Drang eintritt, der Freund und Feind nicht unter- scheiden kann.
Das Vorstellungsvermögen kann auf ver- schiedene Art, ursprünglich oder secundair mit- leiden. Dem Blödsinn, der Narrheit und dem fixen Wahn kann sich Tobsucht zugesellen, wo dann der concrete Krankheitsfall aus einem Ge- mische dieser und jener Krankheiten besteht. Daher sind die rasenden Handlungen ursprünglich melancholischer Menschen bald Produkte ihrer fixen Ideen, bald Symptome einer mitvorhandnen Tobsucht. Allein das Vorstellungsvermögen ist ausserdem noch bey der Raserey, sofern in der- selben das ganze Nervensystem leidet, mit afficirt. Doch steht in beiden Fällen sein Zustand für sich, und ist nicht Ursache der Wuth. Es leidet in transitorischen Paroxismen, die mit denen der Tobsucht gleichzeitig sind. Unmittelbar zur Zeit, wo die Tobsucht in seinen heftigsten Anfällen ob- waltet, scheint das Vorstellungsvermögen entweder an einer schnellen Flucht der Ideen oder an einer Catalepsie zu leiden, durch welche die Freiheit des Willens beschränkt und gleichsam ausser Verbindung mit den Vorstellungen gesetzt ist. In dem letzten Zustand befindet sich der Rasende, der an der sogenannten stillen Wuth leidet, oder rastloss seine Ketten schüttelt. In dem ersten Fall braust ein loderndes Feuer in der Phantasie, isolirte und lossgebundene Vorstellungen drängen sich zu und fliehn pfeilschnell vorüber, dass die Aufmerk-
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Drang eintritt, der Freund und Feind nicht unter- ſcheiden kann.
Das Vorſtellungsvermögen kann auf ver- ſchiedene Art, urſprünglich oder ſecundair mit- leiden. Dem Blödſinn, der Narrheit und dem fixen Wahn kann ſich Tobſucht zugeſellen, wo dann der concrete Krankheitsfall aus einem Ge- miſche dieſer und jener Krankheiten beſteht. Daher ſind die raſenden Handlungen urſprünglich melancholiſcher Menſchen bald Produkte ihrer fixen Ideen, bald Symptome einer mitvorhandnen Tobſucht. Allein das Vorſtellungsvermögen iſt auſserdem noch bey der Raſerey, ſofern in der- ſelben das ganze Nervenſyſtem leidet, mit afficirt. Doch ſteht in beiden Fällen ſein Zuſtand für ſich, und iſt nicht Urſache der Wuth. Es leidet in tranſitoriſchen Paroxiſmen, die mit denen der Tobſucht gleichzeitig ſind. Unmittelbar zur Zeit, wo die Tobſucht in ſeinen heftigſten Anfällen ob- waltet, ſcheint das Vorſtellungsvermögen entweder an einer ſchnellen Flucht der Ideen oder an einer Catalepſie zu leiden, durch welche die Freiheit des Willens beſchränkt und gleichſam auſser Verbindung mit den Vorſtellungen geſetzt iſt. In dem letzten Zuſtand befindet ſich der Raſende, der an der ſogenannten ſtillen Wuth leidet, oder raſtloſs ſeine Ketten ſchüttelt. In dem erſten Fall brauſt ein loderndes Feuer in der Phantaſie, iſolirte und loſsgebundene Vorſtellungen drängen ſich zu und fliehn pfeilſchnell vorüber, daſs die Aufmerk-
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Drang eintritt, der Freund und Feind nicht unter-
ſcheiden kann.
Das Vorſtellungsvermögen kann auf ver-
ſchiedene Art, urſprünglich oder ſecundair mit-
leiden. Dem Blödſinn, der Narrheit und dem
fixen Wahn kann ſich Tobſucht zugeſellen, wo
dann der concrete Krankheitsfall aus einem Ge-
miſche dieſer und jener Krankheiten beſteht.
Daher ſind die raſenden Handlungen urſprünglich
melancholiſcher Menſchen bald Produkte ihrer
fixen Ideen, bald Symptome einer mitvorhandnen
Tobſucht. Allein das Vorſtellungsvermögen iſt
auſserdem noch bey der Raſerey, ſofern in der-
ſelben das ganze Nervenſyſtem leidet, mit afficirt.
Doch ſteht in beiden Fällen ſein Zuſtand für ſich,
und iſt nicht Urſache der Wuth. Es leidet in
tranſitoriſchen Paroxiſmen, die mit denen der
Tobſucht gleichzeitig ſind. Unmittelbar zur Zeit,
wo die Tobſucht in ſeinen heftigſten Anfällen ob-
waltet, ſcheint das Vorſtellungsvermögen entweder
an einer ſchnellen Flucht der Ideen oder an
einer Catalepſie zu leiden, durch welche die
Freiheit des Willens beſchränkt und gleichſam
auſser Verbindung mit den Vorſtellungen geſetzt iſt.
In dem letzten Zuſtand befindet ſich der Raſende,
der an der ſogenannten ſtillen Wuth leidet, oder
raſtloſs ſeine Ketten ſchüttelt. In dem erſten Fall
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/376>, abgerufen am 27.11.2024.
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