und den Raum auf, in welchem er sich wirklich befindet. Von dieser Gruppe mannichfaltiger Erscheinungen, die durch das Selbstbewusstseyn wirklich werden, sind bald diese bald jene Par- thieen mehr erleuchtet.
1) Bald sind wir uns der Vorstellung, als einer Veränderung in uns, in welcher das Mannichfaltige zu einem Bilde synthetisch ver- knüpft ist, mit vorzüglicher Klarheit bewusst. Ueberschreitet dies einseitige Bewusstseyn die Norm: so entsteht ein Zustand, in welchem der Mensch weder das Subject noch das Object mit nöthiger Klarheit beachtet.
2) Oder das Object sticht hervor und das Subject tritt im umgekehrten Verhältniss ins Helldunkel zurück. In diesem Zustande ist der Kenner, der ein schönes Kunstwerk anstaunt.
3) Dann kann das Subject auf dem Ta- bleau am stärksten erleuchtet seyn. Je klärer dies geschieht, das Ich gleichsam in sich selbst zurückkehrt, desto mehr ist die Anschauung der Welt im Schatten gestellt. Neben der Vorstel- lung des Objects bewirkt die Seele noch eine andere ihrer selbst, sie denkt sich als Schöpferin der Vorstellung, und unterscheidet in derselben ihr Eigenthum von dem Antheil der äusseren Einflüsse. Sie denkt sich mehr oder weniger klar, fasst alle oder solche Bestimmungen und Verhält- nisse ihres Selbsts auf, die mit dem Object in der zweckmässigsten Verbindung stehn. Wird z. B.
und den Raum auf, in welchem er ſich wirklich befindet. Von dieſer Gruppe mannichfaltiger Erſcheinungen, die durch das Selbſtbewuſstſeyn wirklich werden, ſind bald dieſe bald jene Par- thieen mehr erleuchtet.
1) Bald ſind wir uns der Vorſtellung, als einer Veränderung in uns, in welcher das Mannichfaltige zu einem Bilde ſynthetiſch ver- knüpft iſt, mit vorzüglicher Klarheit bewuſst. Ueberſchreitet dies einſeitige Bewuſstſeyn die Norm: ſo entſteht ein Zuſtand, in welchem der Menſch weder das Subject noch das Object mit nöthiger Klarheit beachtet.
2) Oder das Object ſticht hervor und das Subject tritt im umgekehrten Verhältniſs ins Helldunkel zurück. In dieſem Zuſtande iſt der Kenner, der ein ſchönes Kunſtwerk anſtaunt.
3) Dann kann das Subject auf dem Ta- bleau am ſtärkſten erleuchtet ſeyn. Je klärer dies geſchieht, das Ich gleichſam in ſich ſelbſt zurückkehrt, deſto mehr iſt die Anſchauung der Welt im Schatten geſtellt. Neben der Vorſtel- lung des Objects bewirkt die Seele noch eine andere ihrer ſelbſt, ſie denkt ſich als Schöpferin der Vorſtellung, und unterſcheidet in derſelben ihr Eigenthum von dem Antheil der äuſseren Einflüſſe. Sie denkt ſich mehr oder weniger klar, faſst alle oder ſolche Beſtimmungen und Verhält- niſſe ihres Selbſts auf, die mit dem Object in der zweckmäſsigſten Verbindung ſtehn. Wird z. B.
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[56/0061]
und den Raum auf, in welchem er ſich wirklich
befindet. Von dieſer Gruppe mannichfaltiger
Erſcheinungen, die durch das Selbſtbewuſstſeyn
wirklich werden, ſind bald dieſe bald jene Par-
thieen mehr erleuchtet.
1) Bald ſind wir uns der Vorſtellung,
als einer Veränderung in uns, in welcher das
Mannichfaltige zu einem Bilde ſynthetiſch ver-
knüpft iſt, mit vorzüglicher Klarheit bewuſst.
Ueberſchreitet dies einſeitige Bewuſstſeyn die
Norm: ſo entſteht ein Zuſtand, in welchem der
Menſch weder das Subject noch das Object mit
nöthiger Klarheit beachtet.
2) Oder das Object ſticht hervor und das
Subject tritt im umgekehrten Verhältniſs ins
Helldunkel zurück. In dieſem Zuſtande iſt der
Kenner, der ein ſchönes Kunſtwerk anſtaunt.
3) Dann kann das Subject auf dem Ta-
bleau am ſtärkſten erleuchtet ſeyn. Je klärer
dies geſchieht, das Ich gleichſam in ſich ſelbſt
zurückkehrt, deſto mehr iſt die Anſchauung der
Welt im Schatten geſtellt. Neben der Vorſtel-
lung des Objects bewirkt die Seele noch eine
andere ihrer ſelbſt, ſie denkt ſich als Schöpferin
der Vorſtellung, und unterſcheidet in derſelben
ihr Eigenthum von dem Antheil der äuſseren
Einflüſſe. Sie denkt ſich mehr oder weniger klar,
faſst alle oder ſolche Beſtimmungen und Verhält-
niſſe ihres Selbſts auf, die mit dem Object in der
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/61>, abgerufen am 27.11.2024.
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