eine Geneigtheit zur Wiederkehr in der Orga- nisation, die ursprünglich oder erworben ist, Krankheit des epigastrischen Geflechts, Anlage zur Tobsucht, falsche Leitungen der Irritabili- täts-Temperatur zurückgeblieben; so kömmt es vorzüglich auf körperliche Behandlung an. Der Kranke muss sich für Unmässigkeit in aller Rück- sicht hüten, Lebensart, Klima, Diät verändern, mit dem Körper arbeiten, wenn er vorher mit der Seele gearbeitet hat. Man sey behutsam im Früh- ling, bey heissem Wetter, bey Revolutionen im Körper z. B. Schwangerschaften. Man hüte ihn für Erschütterungen der Seele durch Leidenschaf- ten und für Anstrengungen derselben, besonders solchen, die auf Einen und auf einen abstrakten Ge- genstand gerichtet sind. War die Ursache mo- ralisch; so muss vorzüglich der Psychologe die Verhütung der Rückfälle bewirken. Er sorge dafür, dass alle Seelenkräfte in richtigen Verhält- nissen angebaut, die Aufmerksamkeit geübt, die Phantasie gezähmt, sie und das sinnliche Begeh- rungsvermögen der Herrschaft des Verstandes unterworfen werden. Er kläre die Begriffe des Kranken über den Werth solcher irdischen Dinge auf, die vorzüglich Ursache leidenschaftlicher Aufwallungen sind. Manche Arten von Ver- rücktheit können in einem hellen Kopf nie Wur- zel fassen. Das Seelenorgan wird gestärkt, wenn es seinen Kräften angemessen, in seinen verschied- nen Provinzen gleichmässig, durch abwechselnde
eine Geneigtheit zur Wiederkehr in der Orga- niſation, die urſprünglich oder erworben iſt, Krankheit des epigaſtriſchen Geflechts, Anlage zur Tobſucht, falſche Leitungen der Irritabili- täts-Temperatur zurückgeblieben; ſo kömmt es vorzüglich auf körperliche Behandlung an. Der Kranke muſs ſich für Unmäſsigkeit in aller Rück- ſicht hüten, Lebensart, Klima, Diät verändern, mit dem Körper arbeiten, wenn er vorher mit der Seele gearbeitet hat. Man ſey behutſam im Früh- ling, bey heiſsem Wetter, bey Revolutionen im Körper z. B. Schwangerſchaften. Man hüte ihn für Erſchütterungen der Seele durch Leidenſchaf- ten und für Anſtrengungen derſelben, beſonders ſolchen, die auf Einen und auf einen abſtrakten Ge- genſtand gerichtet ſind. War die Urſache mo- raliſch; ſo muſs vorzüglich der Pſychologe die Verhütung der Rückfälle bewirken. Er ſorge dafür, daſs alle Seelenkräfte in richtigen Verhält- niſſen angebaut, die Aufmerkſamkeit geübt, die Phantaſie gezähmt, ſie und das ſinnliche Begeh- rungsvermögen der Herrſchaft des Verſtandes unterworfen werden. Er kläre die Begriffe des Kranken über den Werth ſolcher irdiſchen Dinge auf, die vorzüglich Urſache leidenſchaftlicher Aufwallungen ſind. Manche Arten von Ver- rücktheit können in einem hellen Kopf nie Wur- zel faſſen. Das Seelenorgan wird geſtärkt, wenn es ſeinen Kräften angemeſſen, in ſeinen verſchied- nen Provinzen gleichmäſsig, durch abwechſelnde
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eine Geneigtheit zur Wiederkehr in der Orga-
niſation, die urſprünglich oder erworben iſt,
Krankheit des epigaſtriſchen Geflechts, Anlage
zur Tobſucht, falſche Leitungen der Irritabili-
täts-Temperatur zurückgeblieben; ſo kömmt es
vorzüglich auf körperliche Behandlung an. Der
Kranke muſs ſich für Unmäſsigkeit in aller Rück-
ſicht hüten, Lebensart, Klima, Diät verändern,
mit dem Körper arbeiten, wenn er vorher mit der
Seele gearbeitet hat. Man ſey behutſam im Früh-
ling, bey heiſsem Wetter, bey Revolutionen im
Körper z. B. Schwangerſchaften. Man hüte ihn
für Erſchütterungen der Seele durch Leidenſchaf-
ten und für Anſtrengungen derſelben, beſonders
ſolchen, die auf Einen und auf einen abſtrakten Ge-
genſtand gerichtet ſind. War die Urſache mo-
raliſch; ſo muſs vorzüglich der Pſychologe die
Verhütung der Rückfälle bewirken. Er ſorge
dafür, daſs alle Seelenkräfte in richtigen Verhält-
niſſen angebaut, die Aufmerkſamkeit geübt, die
Phantaſie gezähmt, ſie und das ſinnliche Begeh-
rungsvermögen der Herrſchaft des Verſtandes
unterworfen werden. Er kläre die Begriffe des
Kranken über den Werth ſolcher irdiſchen Dinge
auf, die vorzüglich Urſache leidenſchaftlicher
Aufwallungen ſind. Manche Arten von Ver-
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zel faſſen. Das Seelenorgan wird geſtärkt, wenn
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/457>, abgerufen am 22.11.2024.
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