cocons werden wohl zur Ver- fertigung von Angelschnuren verwandt *).
Der Seidenzucht dienen nur zwei Spinner: Bombyx mori und Antheraea Yama-mai.
Unter den Adlerflüglern führen Wespen, Bienen und Hornisse den Namen Hachi, während Ameisen Ari genannt werden. Bienen- zucht wird zwar betrieben, doch in sehr beschränktem Maasse und mit wenig Sorgfalt. Die Seidenzucht beeinträchtigt ein Ichneumonide, dessen Larven Uchi genannt werden. Eigenthümlich werthvolle Gallen erzeugt, wie in China, eine Art Cynips auf den Blättern von Rhus semialata.
Betreffs der Zweiflügler ist zunächst zu bemerken, dass Brem- sen (abu) im Freien und Fliegen (hai) in den Wohnungen im allge- meinen weniger zahlreich und lästig auftreten als bei uns. Nur in den Räumen, wo die Seidenzucht betrieben wird, und in deren Nähe werden, wie in dem Viehstalle bei uns, die Fliegen in Menge ge- funden und zur Plage. Hungerige, blutgierige Mosquitos (ka) können in der heissen Jahreszeit den Schlaf stören, wenn man sich nicht durch Netze gegen sie schützt, doch ist auch ihr Auftreten keines- wegs ein so massenhaftes, wie man es bei dem vielen Wasser der Reissümpfe erwarten sollte und anderwärts in weit trockneren Gegen- den findet. Ueberdies sind Gebirgsorte, sobald sie 600--800 Meter hoch liegen und kühle Nächte haben, ganz frei von Stechmücken. Gleiches lässt sich nicht von den Flöhen (nomi) behaupten, über deren Zahl und Zudringlichkeit in vielen Herbergen schon mancher Reisende geklagt hat. Dagegen fehlt unter den Zimmerplagen bis jetzt die Bettwanze, dieser widerwärtigste und lästigste Mitbewohner mensch- licher Lagerstätten, nicht blos in Japan, sondern, wie es scheint, in ganz Ostasien, was bei dem vielen Verkehr mit Europa und Nord- amerika immerhin auffallen muss.
Für den Freund der Netzflügler ist Japan ein wahres Eldo- rado. Das viele Wasser der Reisfelder scheint die Entwickelung der Larven, sowohl von Wasserjungfern (tombo) als auch der Eintags-
*) Näheres über dieses Insect bietet ein Artikel von Hilgendorf im neunten Hefte der Mittheilungen der deutschen Gesellschaft.
Insecten und Spinnen.
Butl. Die Japaner nennen sie Genjiki-mushi. Sie scheint gleich der essbaren Kastanie, von deren Blättern sie sich vorzugsweise nährt und mit deren Blüthenkätzchen ihre ausgewachsene Raupe grosse Aehnlichkeit hat, über das ganze Land verbreitet zu sein. Einzeln- stehende Bäume fand ich zuweilen durch die Raupen des Genjiki- mushi ganz kahl gefressen. — Ihre Cocons werden wohl zur Ver- fertigung von Angelschnuren verwandt *).
Der Seidenzucht dienen nur zwei Spinner: Bombyx mori und Antheraea Yama-mai.
Unter den Adlerflüglern führen Wespen, Bienen und Hornisse den Namen Hachi, während Ameisen Ari genannt werden. Bienen- zucht wird zwar betrieben, doch in sehr beschränktem Maasse und mit wenig Sorgfalt. Die Seidenzucht beeinträchtigt ein Ichneumonide, dessen Larven Uchi genannt werden. Eigenthümlich werthvolle Gallen erzeugt, wie in China, eine Art Cynips auf den Blättern von Rhus semialata.
Betreffs der Zweiflügler ist zunächst zu bemerken, dass Brem- sen (abu) im Freien und Fliegen (hai) in den Wohnungen im allge- meinen weniger zahlreich und lästig auftreten als bei uns. Nur in den Räumen, wo die Seidenzucht betrieben wird, und in deren Nähe werden, wie in dem Viehstalle bei uns, die Fliegen in Menge ge- funden und zur Plage. Hungerige, blutgierige Mosquitos (ka) können in der heissen Jahreszeit den Schlaf stören, wenn man sich nicht durch Netze gegen sie schützt, doch ist auch ihr Auftreten keines- wegs ein so massenhaftes, wie man es bei dem vielen Wasser der Reissümpfe erwarten sollte und anderwärts in weit trockneren Gegen- den findet. Ueberdies sind Gebirgsorte, sobald sie 600—800 Meter hoch liegen und kühle Nächte haben, ganz frei von Stechmücken. Gleiches lässt sich nicht von den Flöhen (nomi) behaupten, über deren Zahl und Zudringlichkeit in vielen Herbergen schon mancher Reisende geklagt hat. Dagegen fehlt unter den Zimmerplagen bis jetzt die Bettwanze, dieser widerwärtigste und lästigste Mitbewohner mensch- licher Lagerstätten, nicht blos in Japan, sondern, wie es scheint, in ganz Ostasien, was bei dem vielen Verkehr mit Europa und Nord- amerika immerhin auffallen muss.
Für den Freund der Netzflügler ist Japan ein wahres Eldo- rado. Das viele Wasser der Reisfelder scheint die Entwickelung der Larven, sowohl von Wasserjungfern (tombô) als auch der Eintags-
*) Näheres über dieses Insect bietet ein Artikel von Hilgendorf im neunten Hefte der Mittheilungen der deutschen Gesellschaft.
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Insecten und Spinnen.
Butl. Die Japaner nennen sie Genjiki-mushi. Sie scheint gleich
der essbaren Kastanie, von deren Blättern sie sich vorzugsweise nährt
und mit deren Blüthenkätzchen ihre ausgewachsene Raupe grosse
Aehnlichkeit hat, über das ganze Land verbreitet zu sein. Einzeln-
stehende Bäume fand ich zuweilen durch die Raupen des Genjiki-
mushi ganz kahl gefressen. — Ihre Cocons werden wohl zur Ver-
fertigung von Angelschnuren verwandt *).
Der Seidenzucht dienen nur zwei Spinner: Bombyx mori und
Antheraea Yama-mai.
Unter den Adlerflüglern führen Wespen, Bienen und Hornisse
den Namen Hachi, während Ameisen Ari genannt werden. Bienen-
zucht wird zwar betrieben, doch in sehr beschränktem Maasse und
mit wenig Sorgfalt. Die Seidenzucht beeinträchtigt ein Ichneumonide,
dessen Larven Uchi genannt werden. Eigenthümlich werthvolle Gallen
erzeugt, wie in China, eine Art Cynips auf den Blättern von Rhus
semialata.
Betreffs der Zweiflügler ist zunächst zu bemerken, dass Brem-
sen (abu) im Freien und Fliegen (hai) in den Wohnungen im allge-
meinen weniger zahlreich und lästig auftreten als bei uns. Nur in
den Räumen, wo die Seidenzucht betrieben wird, und in deren Nähe
werden, wie in dem Viehstalle bei uns, die Fliegen in Menge ge-
funden und zur Plage. Hungerige, blutgierige Mosquitos (ka) können
in der heissen Jahreszeit den Schlaf stören, wenn man sich nicht
durch Netze gegen sie schützt, doch ist auch ihr Auftreten keines-
wegs ein so massenhaftes, wie man es bei dem vielen Wasser der
Reissümpfe erwarten sollte und anderwärts in weit trockneren Gegen-
den findet. Ueberdies sind Gebirgsorte, sobald sie 600—800 Meter
hoch liegen und kühle Nächte haben, ganz frei von Stechmücken.
Gleiches lässt sich nicht von den Flöhen (nomi) behaupten, über deren
Zahl und Zudringlichkeit in vielen Herbergen schon mancher Reisende
geklagt hat. Dagegen fehlt unter den Zimmerplagen bis jetzt die
Bettwanze, dieser widerwärtigste und lästigste Mitbewohner mensch-
licher Lagerstätten, nicht blos in Japan, sondern, wie es scheint, in
ganz Ostasien, was bei dem vielen Verkehr mit Europa und Nord-
amerika immerhin auffallen muss.
Für den Freund der Netzflügler ist Japan ein wahres Eldo-
rado. Das viele Wasser der Reisfelder scheint die Entwickelung der
Larven, sowohl von Wasserjungfern (tombô) als auch der Eintags-
*) Näheres über dieses Insect bietet ein Artikel von Hilgendorf im neunten
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/255>, abgerufen am 28.11.2024.
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