Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.
der gemässigten Zone der nördlichen Hemisphäre gefunden wurden, haben sich folgende wichtige Resultate ergeben:
1. Das Klima der gemässigten und kalten Zone der nördlichen Erdhälfte war in der Tertiärzeit ein viel gleichförmigeres wärmeres und wahrscheinlich auch feuchteres als gegenwärtig.
2. Die vegetabilen Reste, welche hierfür sprechen, gehören im wesentlichen denselben Gattungen und Arten an, ob sie z. B. in den Braunkohlenlagern Mitteleuropas, Grönlands oder Sibiriens gefunden werden.
3. Die Wälder, von denen sie abstammen und die bis hoch in die Polarregion hinaufragten, bestanden aus einem bunten Gemisch verschiedener immergrüner und blattwechselnder Pflanzentypen. So besass Europa gegen das Ende der Tertiärzeit neben Eichen, Ahornen, Erlen, Weiden etc. auch Magnoliaceen, Laurineen, Juglandaceen, Hippocastaneen, Taxodien, Sequojen und andere Typen, welche seiner jetzigen Flora nicht mehr angehören, sich aber in den Wäldern Nordamerikas und des nordöstlichen Monsungebietes erhalten haben.
4. Nicht einer Einwanderung der Gewächse des letzteren in das atlantische Waldgebiet Nordamerikas oder umgekehrt ist darum die grosse Verwandtschaft in der Physiognomie, den Gattungen und Arten ihrer Gewächse zuzuschreiben, sondern dem Umstande, dass in beiden die südliche Gebirgsrichtung und vielleicht noch andere nicht näher bekannte Ursachen während der Eiszeit der Erhaltung eines ansehnlichen Theiles der Tertiärflora günstig waren. In dem west- lichen und mittleren Theile des alten Continentes aber bildete der mächtige Gebirgsgürtel, welcher sich zwischen 35° und 47° N. von West nach Ost erstreckt und als dessen hervorragendste Glieder Pyrenäen, Alpen, Kaukasus und Thienschan zu nennen sind, für die Waldvegetation des nördlichen Festlandes eine mächtige Barriere, über welche sie sich nicht nach Süden zurückziehen konnte. Als darum von ihr aus mit dem Eintritt der Eiszeit gewaltige Gletscher sich entwickelten und dem Vordringen der arktischen Eismassen ent- gegenrückten, wurde hier die Tertiärflora vernichtet.
5. Wie der physiognomische Charakter und die Gemeinsamkeit der Gattungen und der Arten selbst in den Wäldern des nordöstlichen Monsungebietes und Nordamerikas aus der Tertiärzeit stammen und ähnlichen günstigen Umständen das Ueberleben der Eiszeit verdanken, so ist auch die Fortdauer ihrer Existenz analogen klimatischen Ver- hältnissen der Gegenwart zuzuschreiben; denn was die Höhe und Vertheilung der Wärme und jährlichen Niederschläge anlangt, so
Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.
der gemässigten Zone der nördlichen Hemisphäre gefunden wurden, haben sich folgende wichtige Resultate ergeben:
1. Das Klima der gemässigten und kalten Zone der nördlichen Erdhälfte war in der Tertiärzeit ein viel gleichförmigeres wärmeres und wahrscheinlich auch feuchteres als gegenwärtig.
2. Die vegetabilen Reste, welche hierfür sprechen, gehören im wesentlichen denselben Gattungen und Arten an, ob sie z. B. in den Braunkohlenlagern Mitteleuropas, Grönlands oder Sibiriens gefunden werden.
3. Die Wälder, von denen sie abstammen und die bis hoch in die Polarregion hinaufragten, bestanden aus einem bunten Gemisch verschiedener immergrüner und blattwechselnder Pflanzentypen. So besass Europa gegen das Ende der Tertiärzeit neben Eichen, Ahornen, Erlen, Weiden etc. auch Magnoliaceen, Laurineen, Juglandaceen, Hippocastaneen, Taxodien, Sequojen und andere Typen, welche seiner jetzigen Flora nicht mehr angehören, sich aber in den Wäldern Nordamerikas und des nordöstlichen Monsungebietes erhalten haben.
4. Nicht einer Einwanderung der Gewächse des letzteren in das atlantische Waldgebiet Nordamerikas oder umgekehrt ist darum die grosse Verwandtschaft in der Physiognomie, den Gattungen und Arten ihrer Gewächse zuzuschreiben, sondern dem Umstande, dass in beiden die südliche Gebirgsrichtung und vielleicht noch andere nicht näher bekannte Ursachen während der Eiszeit der Erhaltung eines ansehnlichen Theiles der Tertiärflora günstig waren. In dem west- lichen und mittleren Theile des alten Continentes aber bildete der mächtige Gebirgsgürtel, welcher sich zwischen 35° und 47° N. von West nach Ost erstreckt und als dessen hervorragendste Glieder Pyrenäen, Alpen, Kaukasus und Thienschan zu nennen sind, für die Waldvegetation des nördlichen Festlandes eine mächtige Barriere, über welche sie sich nicht nach Süden zurückziehen konnte. Als darum von ihr aus mit dem Eintritt der Eiszeit gewaltige Gletscher sich entwickelten und dem Vordringen der arktischen Eismassen ent- gegenrückten, wurde hier die Tertiärflora vernichtet.
5. Wie der physiognomische Charakter und die Gemeinsamkeit der Gattungen und der Arten selbst in den Wäldern des nordöstlichen Monsungebietes und Nordamerikas aus der Tertiärzeit stammen und ähnlichen günstigen Umständen das Ueberleben der Eiszeit verdanken, so ist auch die Fortdauer ihrer Existenz analogen klimatischen Ver- hältnissen der Gegenwart zuzuschreiben; denn was die Höhe und Vertheilung der Wärme und jährlichen Niederschläge anlangt, so
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0221"n="197"/><fwplace="top"type="header">Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.</fw><lb/>
der gemässigten Zone der nördlichen Hemisphäre gefunden wurden,<lb/>
haben sich folgende wichtige Resultate ergeben:</p><lb/><p>1. Das Klima der gemässigten und kalten Zone der nördlichen<lb/>
Erdhälfte war in der Tertiärzeit ein viel gleichförmigeres wärmeres<lb/>
und wahrscheinlich auch feuchteres als gegenwärtig.</p><lb/><p>2. Die vegetabilen Reste, welche hierfür sprechen, gehören im<lb/>
wesentlichen denselben Gattungen und Arten an, ob sie z. B. in den<lb/>
Braunkohlenlagern Mitteleuropas, Grönlands oder Sibiriens gefunden<lb/>
werden.</p><lb/><p>3. Die Wälder, von denen sie abstammen und die bis hoch in<lb/>
die Polarregion hinaufragten, bestanden aus einem bunten Gemisch<lb/>
verschiedener immergrüner und blattwechselnder Pflanzentypen. So<lb/>
besass Europa gegen das Ende der Tertiärzeit neben Eichen, Ahornen,<lb/>
Erlen, Weiden etc. auch Magnoliaceen, Laurineen, Juglandaceen,<lb/>
Hippocastaneen, Taxodien, Sequojen und andere Typen, welche seiner<lb/>
jetzigen Flora nicht mehr angehören, sich aber in den Wäldern<lb/>
Nordamerikas und des nordöstlichen Monsungebietes erhalten haben.</p><lb/><p>4. Nicht einer Einwanderung der Gewächse des letzteren in das<lb/>
atlantische Waldgebiet Nordamerikas oder umgekehrt ist darum die<lb/>
grosse Verwandtschaft in der Physiognomie, den Gattungen und Arten<lb/>
ihrer Gewächse zuzuschreiben, sondern dem Umstande, dass in<lb/>
beiden die südliche Gebirgsrichtung und vielleicht noch andere nicht<lb/>
näher bekannte Ursachen während der Eiszeit der Erhaltung eines<lb/>
ansehnlichen Theiles der Tertiärflora günstig waren. In dem west-<lb/>
lichen und mittleren Theile des alten Continentes aber bildete der<lb/>
mächtige Gebirgsgürtel, welcher sich zwischen 35° und 47° N. von<lb/>
West nach Ost erstreckt und als dessen hervorragendste Glieder<lb/>
Pyrenäen, Alpen, Kaukasus und Thienschan zu nennen sind, für die<lb/>
Waldvegetation des nördlichen Festlandes eine mächtige Barriere,<lb/>
über welche sie sich nicht nach Süden zurückziehen konnte. Als<lb/>
darum von ihr aus mit dem Eintritt der Eiszeit gewaltige Gletscher<lb/>
sich entwickelten und dem Vordringen der arktischen Eismassen ent-<lb/>
gegenrückten, wurde hier die Tertiärflora vernichtet.</p><lb/><p>5. Wie der physiognomische Charakter und die Gemeinsamkeit<lb/>
der Gattungen und der Arten selbst in den Wäldern des nordöstlichen<lb/>
Monsungebietes und Nordamerikas aus der Tertiärzeit stammen und<lb/>
ähnlichen günstigen Umständen das Ueberleben der Eiszeit verdanken,<lb/>
so ist auch die Fortdauer ihrer Existenz analogen klimatischen Ver-<lb/>
hältnissen der Gegenwart zuzuschreiben; denn was die Höhe und<lb/>
Vertheilung der Wärme und jährlichen Niederschläge anlangt, so<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[197/0221]
Zusammensetzung der japan. Flora u. weitere bemerkenswerthe Züge etc.
der gemässigten Zone der nördlichen Hemisphäre gefunden wurden,
haben sich folgende wichtige Resultate ergeben:
1. Das Klima der gemässigten und kalten Zone der nördlichen
Erdhälfte war in der Tertiärzeit ein viel gleichförmigeres wärmeres
und wahrscheinlich auch feuchteres als gegenwärtig.
2. Die vegetabilen Reste, welche hierfür sprechen, gehören im
wesentlichen denselben Gattungen und Arten an, ob sie z. B. in den
Braunkohlenlagern Mitteleuropas, Grönlands oder Sibiriens gefunden
werden.
3. Die Wälder, von denen sie abstammen und die bis hoch in
die Polarregion hinaufragten, bestanden aus einem bunten Gemisch
verschiedener immergrüner und blattwechselnder Pflanzentypen. So
besass Europa gegen das Ende der Tertiärzeit neben Eichen, Ahornen,
Erlen, Weiden etc. auch Magnoliaceen, Laurineen, Juglandaceen,
Hippocastaneen, Taxodien, Sequojen und andere Typen, welche seiner
jetzigen Flora nicht mehr angehören, sich aber in den Wäldern
Nordamerikas und des nordöstlichen Monsungebietes erhalten haben.
4. Nicht einer Einwanderung der Gewächse des letzteren in das
atlantische Waldgebiet Nordamerikas oder umgekehrt ist darum die
grosse Verwandtschaft in der Physiognomie, den Gattungen und Arten
ihrer Gewächse zuzuschreiben, sondern dem Umstande, dass in
beiden die südliche Gebirgsrichtung und vielleicht noch andere nicht
näher bekannte Ursachen während der Eiszeit der Erhaltung eines
ansehnlichen Theiles der Tertiärflora günstig waren. In dem west-
lichen und mittleren Theile des alten Continentes aber bildete der
mächtige Gebirgsgürtel, welcher sich zwischen 35° und 47° N. von
West nach Ost erstreckt und als dessen hervorragendste Glieder
Pyrenäen, Alpen, Kaukasus und Thienschan zu nennen sind, für die
Waldvegetation des nördlichen Festlandes eine mächtige Barriere,
über welche sie sich nicht nach Süden zurückziehen konnte. Als
darum von ihr aus mit dem Eintritt der Eiszeit gewaltige Gletscher
sich entwickelten und dem Vordringen der arktischen Eismassen ent-
gegenrückten, wurde hier die Tertiärflora vernichtet.
5. Wie der physiognomische Charakter und die Gemeinsamkeit
der Gattungen und der Arten selbst in den Wäldern des nordöstlichen
Monsungebietes und Nordamerikas aus der Tertiärzeit stammen und
ähnlichen günstigen Umständen das Ueberleben der Eiszeit verdanken,
so ist auch die Fortdauer ihrer Existenz analogen klimatischen Ver-
hältnissen der Gegenwart zuzuschreiben; denn was die Höhe und
Vertheilung der Wärme und jährlichen Niederschläge anlangt, so
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/221>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.