Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reimarus, Johann Albert Heinrich: Die Ursache des Einschlagens vom Blitze. Langensalza, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 24.

Ich muß aber doch eines Vorschlages ge-
denken, darauf einige, in der Absicht, die Ge-
fahr des Blitzes abzuwenden, gefallen sind, und
der gerade unserm oben gegebenen Rathe ent-
gegengesetzet ist, da er doch aus einerley Erfah-
rungen zu entspringen, und also nicht unge-
gründet scheinet. Man glaubte nämlich, es
müßte am dienlichsten seyn, sich solcher Kör-
per zur Bedeckung für den Blitz zu bedienen,
welche die electrische Materie nicht durchliessen,
und hingegen die Metalle, welche sie gern an-
nehmen, zu entfernen. So räth z. E der
galante Abbe Poncelet, sich eine Art von Ge-
zelte von harzigem Holze, ohne einigen Nagel
oder anderes Eisen, errichten zu lassen, ihm kein
spitzes, sondern ein rund gewölbtes Dach zu
geben, sodann es mit einem dreyfachen Wachs-
tuche überziehen und inwendig mit Seidenzeug
ausschlagen zu lassen *). Auf gleiche Weise
könnte man etwa, ohne so viel sonderbare Um-

stände
*) In einer zu Paris 1766. in 8vo, gedruckten
Abhandlung: La nature dans la formation du
Tonnere, & la re production des Etres vivans,
beti-
telt, p. 125. Des übrigen Inhalts dieser aus-
gedehnten Schrift zu erwehnen, ja sie nur ganz
durchzulesen, hielte ich nicht für nöthig, da ich
fast allenthalben verworrene, übel verstandene,
ungegründete und erdichtete Sätze darinn an-
traf. Mich wundert nur, daß sie noch einiges
Aufsehen hat machen können.
§. 24.

Ich muß aber doch eines Vorſchlages ge-
denken, darauf einige, in der Abſicht, die Ge-
fahr des Blitzes abzuwenden, gefallen ſind, und
der gerade unſerm oben gegebenen Rathe ent-
gegengeſetzet iſt, da er doch aus einerley Erfah-
rungen zu entſpringen, und alſo nicht unge-
gruͤndet ſcheinet. Man glaubte naͤmlich, es
muͤßte am dienlichſten ſeyn, ſich ſolcher Koͤr-
per zur Bedeckung fuͤr den Blitz zu bedienen,
welche die electriſche Materie nicht durchlieſſen,
und hingegen die Metalle, welche ſie gern an-
nehmen, zu entfernen. So raͤth z. E der
galante Abbé Poncelet, ſich eine Art von Ge-
zelte von harzigem Holze, ohne einigen Nagel
oder anderes Eiſen, errichten zu laſſen, ihm kein
ſpitzes, ſondern ein rund gewoͤlbtes Dach zu
geben, ſodann es mit einem dreyfachen Wachs-
tuche uͤberziehen und inwendig mit Seidenzeug
ausſchlagen zu laſſen *). Auf gleiche Weiſe
koͤnnte man etwa, ohne ſo viel ſonderbare Um-

ſtaͤnde
*) In einer zu Paris 1766. in 8vo, gedruckten
Abhandlung: La nature dans la formation du
Tonnere, & la re production des Etres vivans,
beti-
telt, p. 125. Des uͤbrigen Inhalts dieſer aus-
gedehnten Schrift zu erwehnen, ja ſie nur ganz
durchzuleſen, hielte ich nicht fuͤr noͤthig, da ich
faſt allenthalben verworrene, uͤbel verſtandene,
ungegruͤndete und erdichtete Saͤtze darinn an-
traf. Mich wundert nur, daß ſie noch einiges
Aufſehen hat machen koͤnnen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0102" n="102"/>
      <div n="1">
        <head>§. 24.</head><lb/>
        <p>Ich muß aber doch eines Vor&#x017F;chlages ge-<lb/>
denken, darauf einige, in der Ab&#x017F;icht, die Ge-<lb/>
fahr des Blitzes abzuwenden, gefallen &#x017F;ind, und<lb/>
der gerade un&#x017F;erm oben gegebenen Rathe ent-<lb/>
gegenge&#x017F;etzet i&#x017F;t, da er doch aus einerley Erfah-<lb/>
rungen zu ent&#x017F;pringen, und al&#x017F;o nicht unge-<lb/>
gru&#x0364;ndet &#x017F;cheinet. Man glaubte na&#x0364;mlich, es<lb/>
mu&#x0364;ßte am dienlich&#x017F;ten &#x017F;eyn, &#x017F;ich &#x017F;olcher Ko&#x0364;r-<lb/>
per zur Bedeckung fu&#x0364;r den Blitz zu bedienen,<lb/>
welche die electri&#x017F;che Materie nicht durchlie&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und hingegen die Metalle, welche &#x017F;ie gern an-<lb/>
nehmen, zu entfernen. So ra&#x0364;th z. E der<lb/>
galante <hi rendition="#aq">Abbé Poncelet,</hi> &#x017F;ich eine Art von Ge-<lb/>
zelte von harzigem Holze, ohne einigen Nagel<lb/>
oder anderes Ei&#x017F;en, errichten zu la&#x017F;&#x017F;en, ihm kein<lb/>
&#x017F;pitzes, &#x017F;ondern ein rund gewo&#x0364;lbtes Dach zu<lb/>
geben, &#x017F;odann es mit einem dreyfachen Wachs-<lb/>
tuche u&#x0364;berziehen und inwendig mit Seidenzeug<lb/>
aus&#x017F;chlagen zu la&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="*)">In einer zu Paris 1766. in 8<hi rendition="#aq">vo</hi>, gedruckten<lb/><choice><corr>Abhandlung</corr><sic>Ahandlung</sic></choice>: <hi rendition="#aq">La nature dans la formation du<lb/><hi rendition="#i">T</hi>onnere, &amp; la re production des Etres vivans,</hi> beti-<lb/>
telt, <hi rendition="#aq">p.</hi> 125. Des u&#x0364;brigen Inhalts die&#x017F;er aus-<lb/>
gedehnten Schrift zu erwehnen, ja &#x017F;ie nur ganz<lb/>
durchzule&#x017F;en, hielte ich nicht fu&#x0364;r no&#x0364;thig, da ich<lb/>
fa&#x017F;t allenthalben verworrene, u&#x0364;bel ver&#x017F;tandene,<lb/>
ungegru&#x0364;ndete und erdichtete Sa&#x0364;tze darinn an-<lb/>
traf. Mich wundert nur, daß &#x017F;ie noch einiges<lb/>
Auf&#x017F;ehen hat machen ko&#x0364;nnen.</note>. Auf gleiche Wei&#x017F;e<lb/>
ko&#x0364;nnte man etwa, ohne &#x017F;o viel &#x017F;onderbare Um-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ta&#x0364;nde</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0102] §. 24. Ich muß aber doch eines Vorſchlages ge- denken, darauf einige, in der Abſicht, die Ge- fahr des Blitzes abzuwenden, gefallen ſind, und der gerade unſerm oben gegebenen Rathe ent- gegengeſetzet iſt, da er doch aus einerley Erfah- rungen zu entſpringen, und alſo nicht unge- gruͤndet ſcheinet. Man glaubte naͤmlich, es muͤßte am dienlichſten ſeyn, ſich ſolcher Koͤr- per zur Bedeckung fuͤr den Blitz zu bedienen, welche die electriſche Materie nicht durchlieſſen, und hingegen die Metalle, welche ſie gern an- nehmen, zu entfernen. So raͤth z. E der galante Abbé Poncelet, ſich eine Art von Ge- zelte von harzigem Holze, ohne einigen Nagel oder anderes Eiſen, errichten zu laſſen, ihm kein ſpitzes, ſondern ein rund gewoͤlbtes Dach zu geben, ſodann es mit einem dreyfachen Wachs- tuche uͤberziehen und inwendig mit Seidenzeug ausſchlagen zu laſſen *). Auf gleiche Weiſe koͤnnte man etwa, ohne ſo viel ſonderbare Um- ſtaͤnde *) In einer zu Paris 1766. in 8vo, gedruckten Abhandlung: La nature dans la formation du Tonnere, & la re production des Etres vivans, beti- telt, p. 125. Des uͤbrigen Inhalts dieſer aus- gedehnten Schrift zu erwehnen, ja ſie nur ganz durchzuleſen, hielte ich nicht fuͤr noͤthig, da ich faſt allenthalben verworrene, uͤbel verſtandene, ungegruͤndete und erdichtete Saͤtze darinn an- traf. Mich wundert nur, daß ſie noch einiges Aufſehen hat machen koͤnnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die vorliegende Ausgabe ist die zweiten Auflage, … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reimarus_blitze_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reimarus_blitze_1769/102
Zitationshilfe: Reimarus, Johann Albert Heinrich: Die Ursache des Einschlagens vom Blitze. Langensalza, 1769, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reimarus_blitze_1769/102>, abgerufen am 22.11.2024.