Interesse anziehn, Spiele, die zugleich den Kör- per stärken, also Leibesübungen, oder scheinbare Gefahren seyn, die den Kranken nöthigen, sie und die Mittel zu beachten, die zu seiner Rettung dienen. In der Wahl dieser Uebungen müssen wir bloss ihren Hauptzweck, Weckung der Er- regbarkeit des Gehirns, vor Augen haben, und alle Nebenzwecke, z. B. Erweiterung der Kennt- nisse bey Seite setzen, die uns mit einem unbe- deutenden Vortheil in der Wahl der Mittel ein- schränken würden. Gymnastische Uebungen passen sehr gut. Die Aufmerksamkeit des Kranken wird durch sie genöthiget, mit einer gewissen Schnelligkeit von Moment zu Moment fortzugehen, darf keinen Gegenstand übersprin- gen, aber auch bey keinem zu lang verweilen. In der Folge, wenn der Kranke erst in der Be- achtung successiver Erscheinungen geübt ist, wählt man andere Leibesübungen, bey welchen es vor- züglich auf die Vertheilung der Aufmerksamkeit auf mehrere Punkte zu gleicher Zeit ankömmt.
Nun geht man zu wissenschaftlichen Uebun- gen fort. Zum Anfang dient die Mathematik, in welcher es auf strenge Beweise und auf ein stäti- ges Fortschreiten der Aufmerksamkeit von Punkt zu Punkt ankömmt. Durch sie wird also die raisonnirende Vernunft und das Vermögen der Seele den gegebnen Gegenstand festzuhalten ge- übt. In der Folge sucht man die Urtheilskraft in dem Abwägen der Gründe und Gegengründe,
Intereſſe anziehn, Spiele, die zugleich den Kör- per ſtärken, alſo Leibesübungen, oder ſcheinbare Gefahren ſeyn, die den Kranken nöthigen, ſie und die Mittel zu beachten, die zu ſeiner Rettung dienen. In der Wahl dieſer Uebungen müſſen wir bloſs ihren Hauptzweck, Weckung der Er- regbarkeit des Gehirns, vor Augen haben, und alle Nebenzwecke, z. B. Erweiterung der Kennt- niſſe bey Seite ſetzen, die uns mit einem unbe- deutenden Vortheil in der Wahl der Mittel ein- ſchränken würden. Gymnaſtiſche Uebungen paſſen ſehr gut. Die Aufmerkſamkeit des Kranken wird durch ſie genöthiget, mit einer gewiſſen Schnelligkeit von Moment zu Moment fortzugehen, darf keinen Gegenſtand überſprin- gen, aber auch bey keinem zu lang verweilen. In der Folge, wenn der Kranke erſt in der Be- achtung ſucceſſiver Erſcheinungen geübt iſt, wählt man andere Leibesübungen, bey welchen es vor- züglich auf die Vertheilung der Aufmerkſamkeit auf mehrere Punkte zu gleicher Zeit ankömmt.
Nun geht man zu wiſſenſchaftlichen Uebun- gen fort. Zum Anfang dient die Mathematik, in welcher es auf ſtrenge Beweiſe und auf ein ſtäti- ges Fortſchreiten der Aufmerkſamkeit von Punkt zu Punkt ankömmt. Durch ſie wird alſo die raiſonnirende Vernunft und das Vermögen der Seele den gegebnen Gegenſtand feſtzuhalten ge- übt. In der Folge ſucht man die Urtheilskraft in dem Abwägen der Gründe und Gegengründe,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0442"n="437"/>
Intereſſe anziehn, Spiele, die zugleich den Kör-<lb/>
per ſtärken, alſo Leibesübungen, oder ſcheinbare<lb/>
Gefahren ſeyn, die den Kranken nöthigen, ſie und<lb/>
die Mittel zu beachten, die zu ſeiner Rettung<lb/>
dienen. In der Wahl dieſer Uebungen müſſen<lb/>
wir bloſs ihren Hauptzweck, Weckung der Er-<lb/>
regbarkeit des Gehirns, vor Augen haben, und<lb/>
alle Nebenzwecke, z. B. Erweiterung der Kennt-<lb/>
niſſe bey Seite ſetzen, die uns mit einem unbe-<lb/>
deutenden Vortheil in der Wahl der Mittel ein-<lb/>ſchränken würden. Gymnaſtiſche Uebungen<lb/>
paſſen ſehr gut. Die Aufmerkſamkeit des<lb/>
Kranken wird durch ſie genöthiget, mit einer<lb/>
gewiſſen Schnelligkeit von Moment zu Moment<lb/>
fortzugehen, darf keinen Gegenſtand überſprin-<lb/>
gen, aber auch bey keinem zu lang verweilen.<lb/>
In der Folge, wenn der Kranke erſt in der Be-<lb/>
achtung ſucceſſiver Erſcheinungen geübt iſt, wählt<lb/>
man andere Leibesübungen, bey welchen es vor-<lb/>
züglich auf die Vertheilung der Aufmerkſamkeit<lb/>
auf mehrere Punkte zu gleicher Zeit ankömmt.</p><lb/><p>Nun geht man zu wiſſenſchaftlichen Uebun-<lb/>
gen fort. Zum Anfang dient die Mathematik, in<lb/>
welcher es auf ſtrenge Beweiſe und auf ein ſtäti-<lb/>
ges Fortſchreiten der Aufmerkſamkeit von Punkt<lb/>
zu Punkt ankömmt. Durch ſie wird alſo die<lb/>
raiſonnirende Vernunft und das Vermögen der<lb/>
Seele den gegebnen Gegenſtand feſtzuhalten ge-<lb/>
übt. In der Folge ſucht man die Urtheilskraft<lb/>
in dem Abwägen der Gründe und Gegengründe,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[437/0442]
Intereſſe anziehn, Spiele, die zugleich den Kör-
per ſtärken, alſo Leibesübungen, oder ſcheinbare
Gefahren ſeyn, die den Kranken nöthigen, ſie und
die Mittel zu beachten, die zu ſeiner Rettung
dienen. In der Wahl dieſer Uebungen müſſen
wir bloſs ihren Hauptzweck, Weckung der Er-
regbarkeit des Gehirns, vor Augen haben, und
alle Nebenzwecke, z. B. Erweiterung der Kennt-
niſſe bey Seite ſetzen, die uns mit einem unbe-
deutenden Vortheil in der Wahl der Mittel ein-
ſchränken würden. Gymnaſtiſche Uebungen
paſſen ſehr gut. Die Aufmerkſamkeit des
Kranken wird durch ſie genöthiget, mit einer
gewiſſen Schnelligkeit von Moment zu Moment
fortzugehen, darf keinen Gegenſtand überſprin-
gen, aber auch bey keinem zu lang verweilen.
In der Folge, wenn der Kranke erſt in der Be-
achtung ſucceſſiver Erſcheinungen geübt iſt, wählt
man andere Leibesübungen, bey welchen es vor-
züglich auf die Vertheilung der Aufmerkſamkeit
auf mehrere Punkte zu gleicher Zeit ankömmt.
Nun geht man zu wiſſenſchaftlichen Uebun-
gen fort. Zum Anfang dient die Mathematik, in
welcher es auf ſtrenge Beweiſe und auf ein ſtäti-
ges Fortſchreiten der Aufmerkſamkeit von Punkt
zu Punkt ankömmt. Durch ſie wird alſo die
raiſonnirende Vernunft und das Vermögen der
Seele den gegebnen Gegenſtand feſtzuhalten ge-
übt. In der Folge ſucht man die Urtheilskraft
in dem Abwägen der Gründe und Gegengründe,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/442>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.