Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Fliesen besetzen, oder mit Käsesirniss und anderen
festen Tünchen überziehn, damit sie nicht ein-
saugen und abgewaschen werden können. Die
Fussböden werden von Eichenholz gemacht oder
mit Marmor gepflastert und dann mit Decken be-
legt. Man scheurt, wäscht und räuchert fleissig
mit übersäurter Salzsäure *).

Die Zimmer müssen einfach meublirt seyn,
und im Winter mässig erwärmt werden. Einige
Kranke vertragen die Hitze des Sommers nicht.
Diese bekommen kühle Schlafgemächer im Erd-
geschoss, und am Tage einen Aufenthaltsort in
Grotten, am Wasser, unter dickschattigen Bäumen.
Das Geschirr der Rasenden besteht aus Leder,
Holz oder Metall, damit sie es nicht zerbeissen.

Ausserdem muss die Irrenanstalt alles in Be-
reitschaft haben, was zur pharmaceutischen und
psychischen Kur der Irrenden erfordert wird.
Dahin rechne ich Traufen, Sturzbäder, Douchen,
Höhlen, Grotten, magische Tempel. Es muss
einen grossen freien Platz zum Exerciren und zu
gymnastischen Uebungen; Anstalten zu Concer-
ten, Schauspielen und zu anderen Uebungen der
Aufmerksamkeit haben. Es muss eine Vorrich-
tung haben, durch welche der Kranke scheinba-
ren Gefahren ausgesetzt und dadurch zur Selbst-
hülfe aufgemuntert wird. Kurz die Heilanstalt
muss alle bereits oben angezeigten Mittel in Be-
reitschaft haben, die zur psychischen Kur noth-

*) Ann. de Chem. T. XXIX. 99 S.

Flieſen beſetzen, oder mit Käſeſirniſs und anderen
feſten Tünchen überziehn, damit ſie nicht ein-
ſaugen und abgewaſchen werden können. Die
Fuſsböden werden von Eichenholz gemacht oder
mit Marmor gepflaſtert und dann mit Decken be-
legt. Man ſcheurt, wäſcht und räuchert fleiſsig
mit überſäurter Salzſäure *).

Die Zimmer müſſen einfach meublirt ſeyn,
und im Winter mäſsig erwärmt werden. Einige
Kranke vertragen die Hitze des Sommers nicht.
Dieſe bekommen kühle Schlafgemächer im Erd-
geſchoſs, und am Tage einen Aufenthaltsort in
Grotten, am Waſſer, unter dickſchattigen Bäumen.
Das Geſchirr der Raſenden beſteht aus Leder,
Holz oder Metall, damit ſie es nicht zerbeiſsen.

Auſserdem muſs die Irrenanſtalt alles in Be-
reitſchaft haben, was zur pharmaceutiſchen und
pſychiſchen Kur der Irrenden erfordert wird.
Dahin rechne ich Traufen, Sturzbäder, Douchen,
Höhlen, Grotten, magiſche Tempel. Es muſs
einen groſsen freien Platz zum Exerciren und zu
gymnaſtiſchen Uebungen; Anſtalten zu Concer-
ten, Schauſpielen und zu anderen Uebungen der
Aufmerkſamkeit haben. Es muſs eine Vorrich-
tung haben, durch welche der Kranke ſcheinba-
ren Gefahren ausgeſetzt und dadurch zur Selbſt-
hülfe aufgemuntert wird. Kurz die Heilanſtalt
muſs alle bereits oben angezeigten Mittel in Be-
reitſchaft haben, die zur pſychiſchen Kur noth-

*) Ann. de Chem. T. XXIX. 99 S.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0467" n="462"/>
Flie&#x017F;en be&#x017F;etzen, oder mit Kä&#x017F;e&#x017F;irni&#x017F;s und anderen<lb/>
fe&#x017F;ten Tünchen überziehn, damit &#x017F;ie nicht ein-<lb/>
&#x017F;augen und abgewa&#x017F;chen werden können. Die<lb/>
Fu&#x017F;sböden werden von Eichenholz gemacht oder<lb/>
mit Marmor gepfla&#x017F;tert und dann mit Decken be-<lb/>
legt. Man &#x017F;cheurt, wä&#x017F;cht und räuchert flei&#x017F;sig<lb/>
mit über&#x017F;äurter Salz&#x017F;äure <note place="foot" n="*)">Ann. de Chem. T. XXIX. 99 S.</note>.</p><lb/>
          <p>Die Zimmer mü&#x017F;&#x017F;en einfach meublirt &#x017F;eyn,<lb/>
und im Winter mä&#x017F;sig erwärmt werden. Einige<lb/>
Kranke vertragen die Hitze des Sommers nicht.<lb/>
Die&#x017F;e bekommen kühle Schlafgemächer im Erd-<lb/>
ge&#x017F;cho&#x017F;s, und am Tage einen Aufenthaltsort in<lb/>
Grotten, am Wa&#x017F;&#x017F;er, unter dick&#x017F;chattigen Bäumen.<lb/>
Das Ge&#x017F;chirr der Ra&#x017F;enden be&#x017F;teht aus Leder,<lb/>
Holz oder Metall, damit &#x017F;ie es nicht zerbei&#x017F;sen.</p><lb/>
          <p>Au&#x017F;serdem mu&#x017F;s die Irrenan&#x017F;talt alles in Be-<lb/>
reit&#x017F;chaft haben, was zur pharmaceuti&#x017F;chen und<lb/>
p&#x017F;ychi&#x017F;chen Kur der Irrenden erfordert wird.<lb/>
Dahin rechne ich Traufen, Sturzbäder, Douchen,<lb/>
Höhlen, Grotten, magi&#x017F;che Tempel. Es mu&#x017F;s<lb/>
einen gro&#x017F;sen freien Platz zum Exerciren und zu<lb/>
gymna&#x017F;ti&#x017F;chen Uebungen; An&#x017F;talten zu Concer-<lb/>
ten, Schau&#x017F;pielen und zu anderen Uebungen der<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit haben. Es mu&#x017F;s eine Vorrich-<lb/>
tung haben, durch welche der Kranke &#x017F;cheinba-<lb/>
ren Gefahren ausge&#x017F;etzt und dadurch zur Selb&#x017F;t-<lb/>
hülfe aufgemuntert wird. Kurz die Heilan&#x017F;talt<lb/>
mu&#x017F;s alle bereits oben angezeigten Mittel in Be-<lb/>
reit&#x017F;chaft haben, die zur p&#x017F;ychi&#x017F;chen Kur noth-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[462/0467] Flieſen beſetzen, oder mit Käſeſirniſs und anderen feſten Tünchen überziehn, damit ſie nicht ein- ſaugen und abgewaſchen werden können. Die Fuſsböden werden von Eichenholz gemacht oder mit Marmor gepflaſtert und dann mit Decken be- legt. Man ſcheurt, wäſcht und räuchert fleiſsig mit überſäurter Salzſäure *). Die Zimmer müſſen einfach meublirt ſeyn, und im Winter mäſsig erwärmt werden. Einige Kranke vertragen die Hitze des Sommers nicht. Dieſe bekommen kühle Schlafgemächer im Erd- geſchoſs, und am Tage einen Aufenthaltsort in Grotten, am Waſſer, unter dickſchattigen Bäumen. Das Geſchirr der Raſenden beſteht aus Leder, Holz oder Metall, damit ſie es nicht zerbeiſsen. Auſserdem muſs die Irrenanſtalt alles in Be- reitſchaft haben, was zur pharmaceutiſchen und pſychiſchen Kur der Irrenden erfordert wird. Dahin rechne ich Traufen, Sturzbäder, Douchen, Höhlen, Grotten, magiſche Tempel. Es muſs einen groſsen freien Platz zum Exerciren und zu gymnaſtiſchen Uebungen; Anſtalten zu Concer- ten, Schauſpielen und zu anderen Uebungen der Aufmerkſamkeit haben. Es muſs eine Vorrich- tung haben, durch welche der Kranke ſcheinba- ren Gefahren ausgeſetzt und dadurch zur Selbſt- hülfe aufgemuntert wird. Kurz die Heilanſtalt muſs alle bereits oben angezeigten Mittel in Be- reitſchaft haben, die zur pſychiſchen Kur noth- *) Ann. de Chem. T. XXIX. 99 S.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/467
Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/467>, abgerufen am 25.11.2024.