Man muß sich aber nicht einbilden, als wenn es mit dieser zubereiteten Erde alleine gethan wä- re, und als ob man die alten Nelken-Stöcke bestän- dig darinnen könte stehen lassen. Nein: Wenn die Stöcke ein oder auf das höchste zwey Jahr in einen Scherben gestanden, so sind die Kräfte theils durch die Wurzeln, theils durch das ablaufende Wasser von dem Begießen, aus der Erde hinweg genommen worden. Um dieser Ursache willen muß man die Stöcke aus den Scherben sturzen, die Erde samt den Würzelchen rings herum mit ei- nem Messer beschneiden, und den Stock wiederum in den Scherben setzen, und solchen von der fri- schen zubereiteten Erde von neuem volfüllen und solche angießen.
Jn dieser Erde werden gewiß alle Nelken- Stöcke wohl gedeyen, und man glaube ja nicht, wie in vielen Garten-Büchern angegeben wird, daß die leibfarbene Nelken eine ganz unterschie- dene Erde, als die andern, erfordern. Denn über- haupt ist der Graß-Blumen ihre Natur und Eigen- schaft einerley, folglich verlangen sie auch einer- ley Erdreich.
§. 4.
Von ver- geblichen Künsteleyen mit der Er- de.
Alle andere mit der Erde vorgenommene Kün- steleyen und deßfals gegebene Recepte, welche man in den Garten Geheimnissen und andern Bü- chern findet, und wodurch man den Nelken und andern Blumen, diese und jene besondere Farbe wil zuwege bringen, sind vergebens, und gehören
unter
Zweytes Cap. Von Erziehung
Man muß ſich aber nicht einbilden, als wenn es mit dieſer zubereiteten Erde alleine gethan waͤ- re, und als ob man die alten Nelken-Stoͤcke beſtaͤn- dig darinnen koͤnte ſtehen laſſen. Nein: Wenn die Stoͤcke ein oder auf das hoͤchſte zwey Jahr in einen Scherben geſtanden, ſo ſind die Kraͤfte theils durch die Wurzeln, theils durch das ablaufende Waſſer von dem Begießen, aus der Erde hinweg genommen worden. Um dieſer Urſache willen muß man die Stoͤcke aus den Scherben ſturzen, die Erde ſamt den Wuͤrzelchen rings herum mit ei- nem Meſſer beſchneiden, und den Stock wiederum in den Scherben ſetzen, und ſolchen von der fri- ſchen zubereiteten Erde von neuem volfuͤllen und ſolche angießen.
Jn dieſer Erde werden gewiß alle Nelken- Stoͤcke wohl gedeyen, und man glaube ja nicht, wie in vielen Garten-Buͤchern angegeben wird, daß die leibfarbene Nelken eine ganz unterſchie- dene Erde, als die andern, erfordern. Denn uͤber- haupt iſt der Graß-Blumen ihre Natur und Eigen- ſchaft einerley, folglich verlangen ſie auch einer- ley Erdreich.
§. 4.
Von ver- geblichen Kuͤnſteleyen mit der Er- de.
Alle andere mit der Erde vorgenommene Kuͤn- ſteleyen und deßfals gegebene Recepte, welche man in den Garten Geheimniſſen und andern Buͤ- chern findet, und wodurch man den Nelken und andern Blumen, dieſe und jene beſondere Farbe wil zuwege bringen, ſind vergebens, und gehoͤren
unter
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Zweytes Cap. Von Erziehung
Man muß ſich aber nicht einbilden, als wenn
es mit dieſer zubereiteten Erde alleine gethan waͤ-
re, und als ob man die alten Nelken-Stoͤcke beſtaͤn-
dig darinnen koͤnte ſtehen laſſen. Nein: Wenn
die Stoͤcke ein oder auf das hoͤchſte zwey Jahr in
einen Scherben geſtanden, ſo ſind die Kraͤfte theils
durch die Wurzeln, theils durch das ablaufende
Waſſer von dem Begießen, aus der Erde hinweg
genommen worden. Um dieſer Urſache willen muß
man die Stoͤcke aus den Scherben ſturzen, die
Erde ſamt den Wuͤrzelchen rings herum mit ei-
nem Meſſer beſchneiden, und den Stock wiederum
in den Scherben ſetzen, und ſolchen von der fri-
ſchen zubereiteten Erde von neuem volfuͤllen und
ſolche angießen.
Jn dieſer Erde werden gewiß alle Nelken-
Stoͤcke wohl gedeyen, und man glaube ja nicht,
wie in vielen Garten-Buͤchern angegeben wird,
daß die leibfarbene Nelken eine ganz unterſchie-
dene Erde, als die andern, erfordern. Denn uͤber-
haupt iſt der Graß-Blumen ihre Natur und Eigen-
ſchaft einerley, folglich verlangen ſie auch einer-
ley Erdreich.
§. 4.
Alle andere mit der Erde vorgenommene Kuͤn-
ſteleyen und deßfals gegebene Recepte, welche
man in den Garten Geheimniſſen und andern Buͤ-
chern findet, und wodurch man den Nelken und
andern Blumen, dieſe und jene beſondere Farbe
wil zuwege bringen, ſind vergebens, und gehoͤren
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Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 6. 2. Aufl. Erfurt, 1765, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz06_1755/64>, abgerufen am 22.02.2025.
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