unstät umhertreiben und dem sicheren Verderben zuführen zu können. Diese Eigenschaft und ein hohes Maass von Schlauheit wird auch einem eigenthümlichen Obstfuchse Chinas und Japans, dem Waschbär- hunde oder Tanuki (Nyctereutes viverrinus Tem. oder N. Procyonoides), zugeschrieben, der ebenfalls häufig ist. Das interessante Thier lebt auf ähnliche Weise wie der Dachs in den Hügellandschaften, auch in der Nähe der grossen Städte, erinnert in mancher Beziehung an den amerikanischen Waschbär, liefert ein eben so werthvolles, aber viel dunkleres Pelzwerk und wird auch gegessen, was bei Fuchs- und Hundearten nicht der Fall ist.
Das Mardergeschlecht weist als häufige Thiere den Ten (Mustela melampus), das Itachi (M. Itachi), die Fischotter oder Kawa- oso (Lutra vulgaris), ferner mehr im Norden, auf Yezo und den Kurilen, den Yezo-ten (M. brachyura) und die Seeotter oder Rakko (Enhydris marina) auf. Das Itachi ist das japanische Wiesel und insofern eine Wohlthat für das Land, als es mit Vorliebe auf die Böden der Häuser klettert und dort die zahlreichen Ratten jagt.
Die Classen der Beutelthiere und der Zahnarmen sind in Japan nicht vertreten, dagegen gibt es Nager in ziemlicher Arten- zahl. Neben zwei Eichhörnchen oder Kinedzumi (Baumratten) be- merken wir zwei Flughörnchen (Pteromys), nämlich das Musasabi (Pt. leucogenys Tem.) und das Momodori, d. h. Pfirsichvogel (Pt. mo- monga Tem.). Das zierliche lichtscheue Momodori lebt wie sein grösserer Verwandter den Tag über in hohlen Baumstämmen der Ge- birgsgegenden, zumal von Nikko und Shinano, und ist keineswegs selten, ebenso ein Siebenschläfer (Myoxus elegans Tem.). Mehr im Süden, z. B. in den Bergwaldungen von Yamato und Shikoku haust das Musasabi, welches in Yamato den Namen Bantori (Nachtvogel) führt und an Grösse unserem Eichhörnchen gleicht.
Die Mäuse sind bei weitem weniger zahl- und artenreich wie bei uns und treten gegenüber dem ungemein häufigen Vorkommen der Wanderratte oder Nedzumi (Mus decumanus Pall.) ganz in den Hinter- grund. Die Ratte fehlt kaum irgend einem japanischen Hause und ist eine wahre Landplage, die Nachts Alles durchstöbert, auch in die Wohn- und Schlafräume dringt und dadurch lästiger wird, wie Rauch und Flöhe.
Hasen, japanisch Usagi (Lepus brachyurus Tem.), sind allver- breitet, wenn auch keineswegs so zahlreich, wie in offenen deutschen Ebenen. Abgesehen von ihren kürzeren Ohren gleichen sie unserem Lampe vollkommen.
Säugethiere.
unstät umhertreiben und dem sicheren Verderben zuführen zu können. Diese Eigenschaft und ein hohes Maass von Schlauheit wird auch einem eigenthümlichen Obstfuchse Chinas und Japans, dem Waschbär- hunde oder Tanuki (Nyctereutes viverrinus Tem. oder N. Procyonoides), zugeschrieben, der ebenfalls häufig ist. Das interessante Thier lebt auf ähnliche Weise wie der Dachs in den Hügellandschaften, auch in der Nähe der grossen Städte, erinnert in mancher Beziehung an den amerikanischen Waschbär, liefert ein eben so werthvolles, aber viel dunkleres Pelzwerk und wird auch gegessen, was bei Fuchs- und Hundearten nicht der Fall ist.
Das Mardergeschlecht weist als häufige Thiere den Ten (Mustela melampus), das Itachi (M. Itachi), die Fischotter oder Kawa- oso (Lutra vulgaris), ferner mehr im Norden, auf Yezo und den Kurilen, den Yezo-ten (M. brachyura) und die Seeotter oder Rakko (Enhydris marina) auf. Das Itachi ist das japanische Wiesel und insofern eine Wohlthat für das Land, als es mit Vorliebe auf die Böden der Häuser klettert und dort die zahlreichen Ratten jagt.
Die Classen der Beutelthiere und der Zahnarmen sind in Japan nicht vertreten, dagegen gibt es Nager in ziemlicher Arten- zahl. Neben zwei Eichhörnchen oder Kinedzumi (Baumratten) be- merken wir zwei Flughörnchen (Pteromys), nämlich das Musasabi (Pt. leucogenys Tem.) und das Momodori, d. h. Pfirsichvogel (Pt. mo- monga Tem.). Das zierliche lichtscheue Momodori lebt wie sein grösserer Verwandter den Tag über in hohlen Baumstämmen der Ge- birgsgegenden, zumal von Nikkô und Shinano, und ist keineswegs selten, ebenso ein Siebenschläfer (Myoxus elegans Tem.). Mehr im Süden, z. B. in den Bergwaldungen von Yamato und Shikoku haust das Musasabi, welches in Yamato den Namen Bantori (Nachtvogel) führt und an Grösse unserem Eichhörnchen gleicht.
Die Mäuse sind bei weitem weniger zahl- und artenreich wie bei uns und treten gegenüber dem ungemein häufigen Vorkommen der Wanderratte oder Nedzumi (Mus decumanus Pall.) ganz in den Hinter- grund. Die Ratte fehlt kaum irgend einem japanischen Hause und ist eine wahre Landplage, die Nachts Alles durchstöbert, auch in die Wohn- und Schlafräume dringt und dadurch lästiger wird, wie Rauch und Flöhe.
Hasen, japanisch Usagi (Lepus brachyurus Tem.), sind allver- breitet, wenn auch keineswegs so zahlreich, wie in offenen deutschen Ebenen. Abgesehen von ihren kürzeren Ohren gleichen sie unserem Lampe vollkommen.
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[205/0229]
Säugethiere.
unstät umhertreiben und dem sicheren Verderben zuführen zu können.
Diese Eigenschaft und ein hohes Maass von Schlauheit wird auch
einem eigenthümlichen Obstfuchse Chinas und Japans, dem Waschbär-
hunde oder Tanuki (Nyctereutes viverrinus Tem. oder N. Procyonoides),
zugeschrieben, der ebenfalls häufig ist. Das interessante Thier lebt
auf ähnliche Weise wie der Dachs in den Hügellandschaften, auch
in der Nähe der grossen Städte, erinnert in mancher Beziehung an
den amerikanischen Waschbär, liefert ein eben so werthvolles, aber
viel dunkleres Pelzwerk und wird auch gegessen, was bei Fuchs- und
Hundearten nicht der Fall ist.
Das Mardergeschlecht weist als häufige Thiere den Ten
(Mustela melampus), das Itachi (M. Itachi), die Fischotter oder Kawa-
oso (Lutra vulgaris), ferner mehr im Norden, auf Yezo und den
Kurilen, den Yezo-ten (M. brachyura) und die Seeotter oder Rakko
(Enhydris marina) auf. Das Itachi ist das japanische Wiesel und
insofern eine Wohlthat für das Land, als es mit Vorliebe auf die Böden
der Häuser klettert und dort die zahlreichen Ratten jagt.
Die Classen der Beutelthiere und der Zahnarmen sind in
Japan nicht vertreten, dagegen gibt es Nager in ziemlicher Arten-
zahl. Neben zwei Eichhörnchen oder Kinedzumi (Baumratten) be-
merken wir zwei Flughörnchen (Pteromys), nämlich das Musasabi
(Pt. leucogenys Tem.) und das Momodori, d. h. Pfirsichvogel (Pt. mo-
monga Tem.). Das zierliche lichtscheue Momodori lebt wie sein
grösserer Verwandter den Tag über in hohlen Baumstämmen der Ge-
birgsgegenden, zumal von Nikkô und Shinano, und ist keineswegs
selten, ebenso ein Siebenschläfer (Myoxus elegans Tem.). Mehr im
Süden, z. B. in den Bergwaldungen von Yamato und Shikoku haust
das Musasabi, welches in Yamato den Namen Bantori (Nachtvogel)
führt und an Grösse unserem Eichhörnchen gleicht.
Die Mäuse sind bei weitem weniger zahl- und artenreich wie bei
uns und treten gegenüber dem ungemein häufigen Vorkommen der
Wanderratte oder Nedzumi (Mus decumanus Pall.) ganz in den Hinter-
grund. Die Ratte fehlt kaum irgend einem japanischen Hause und
ist eine wahre Landplage, die Nachts Alles durchstöbert, auch in die
Wohn- und Schlafräume dringt und dadurch lästiger wird, wie Rauch
und Flöhe.
Hasen, japanisch Usagi (Lepus brachyurus Tem.), sind allver-
breitet, wenn auch keineswegs so zahlreich, wie in offenen deutschen
Ebenen. Abgesehen von ihren kürzeren Ohren gleichen sie unserem
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/229>, abgerufen am 24.11.2024.
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