Klingern, oder andere kleine Bächlein, sondern auch vielmal über den Gehra-Fluß, und über unsern Stadt-Graben schwimmen sehen, welche ziemlich breit sind.
Weil die Maulwürfe ihren Aufenthalt unter der Erde haben, und ihre Nahrung daselbst im Finstern suchen, folglich auch ordentlich keines Ge- sichtes benöthiget sind, ausser wenn sie, welches sel- ten geschiehet, aus ihren Löchern ein wenig heraus gehen; so hat ihnen die Natur auch sehr kleine Augen gegeben, welche nicht viel grösser sind als ein Mohnen-Körnlein, aber doch am gehörigen Orte stehen, auch mit Augenliedern versehen sind, und in allen Stücken die ordentliche Structur ei- nes Auges haben.
Aber eben daher, weil sie sehr kleine Augen haben, ist es gekommen, daß sie so wohl in den äl- ter als neuern Zeiten, von vielen vor blind sind gehalten worden.
Und von eben dieser falschen Meinung, daß die Maulwürfe blind wären, sind auch allerhand Sprichwörter, Fabeln und Sinnbilder hergekom- men.
Es hat auch Jacobus Thomasius ein besonder Tractätlein zwey Bogen stark, von dem wieder- gefundenen Gesichte der sonst blinden Maulwürfe geschrieben, welches aus dem Lateinischen ins Teutsche übersetzet ist.
Desgleichen hat Chr. Fr. Paulini in seiner Langen Weile p. 49. das Gesicht der Maulwürfe zu retten gesuchet, und deutlich bewiesen daß sie Au- gen haben.
Allein,
Das ſechſte Capitel. Von einigen
Klingern, oder andere kleine Baͤchlein, ſondern auch vielmal uͤber den Gehra-Fluß, und uͤber unſern Stadt-Graben ſchwimmen ſehen, welche ziemlich breit ſind.
Weil die Maulwuͤrfe ihren Aufenthalt unter der Erde haben, und ihre Nahrung daſelbſt im Finſtern ſuchen, folglich auch ordentlich keines Ge- ſichtes benoͤthiget ſind, auſſer wenn ſie, welches ſel- ten geſchiehet, aus ihren Loͤchern ein wenig heraus gehen; ſo hat ihnen die Natur auch ſehr kleine Augen gegeben, welche nicht viel groͤſſer ſind als ein Mohnen-Koͤrnlein, aber doch am gehoͤrigen Orte ſtehen, auch mit Augenliedern verſehen ſind, und in allen Stuͤcken die ordentliche Structur ei- nes Auges haben.
Aber eben daher, weil ſie ſehr kleine Augen haben, iſt es gekommen, daß ſie ſo wohl in den aͤl- ter als neuern Zeiten, von vielen vor blind ſind gehalten worden.
Und von eben dieſer falſchen Meinung, daß die Maulwuͤrfe blind waͤren, ſind auch allerhand Sprichwoͤrter, Fabeln und Sinnbilder hergekom- men.
Es hat auch Jacobus Thomaſius ein beſonder Tractaͤtlein zwey Bogen ſtark, von dem wieder- gefundenen Geſichte der ſonſt blinden Maulwuͤrfe geſchrieben, welches aus dem Lateiniſchen ins Teutſche uͤberſetzet iſt.
Desgleichen hat Chr. Fr. Paulini in ſeiner Langen Weile p. 49. das Geſicht der Maulwuͤrfe zu retten geſuchet, und deutlich bewieſen daß ſie Au- gen haben.
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Das ſechſte Capitel. Von einigen
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Stadt-Graben ſchwimmen ſehen, welche ziemlich
breit ſind.
Weil die Maulwuͤrfe ihren Aufenthalt unter
der Erde haben, und ihre Nahrung daſelbſt im
Finſtern ſuchen, folglich auch ordentlich keines Ge-
ſichtes benoͤthiget ſind, auſſer wenn ſie, welches ſel-
ten geſchiehet, aus ihren Loͤchern ein wenig heraus
gehen; ſo hat ihnen die Natur auch ſehr kleine
Augen gegeben, welche nicht viel groͤſſer ſind als
ein Mohnen-Koͤrnlein, aber doch am gehoͤrigen
Orte ſtehen, auch mit Augenliedern verſehen ſind,
und in allen Stuͤcken die ordentliche Structur ei-
nes Auges haben.
Aber eben daher, weil ſie ſehr kleine Augen
haben, iſt es gekommen, daß ſie ſo wohl in den aͤl-
ter als neuern Zeiten, von vielen vor blind ſind
gehalten worden.
Und von eben dieſer falſchen Meinung, daß
die Maulwuͤrfe blind waͤren, ſind auch allerhand
Sprichwoͤrter, Fabeln und Sinnbilder hergekom-
men.
Es hat auch Jacobus Thomaſius ein beſonder
Tractaͤtlein zwey Bogen ſtark, von dem wieder-
gefundenen Geſichte der ſonſt blinden Maulwuͤrfe
geſchrieben, welches aus dem Lateiniſchen ins
Teutſche uͤberſetzet iſt.
Desgleichen hat Chr. Fr. Paulini in ſeiner
Langen Weile p. 49. das Geſicht der Maulwuͤrfe
zu retten geſuchet, und deutlich bewieſen daß ſie Au-
gen haben.
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Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 6. 2. Aufl. Erfurt, 1765, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz06_1755/182>, abgerufen am 16.07.2024.
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