Gleichgewicht und normales Kraftverhältniss in den verschiednen Getrieben des Seelenorgans, Einklang und richtige Beziehung (rapport) der- selben zu einander, dadurch Harmonie der inne- ren und äusseren Sinne, die gehörige Stärke der Phantasie, die äussere und innere Besonnenheit, die richtige Verknüpfung der Ideen unter sich und mit den Funktionen der Willenskraft wieder- herzustellen, wovon die ganze Normalität der Kraftäusserungen der Seele abhängt.
Dies sind theoretische Gründe, aus der Na- tur des Seelenorgans hergenommen, die die Be- hauptung unterstützen, dass Gefühle und Vorstellungen, kurz Erregungen der Seele, die eigenthümlichen Mittel sind, durch welche die Intemperatur der Vitalität des Gehirns rectificirt werden müsse. So wie es Krankheiten giebt, die vorzugsweise durch chirurgische Mittel; andere, die durch Arzneien geheilt werden müssen; so scheint die psychische Curmethode vorzüglich zur Heilung der Seelenkrankheiten geeignet zu seyn. Diesem Raisonnement treten die schon gemachten Erfahrungen von ihrer Wirksamkeit bey, und werden dieselbe in der Folge noch mehr bestäti- gen, wenn wir sie häufiger und nach Regeln an- wenden.
§. 8.
Behufs der psychischen Curmethode, be- sonders in Hinsicht auf Heilung der Geisteszerrüt-
Gleichgewicht und normales Kraftverhältniſs in den verſchiednen Getrieben des Seelenorgans, Einklang und richtige Beziehung (rapport) der- ſelben zu einander, dadurch Harmonie der inne- ren und äuſseren Sinne, die gehörige Stärke der Phantaſie, die äuſsere und innere Beſonnenheit, die richtige Verknüpfung der Ideen unter ſich und mit den Funktionen der Willenskraft wieder- herzuſtellen, wovon die ganze Normalität der Kraftäuſserungen der Seele abhängt.
Dies ſind theoretiſche Gründe, aus der Na- tur des Seelenorgans hergenommen, die die Be- hauptung unterſtützen, daſs Gefühle und Vorſtellungen, kurz Erregungen der Seele, die eigenthümlichen Mittel ſind, durch welche die Intemperatur der Vitalität des Gehirns rectificirt werden müſſe. So wie es Krankheiten giebt, die vorzugsweiſe durch chirurgiſche Mittel; andere, die durch Arzneien geheilt werden müſſen; ſo ſcheint die pſychiſche Curmethode vorzüglich zur Heilung der Seelenkrankheiten geeignet zu ſeyn. Dieſem Raiſonnement treten die ſchon gemachten Erfahrungen von ihrer Wirkſamkeit bey, und werden dieſelbe in der Folge noch mehr beſtäti- gen, wenn wir ſie häufiger und nach Regeln an- wenden.
§. 8.
Behufs der pſychiſchen Curmethode, be- ſonders in Hinſicht auf Heilung der Geiſteszerrüt-
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Gleichgewicht und normales Kraftverhältniſs in
den verſchiednen Getrieben des Seelenorgans,
Einklang und richtige Beziehung (rapport) der-
ſelben zu einander, dadurch Harmonie der inne-
ren und äuſseren Sinne, die gehörige Stärke der
Phantaſie, die äuſsere und innere Beſonnenheit,
die richtige Verknüpfung der Ideen unter ſich
und mit den Funktionen der Willenskraft wieder-
herzuſtellen, wovon die ganze Normalität der
Kraftäuſserungen der Seele abhängt.
Dies ſind theoretiſche Gründe, aus der Na-
tur des Seelenorgans hergenommen, die die Be-
hauptung unterſtützen, daſs Gefühle und
Vorſtellungen, kurz Erregungen der
Seele, die eigenthümlichen Mittel
ſind, durch welche die Intemperatur
der Vitalität des Gehirns rectificirt
werden müſſe. So wie es Krankheiten giebt, die
vorzugsweiſe durch chirurgiſche Mittel; andere,
die durch Arzneien geheilt werden müſſen; ſo
ſcheint die pſychiſche Curmethode vorzüglich zur
Heilung der Seelenkrankheiten geeignet zu ſeyn.
Dieſem Raiſonnement treten die ſchon gemachten
Erfahrungen von ihrer Wirkſamkeit bey, und
werden dieſelbe in der Folge noch mehr beſtäti-
gen, wenn wir ſie häufiger und nach Regeln an-
wenden.
§. 8.
Behufs der pſychiſchen Curmethode, be-
ſonders in Hinſicht auf Heilung der Geiſteszerrüt-
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/55>, abgerufen am 28.11.2024.
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