welche unsere Vorstellungen, Phantasieen, Be- griffe und Urtheile, als äussere Potenzen, auf den Kranken übergetragen werden. Durch sie nöthigen wir sein Gehirn zu Oscillationen, die denen analog sind, durch welche die mitgetheil- ten Vorstellungen entstanden und von welchen wir voraussetzen, dass sie der Norm gemäss sind. Wiederholte Thätigkeiten werden zu Fertigkeiten. Durch sie suchen wir den Vorrath der Ideen des Kranken zu vermehren, die vorhandenen zu be- richtigen, und dies auf eine Art, wie es dem Zwecke der Correction seiner Seelenvermögen angemessen ist. Durch sie können wir der Seele, unter günstigen Umständen, die nemlichen Er- schütterungen mittheilen, die wir durch die psy- chischen Mittel der beiden ersten Classen beabsich- tigen. Sie können den Starrsüchtigen wecken, den Flatterhaften fixiren, sie können den Kranken zur Besonnenheit und Aufmerksamkeit bringen, ihn unterjochen, jede Leidenschaft, Furcht, Ehr- furcht, Liebe, Zutrauen in ihm hevorrufen. Ja sie müssen meistentheils den erstgedachten Mitteln, durch ihre Verknüpfung mit denselben, gleich- sam erst lebendige Kraft und eine bestimmte Tendenz mittheilen. Das blanke Schwerdt mit einem donnernden quos ego! wirkt zur Zäh- mung der Rasenden unendlich mehr, als das blanke Schwerdt allein. Doch haben sie ausserdem ihren eigenen und höheren Wirkungskreis. Durch sie beabsichtigen wir nemlich hauptsächlich den An-
welche unſere Vorſtellungen, Phantaſieen, Be- griffe und Urtheile, als äuſsere Potenzen, auf den Kranken übergetragen werden. Durch ſie nöthigen wir ſein Gehirn zu Oſcillationen, die denen analog ſind, durch welche die mitgetheil- ten Vorſtellungen entſtanden und von welchen wir vorausſetzen, daſs ſie der Norm gemäſs ſind. Wiederholte Thätigkeiten werden zu Fertigkeiten. Durch ſie ſuchen wir den Vorrath der Ideen des Kranken zu vermehren, die vorhandenen zu be- richtigen, und dies auf eine Art, wie es dem Zwecke der Correction ſeiner Seelenvermögen angemeſſen iſt. Durch ſie können wir der Seele, unter günſtigen Umſtänden, die nemlichen Er- ſchütterungen mittheilen, die wir durch die pſy- chiſchen Mittel der beiden erſten Claſſen beabſich- tigen. Sie können den Starrſüchtigen wecken, den Flatterhaften fixiren, ſie können den Kranken zur Beſonnenheit und Aufmerkſamkeit bringen, ihn unterjochen, jede Leidenſchaft, Furcht, Ehr- furcht, Liebe, Zutrauen in ihm hevorrufen. Ja ſie müſſen meiſtentheils den erſtgedachten Mitteln, durch ihre Verknüpfung mit denſelben, gleich- ſam erſt lebendige Kraft und eine beſtimmte Tendenz mittheilen. Das blanke Schwerdt mit einem donnernden quos ego! wirkt zur Zäh- mung der Raſenden unendlich mehr, als das blanke Schwerdt allein. Doch haben ſie auſserdem ihren eigenen und höheren Wirkungskreis. Durch ſie beabſichtigen wir nemlich hauptſächlich den An-
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welche unſere Vorſtellungen, Phantaſieen, Be-
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den Kranken übergetragen werden. Durch ſie
nöthigen wir ſein Gehirn zu Oſcillationen, die
denen analog ſind, durch welche die mitgetheil-
ten Vorſtellungen entſtanden und von welchen wir
vorausſetzen, daſs ſie der Norm gemäſs ſind.
Wiederholte Thätigkeiten werden zu Fertigkeiten.
Durch ſie ſuchen wir den Vorrath der Ideen des
Kranken zu vermehren, die vorhandenen zu be-
richtigen, und dies auf eine Art, wie es dem
Zwecke der Correction ſeiner Seelenvermögen
angemeſſen iſt. Durch ſie können wir der Seele,
unter günſtigen Umſtänden, die nemlichen Er-
ſchütterungen mittheilen, die wir durch die pſy-
chiſchen Mittel der beiden erſten Claſſen beabſich-
tigen. Sie können den Starrſüchtigen wecken,
den Flatterhaften fixiren, ſie können den Kranken
zur Beſonnenheit und Aufmerkſamkeit bringen,
ihn unterjochen, jede Leidenſchaft, Furcht, Ehr-
furcht, Liebe, Zutrauen in ihm hevorrufen. Ja
ſie müſſen meiſtentheils den erſtgedachten Mitteln,
durch ihre Verknüpfung mit denſelben, gleich-
ſam erſt lebendige Kraft und eine beſtimmte
Tendenz mittheilen. Das blanke Schwerdt mit
einem donnernden quos ego! wirkt zur Zäh-
mung der Raſenden unendlich mehr, als das blanke
Schwerdt allein. Doch haben ſie auſserdem ihren
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/217>, abgerufen am 25.11.2024.
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