von selbst verschwinden und durchgehends durch Arzneien, wenigstens nicht direct, geheilt werden können. Ein Mädchen von funfzehn Jahren, erzählt Dörner*), sang in einem Anfall ihrer Krankheit Lieder auswendig und melodisch, deren sie sich ausser demselben nicht erinnerte, und sie noch weniger nach der Melodie singen konnte; denn sie sang schlecht. In einem andern Anfall las sie aus bekannten und unbekannten Büchern mit der richtigsten Deklamation, welches sie sonst nicht konnte. Endlich sagte sie es zuweilen vorher, wer eben in ihr Haus treten würde, ohne sich zu irren. Kurz ihre Seelenkräfte waren in einem Grade erhöht, wie bey einer Clairvoyante. Endlich bestätigen die Weiber, welche in der Schwangerschaft schwermüthig und im Wochen- bette rasend werden, den Einfluss des Genera- tionssystems auf das Gehirn. Doch davon unten mehr.
Zwischen beiden Endpunkten der Organisa- tion liegen zwey andere merkwürdige Heerde, die phrenische Gegend und das Sonnen- geflecht.
Zur phrenischen Gegend rechne ich das Herz, das Zwergfell, den obern Magenmund und den Magen, welche ihre Nerven vom achten Paar, den Zwergfellsnerven und den grossen sympathischen Nerven bekommen. Bey ihrem
*)Mauchart l. c. 5. Bd. 75 S.
von ſelbſt verſchwinden und durchgehends durch Arzneien, wenigſtens nicht direct, geheilt werden können. Ein Mädchen von funfzehn Jahren, erzählt Dörner*), ſang in einem Anfall ihrer Krankheit Lieder auswendig und melodiſch, deren ſie ſich auſser demſelben nicht erinnerte, und ſie noch weniger nach der Melodie ſingen konnte; denn ſie ſang ſchlecht. In einem andern Anfall las ſie aus bekannten und unbekannten Büchern mit der richtigſten Deklamation, welches ſie ſonſt nicht konnte. Endlich ſagte ſie es zuweilen vorher, wer eben in ihr Haus treten würde, ohne ſich zu irren. Kurz ihre Seelenkräfte waren in einem Grade erhöht, wie bey einer Clairvoyante. Endlich beſtätigen die Weiber, welche in der Schwangerſchaft ſchwermüthig und im Wochen- bette raſend werden, den Einfluſs des Genera- tionsſyſtems auf das Gehirn. Doch davon unten mehr.
Zwiſchen beiden Endpunkten der Organiſa- tion liegen zwey andere merkwürdige Heerde, die phreniſche Gegend und das Sonnen- geflecht.
Zur phreniſchen Gegend rechne ich das Herz, das Zwergfell, den obern Magenmund und den Magen, welche ihre Nerven vom achten Paar, den Zwergfellsnerven und den groſsen ſympathiſchen Nerven bekommen. Bey ihrem
*)Mauchart l. c. 5. Bd. 75 S.
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von ſelbſt verſchwinden und durchgehends durch
Arzneien, wenigſtens nicht direct, geheilt werden
können. Ein Mädchen von funfzehn Jahren,
erzählt Dörner *), ſang in einem Anfall ihrer
Krankheit Lieder auswendig und melodiſch, deren
ſie ſich auſser demſelben nicht erinnerte, und ſie
noch weniger nach der Melodie ſingen konnte;
denn ſie ſang ſchlecht. In einem andern Anfall
las ſie aus bekannten und unbekannten Büchern
mit der richtigſten Deklamation, welches ſie
ſonſt nicht konnte. Endlich ſagte ſie es zuweilen
vorher, wer eben in ihr Haus treten würde, ohne
ſich zu irren. Kurz ihre Seelenkräfte waren in
einem Grade erhöht, wie bey einer Clairvoyante.
Endlich beſtätigen die Weiber, welche in der
Schwangerſchaft ſchwermüthig und im Wochen-
bette raſend werden, den Einfluſs des Genera-
tionsſyſtems auf das Gehirn. Doch davon unten
mehr.
Zwiſchen beiden Endpunkten der Organiſa-
tion liegen zwey andere merkwürdige Heerde, die
phreniſche Gegend und das Sonnen-
geflecht.
Zur phreniſchen Gegend rechne ich
das Herz, das Zwergfell, den obern Magenmund
und den Magen, welche ihre Nerven vom achten
Paar, den Zwergfellsnerven und den groſsen
ſympathiſchen Nerven bekommen. Bey ihrem
*) Mauchart l. c. 5. Bd. 75 S.
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/268>, abgerufen am 25.11.2024.
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