wahrscheinlich, dass durch eine eigenthümliche Locomotivität aetherisch-gasförmiger Substanzen, und durch den Wechsel ihrer + und -- Natur, die entgegengesezten Pole im Microcosmus umge- tauscht und das Innere der Organisation gleichsam nach aussen gekehrt werden könne. Der Nacht- wandler producirt die nemlichen Handlungen, die wir am Tage nach den Gesetzen der Willens- freiheit bewirken, unter einer anderer Vorzeich- nung, im Schlaf, und in einer illüstren Grösse, die uns in Erstaunen setzt. Er produdirt sie ge- zwungen, als Automat, ohne klares Bewusstseyn und Spontaneität, durch die abgemessenen Reflec- tionspunkte seiner Nerven-Organisation.
Wir stellen die Veränderungen in den Vor- höfen unseres Tempels als Lust und Schmerz, und die feinern Spiele im Allerheiligsten als An- schauungen und Imaginationen vor, knüpfen sie, als uns angehörig, in unserem Selbstbewusst- seyn zusammen, und werden dadurch instinctmä- ssig zum Begehren und Verabscheuen getrieben, und beschränkt von Zeit und Raum, durch Ba- stard-Vorstellungen geäft, in welchen wir das Ich und Nichtich wie die Grundfarben in der Grünen verlieren.
Eine andere Reflection! Ist unser Verhalten gegen diese Unglücklichsten unserer Mitbrüder der Gesetzgebung der Vernunft gemäss? Leider nein! Indolenz, Habsucht, Eigennutz, Intrigue und kalte Barbarey liegen auch hier, wie überall,
wahrſcheinlich, daſs durch eine eigenthümliche Locomotivität aetheriſch-gasförmiger Subſtanzen, und durch den Wechſel ihrer + und — Natur, die entgegengeſezten Pole im Microcosmus umge- tauſcht und das Innere der Organiſation gleichſam nach auſsen gekehrt werden könne. Der Nacht- wandler producirt die nemlichen Handlungen, die wir am Tage nach den Geſetzen der Willens- freiheit bewirken, unter einer anderer Vorzeich- nung, im Schlaf, und in einer illüſtren Gröſse, die uns in Erſtaunen ſetzt. Er produdirt ſie ge- zwungen, als Automat, ohne klares Bewuſstſeyn und Spontaneität, durch die abgemeſſenen Reflec- tionspunkte ſeiner Nerven-Organiſation.
Wir ſtellen die Veränderungen in den Vor- höfen unſeres Tempels als Luſt und Schmerz, und die feinern Spiele im Allerheiligſten als An- ſchauungen und Imaginationen vor, knüpfen ſie, als uns angehörig, in unſerem Selbſtbewuſst- ſeyn zuſammen, und werden dadurch inſtinctmä- ſsig zum Begehren und Verabſcheuen getrieben, und beſchränkt von Zeit und Raum, durch Ba- ſtard-Vorſtellungen geäft, in welchen wir das Ich und Nichtich wie die Grundfarben in der Grünen verlieren.
Eine andere Reflection! Iſt unſer Verhalten gegen dieſe Unglücklichſten unſerer Mitbrüder der Geſetzgebung der Vernunft gemäſs? Leider nein! Indolenz, Habſucht, Eigennutz, Intrigue und kalte Barbarey liegen auch hier, wie überall,
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wahrſcheinlich, daſs durch eine eigenthümliche
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die entgegengeſezten Pole im Microcosmus umge-
tauſcht und das Innere der Organiſation gleichſam
nach auſsen gekehrt werden könne. Der Nacht-
wandler producirt die nemlichen Handlungen,
die wir am Tage nach den Geſetzen der Willens-
freiheit bewirken, unter einer anderer Vorzeich-
nung, im Schlaf, und in einer illüſtren Gröſse,
die uns in Erſtaunen ſetzt. Er produdirt ſie ge-
zwungen, als Automat, ohne klares Bewuſstſeyn
und Spontaneität, durch die abgemeſſenen Reflec-
tionspunkte ſeiner Nerven-Organiſation.
Wir ſtellen die Veränderungen in den Vor-
höfen unſeres Tempels als Luſt und Schmerz,
und die feinern Spiele im Allerheiligſten als An-
ſchauungen und Imaginationen vor, knüpfen
ſie, als uns angehörig, in unſerem Selbſtbewuſst-
ſeyn zuſammen, und werden dadurch inſtinctmä-
ſsig zum Begehren und Verabſcheuen getrieben,
und beſchränkt von Zeit und Raum, durch Ba-
ſtard-Vorſtellungen geäft, in welchen wir das Ich
und Nichtich wie die Grundfarben in der Grünen
verlieren.
Eine andere Reflection! Iſt unſer Verhalten
gegen dieſe Unglücklichſten unſerer Mitbrüder
der Geſetzgebung der Vernunft gemäſs? Leider
nein! Indolenz, Habſucht, Eigennutz, Intrigue
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/15>, abgerufen am 27.11.2024.
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