Zwecken, sondern weil ein innerer blinder und or- ganischer Drang sie bestimmt. Der Kranke übt als Automat Grausamkeiten aus, ohne dass Vorstel- lungen der Lust oder Unlust, fixe Ideen oder Täu- schungen der Einbildungskraft ihn dazu leiteten. Seine Vernunft und sein Handlungsvermögen ha- ben ihre Verhältnisse gegen einander umgetauscht; jene ist in Kampf gegen dies gerathen oder gar Subaltern desselben geworden, statt dass sie es bestimmen sollte. Sie kämpft mit dem wilden Instinct zu blutdürstigen Handlungen, ohne ihr Herrscherrecht behaupten zu können, ja sie wird sogar genöthiget, die raffinirtesten Mittel zur Ge- nügung des blinden Drangs aufzusuchen. Der Kranke wählt, weil sein Verstand nicht verkehrt ist, planmässig und mit Ueberlegung die Mittel zur Ausführung seines Vorhabens, Waffen, Ort und Zeit und mordet nun eine bestimmte Person oder jeden Menschen, der ihm in dem Anfall der Wuth vorkommt. Daher sind auch einige dieser Kranken es sich bewusst, an welcher Krankheit sie leiden, wodurch sie sich von allen andern Ver- rückten unterscheiden. Sie fühlen die Annähe- rung des Anfalls, warnen ihre Freunde in dem- selben sich für sie zu hüten, dringen gar auf ihre Einsperrung, kündigen die Abnahme und das Ende ihrer wilden Triebe an und erinnern sich derselben in dem Intervall der Apyrexie. Ja dies Bewusstseyn ihrer traurigen Krankheit kann sie sogar so sehr ängstigen, dass sie darüber in
Zwecken, ſondern weil ein innerer blinder und or- ganiſcher Drang ſie beſtimmt. Der Kranke übt als Automat Grauſamkeiten aus, ohne daſs Vorſtel- lungen der Luſt oder Unluſt, fixe Ideen oder Täu- ſchungen der Einbildungskraft ihn dazu leiteten. Seine Vernunft und ſein Handlungsvermögen ha- ben ihre Verhältniſſe gegen einander umgetauſcht; jene iſt in Kampf gegen dies gerathen oder gar Subaltern deſſelben geworden, ſtatt daſs ſie es beſtimmen ſollte. Sie kämpft mit dem wilden Inſtinct zu blutdürſtigen Handlungen, ohne ihr Herrſcherrecht behaupten zu können, ja ſie wird ſogar genöthiget, die raffinirteſten Mittel zur Ge- nügung des blinden Drangs aufzuſuchen. Der Kranke wählt, weil ſein Verſtand nicht verkehrt iſt, planmäſsig und mit Ueberlegung die Mittel zur Ausführung ſeines Vorhabens, Waffen, Ort und Zeit und mordet nun eine beſtimmte Perſon oder jeden Menſchen, der ihm in dem Anfall der Wuth vorkommt. Daher ſind auch einige dieſer Kranken es ſich bewuſst, an welcher Krankheit ſie leiden, wodurch ſie ſich von allen andern Ver- rückten unterſcheiden. Sie fühlen die Annähe- rung des Anfalls, warnen ihre Freunde in dem- ſelben ſich für ſie zu hüten, dringen gar auf ihre Einſperrung, kündigen die Abnahme und das Ende ihrer wilden Triebe an und erinnern ſich derſelben in dem Intervall der Apyrexie. Ja dies Bewuſstſeyn ihrer traurigen Krankheit kann ſie ſogar ſo ſehr ängſtigen, daſs ſie darüber in
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Zwecken, ſondern weil ein innerer blinder und or-
ganiſcher Drang ſie beſtimmt. Der Kranke übt als
Automat Grauſamkeiten aus, ohne daſs Vorſtel-
lungen der Luſt oder Unluſt, fixe Ideen oder Täu-
ſchungen der Einbildungskraft ihn dazu leiteten.
Seine Vernunft und ſein Handlungsvermögen ha-
ben ihre Verhältniſſe gegen einander umgetauſcht;
jene iſt in Kampf gegen dies gerathen oder gar
Subaltern deſſelben geworden, ſtatt daſs ſie es
beſtimmen ſollte. Sie kämpft mit dem wilden
Inſtinct zu blutdürſtigen Handlungen, ohne ihr
Herrſcherrecht behaupten zu können, ja ſie wird
ſogar genöthiget, die raffinirteſten Mittel zur Ge-
nügung des blinden Drangs aufzuſuchen. Der
Kranke wählt, weil ſein Verſtand nicht verkehrt
iſt, planmäſsig und mit Ueberlegung die Mittel
zur Ausführung ſeines Vorhabens, Waffen, Ort
und Zeit und mordet nun eine beſtimmte Perſon
oder jeden Menſchen, der ihm in dem Anfall der
Wuth vorkommt. Daher ſind auch einige dieſer
Kranken es ſich bewuſst, an welcher Krankheit
ſie leiden, wodurch ſie ſich von allen andern Ver-
rückten unterſcheiden. Sie fühlen die Annähe-
rung des Anfalls, warnen ihre Freunde in dem-
ſelben ſich für ſie zu hüten, dringen gar auf ihre
Einſperrung, kündigen die Abnahme und das
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derſelben in dem Intervall der Apyrexie. Ja
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/393>, abgerufen am 23.11.2024.
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