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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

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sey kurz, bündig und lichtvoll. Die Gestalt des
Körpers komme der Seele zu Hülfe und flösse
Furcht und Ehrfurcht ein. Er sey gross, stark,
muskulös; der Gang majestätisch; die Mine fest;
die Stimme donnernd.

Am besten scheint es zu seyn, dass diese
drey Personen durch keine äussere Rangord-
nung von einander getrennt werden. Jeder der-
selben verfolge sein eigenthümliches Geschäfft,
mit Hinsicht auf den gemeinschaftlichen Zweck, der
durch ihr vereintes Wirken erreicht werden soll.

Der Oberaufseher besorgt die Oekono-
mie des Hauses, Küche, Kleidung, Wäsche, die
Hauspolicey, hält die Dienstleute zu ihren Ge-
schäfften an und leitet das Ganze so, wie es
dem Plane des Arztes und Psychologen zur Kur
der Irrenden angemessen ist. Er sey davon satt-
sam unterrichtet, dass die Anstalt zur Kur und
nicht zur Verpflegung der Kranken da sey.

Der Arzt und Psychologe sind die
nächsten Kräfte, durch welche die Kur der Irren-
den bewerkstelligt werden muss. Sie sind beide
Heilkünstler, bloss verschieden durch die Mittel,
welche sie anwenden, sofern jener durch phar-
maceutische, dieser durch psychische Mittel wirkt.
Sie stehn also in einem ähnlichen Verhältniss zu
einander, wie der Arzt zum Wundarzt. Auf
Namen und Personen kömmt es hier nicht an.
Genug dass die Irrenden zum Theil psychisch be-
handelt werden müssen, und dass dies nicht an-

ſey kurz, bündig und lichtvoll. Die Geſtalt des
Körpers komme der Seele zu Hülfe und flöſse
Furcht und Ehrfurcht ein. Er ſey groſs, ſtark,
muskulös; der Gang majeſtätiſch; die Mine feſt;
die Stimme donnernd.

Am beſten ſcheint es zu ſeyn, daſs dieſe
drey Perſonen durch keine äuſsere Rangord-
nung von einander getrennt werden. Jeder der-
ſelben verfolge ſein eigenthümliches Geſchäfft,
mit Hinſicht auf den gemeinſchaftlichen Zweck, der
durch ihr vereintes Wirken erreicht werden ſoll.

Der Oberaufſeher beſorgt die Oekono-
mie des Hauſes, Küche, Kleidung, Wäſche, die
Hauspolicey, hält die Dienſtleute zu ihren Ge-
ſchäfften an und leitet das Ganze ſo, wie es
dem Plane des Arztes und Pſychologen zur Kur
der Irrenden angemeſſen iſt. Er ſey davon ſatt-
ſam unterrichtet, daſs die Anſtalt zur Kur und
nicht zur Verpflegung der Kranken da ſey.

Der Arzt und Pſychologe ſind die
nächſten Kräfte, durch welche die Kur der Irren-
den bewerkſtelligt werden muſs. Sie ſind beide
Heilkünſtler, bloſs verſchieden durch die Mittel,
welche ſie anwenden, ſofern jener durch phar-
maceutiſche, dieſer durch pſychiſche Mittel wirkt.
Sie ſtehn alſo in einem ähnlichen Verhältniſs zu
einander, wie der Arzt zum Wundarzt. Auf
Namen und Perſonen kömmt es hier nicht an.
Genug daſs die Irrenden zum Theil pſychiſch be-
handelt werden müſſen, und daſs dies nicht an-

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[476/0481] ſey kurz, bündig und lichtvoll. Die Geſtalt des Körpers komme der Seele zu Hülfe und flöſse Furcht und Ehrfurcht ein. Er ſey groſs, ſtark, muskulös; der Gang majeſtätiſch; die Mine feſt; die Stimme donnernd. Am beſten ſcheint es zu ſeyn, daſs dieſe drey Perſonen durch keine äuſsere Rangord- nung von einander getrennt werden. Jeder der- ſelben verfolge ſein eigenthümliches Geſchäfft, mit Hinſicht auf den gemeinſchaftlichen Zweck, der durch ihr vereintes Wirken erreicht werden ſoll. Der Oberaufſeher beſorgt die Oekono- mie des Hauſes, Küche, Kleidung, Wäſche, die Hauspolicey, hält die Dienſtleute zu ihren Ge- ſchäfften an und leitet das Ganze ſo, wie es dem Plane des Arztes und Pſychologen zur Kur der Irrenden angemeſſen iſt. Er ſey davon ſatt- ſam unterrichtet, daſs die Anſtalt zur Kur und nicht zur Verpflegung der Kranken da ſey. Der Arzt und Pſychologe ſind die nächſten Kräfte, durch welche die Kur der Irren- den bewerkſtelligt werden muſs. Sie ſind beide Heilkünſtler, bloſs verſchieden durch die Mittel, welche ſie anwenden, ſofern jener durch phar- maceutiſche, dieſer durch pſychiſche Mittel wirkt. Sie ſtehn alſo in einem ähnlichen Verhältniſs zu einander, wie der Arzt zum Wundarzt. Auf Namen und Perſonen kömmt es hier nicht an. Genug daſs die Irrenden zum Theil pſychiſch be- handelt werden müſſen, und daſs dies nicht an-

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Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/481>, abgerufen am 22.11.2024.