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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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Luftdruck und Winde.

Der Dampfer Costa Rica war, während der Taifun im nordwest-
lichen Kiushiu wüthete, nur 150 Seemeilen davon entfernt auf seinem
Wege von Shanghai nach Nagasaki, ohne die mindesten Anzeigen
davon wahrzunehmen. In Yokohama herrschte zur Zeit desselben
und am folgenden Tage mässiger Südwind, der Himmel war schwach
bewölkt, das Barometer stand auf 756,2 mm und war seit zwei Tagen
nur wenig gefallen, das Thermometer zeigte 28°C.

Anders lagen die Verhältnisse im japanischen Binnenmeere und
seiner Nachbarschaft. Zwischen Hiroshima in Aki und Onomichi in
Bingo, etwa Mitte Weges von Shimonoseki nach Hiogo und unter
33° 20' N. und 133° O. Gr. trat der Sturm am 21. August 6 Uhr
15 Min. a. m. ein, und zwar von Norden her, drehte sich dann über
Ost nach Süd und Südwest, erreichte seine stärkste Entwickelung
um 10 Uhr 30 Min. Vormittags und sank gegen 2 Uhr Nachmittags,
als der Wind mit abnehmender Stärke von Westen blies. Schon
gegen Mittag am Tage zuvor hatte bei Windstille ein andauernder
Regen begonnen und dann an Stärke mit dem Sturme zugenommen.

In Hiogo fing das Barometer am 21. August Morgens 11/2 Uhr
zu fallen an, um welche Zeit eine schwache Briese aus Nordost wehte.
Bei Tagesanbruch blies der Wind heftig aus Süden. Er nahm an
Stärke zu und entwickelte sich zu einem Taifun, der zwischen 11
und 12 Uhr seine bedeutendste Höhe erreichte, dann liess er rasch
nach, und es folgte ihm ein mässiger Westwind. Der niedrigste Baro-
meterstand, welcher beobachtet wurde, war 751,0 mm. Aus Allem
ergibt sich, dass Hiogo von der Sturmbahn weit entfernt war und
verhältnissmässig nur schwach vom Orkan berührt wurde.

In Yokohama machte sich am 13. September desselben Jahres
ein Taifun fühlbar, der seine stärkste Entwickelung in Awa und
Katsusa östlich der Yedo-Bucht erlangte. Seine Achse ging 25 See-
meilen östlich von Yokohama vorüber und beschrieb eine eigenthüm-
liche Bahn, welche nebst sonstigen Angaben in dem 6. Hefte der
Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft etc. in Yokohama dargestellt
ist, und zwar nach den Beobachtungen des Capt. Freiherr v. Reibnitz
an Bord der Arkona. Dieser Sturm begann für Yokohama um 6 Uhr
Morgens bei 756,0 mm Barometerstand und 21°C. mit Nordwind und
hatte um 3 Uhr p. m. seine grösste Stärke erreicht bei 728,5 mm Luft-
druck und 24°C. Wärme. Der Sturm war mittlerweile über O. nach
S. und SW. gegangen und wehte endlich aus NW. mit abnehmender
Stärke bei 25,5°C. und 749,0 mm Barometerstand. In Tokio stand
um Mittag das Barometer auf 727,5 mm. Der Regen war schon seit
frühem Morgen und bei nahezu windstillem Wetter in Strömen ge-

Luftdruck und Winde.

Der Dampfer Costa Rica war, während der Taifún im nordwest-
lichen Kiushiu wüthete, nur 150 Seemeilen davon entfernt auf seinem
Wege von Shanghai nach Nagasaki, ohne die mindesten Anzeigen
davon wahrzunehmen. In Yokohama herrschte zur Zeit desselben
und am folgenden Tage mässiger Südwind, der Himmel war schwach
bewölkt, das Barometer stand auf 756,2 mm und war seit zwei Tagen
nur wenig gefallen, das Thermometer zeigte 28°C.

Anders lagen die Verhältnisse im japanischen Binnenmeere und
seiner Nachbarschaft. Zwischen Hiroshima in Aki und Onomichi in
Bingo, etwa Mitte Weges von Shimonoseki nach Hiogo und unter
33° 20' N. und 133° O. Gr. trat der Sturm am 21. August 6 Uhr
15 Min. a. m. ein, und zwar von Norden her, drehte sich dann über
Ost nach Süd und Südwest, erreichte seine stärkste Entwickelung
um 10 Uhr 30 Min. Vormittags und sank gegen 2 Uhr Nachmittags,
als der Wind mit abnehmender Stärke von Westen blies. Schon
gegen Mittag am Tage zuvor hatte bei Windstille ein andauernder
Regen begonnen und dann an Stärke mit dem Sturme zugenommen.

In Hiogo fing das Barometer am 21. August Morgens 1½ Uhr
zu fallen an, um welche Zeit eine schwache Briese aus Nordost wehte.
Bei Tagesanbruch blies der Wind heftig aus Süden. Er nahm an
Stärke zu und entwickelte sich zu einem Taifún, der zwischen 11
und 12 Uhr seine bedeutendste Höhe erreichte, dann liess er rasch
nach, und es folgte ihm ein mässiger Westwind. Der niedrigste Baro-
meterstand, welcher beobachtet wurde, war 751,0 mm. Aus Allem
ergibt sich, dass Hiogo von der Sturmbahn weit entfernt war und
verhältnissmässig nur schwach vom Orkan berührt wurde.

In Yokohama machte sich am 13. September desselben Jahres
ein Taifún fühlbar, der seine stärkste Entwickelung in Awa und
Katsusa östlich der Yedo-Bucht erlangte. Seine Achse ging 25 See-
meilen östlich von Yokohama vorüber und beschrieb eine eigenthüm-
liche Bahn, welche nebst sonstigen Angaben in dem 6. Hefte der
Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft etc. in Yokohama dargestellt
ist, und zwar nach den Beobachtungen des Capt. Freiherr v. Reibnitz
an Bord der Arkona. Dieser Sturm begann für Yokohama um 6 Uhr
Morgens bei 756,0 mm Barometerstand und 21°C. mit Nordwind und
hatte um 3 Uhr p. m. seine grösste Stärke erreicht bei 728,5 mm Luft-
druck und 24°C. Wärme. Der Sturm war mittlerweile über O. nach
S. und SW. gegangen und wehte endlich aus NW. mit abnehmender
Stärke bei 25,5°C. und 749,0 mm Barometerstand. In Tôkio stand
um Mittag das Barometer auf 727,5 mm. Der Regen war schon seit
frühem Morgen und bei nahezu windstillem Wetter in Strömen ge-

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[135/0157] Luftdruck und Winde. Der Dampfer Costa Rica war, während der Taifún im nordwest- lichen Kiushiu wüthete, nur 150 Seemeilen davon entfernt auf seinem Wege von Shanghai nach Nagasaki, ohne die mindesten Anzeigen davon wahrzunehmen. In Yokohama herrschte zur Zeit desselben und am folgenden Tage mässiger Südwind, der Himmel war schwach bewölkt, das Barometer stand auf 756,2 mm und war seit zwei Tagen nur wenig gefallen, das Thermometer zeigte 28°C. Anders lagen die Verhältnisse im japanischen Binnenmeere und seiner Nachbarschaft. Zwischen Hiroshima in Aki und Onomichi in Bingo, etwa Mitte Weges von Shimonoseki nach Hiogo und unter 33° 20' N. und 133° O. Gr. trat der Sturm am 21. August 6 Uhr 15 Min. a. m. ein, und zwar von Norden her, drehte sich dann über Ost nach Süd und Südwest, erreichte seine stärkste Entwickelung um 10 Uhr 30 Min. Vormittags und sank gegen 2 Uhr Nachmittags, als der Wind mit abnehmender Stärke von Westen blies. Schon gegen Mittag am Tage zuvor hatte bei Windstille ein andauernder Regen begonnen und dann an Stärke mit dem Sturme zugenommen. In Hiogo fing das Barometer am 21. August Morgens 1½ Uhr zu fallen an, um welche Zeit eine schwache Briese aus Nordost wehte. Bei Tagesanbruch blies der Wind heftig aus Süden. Er nahm an Stärke zu und entwickelte sich zu einem Taifún, der zwischen 11 und 12 Uhr seine bedeutendste Höhe erreichte, dann liess er rasch nach, und es folgte ihm ein mässiger Westwind. Der niedrigste Baro- meterstand, welcher beobachtet wurde, war 751,0 mm. Aus Allem ergibt sich, dass Hiogo von der Sturmbahn weit entfernt war und verhältnissmässig nur schwach vom Orkan berührt wurde. In Yokohama machte sich am 13. September desselben Jahres ein Taifún fühlbar, der seine stärkste Entwickelung in Awa und Katsusa östlich der Yedo-Bucht erlangte. Seine Achse ging 25 See- meilen östlich von Yokohama vorüber und beschrieb eine eigenthüm- liche Bahn, welche nebst sonstigen Angaben in dem 6. Hefte der Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft etc. in Yokohama dargestellt ist, und zwar nach den Beobachtungen des Capt. Freiherr v. Reibnitz an Bord der Arkona. Dieser Sturm begann für Yokohama um 6 Uhr Morgens bei 756,0 mm Barometerstand und 21°C. mit Nordwind und hatte um 3 Uhr p. m. seine grösste Stärke erreicht bei 728,5 mm Luft- druck und 24°C. Wärme. Der Sturm war mittlerweile über O. nach S. und SW. gegangen und wehte endlich aus NW. mit abnehmender Stärke bei 25,5°C. und 749,0 mm Barometerstand. In Tôkio stand um Mittag das Barometer auf 727,5 mm. Der Regen war schon seit frühem Morgen und bei nahezu windstillem Wetter in Strömen ge-

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/157>, abgerufen am 24.11.2024.