Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
beyden Fällen gewinnt das herrschaftliche Jn-
teresse. Welches das vorhergehende beweiset.

Die dritte
Lehre.

Fürs dritte. Die Freyheit der Untertha-
nen müsse bey den wirthschaftlichen Beschäf-
tigungen eingeschränket werden.
Solte auch
wohl nicht dieser Satz dem herrschaftlichen Jn-
teresse zuwider lauffen? Jch glaube, es sey dieß
unläugbar. Sind einem die Hände gebunden,
wie viel Gutes bleibet alsdenn liegen. Wie viele
Versuche, die dem Lande nützlich werden können,
bleiben zurück. Bleibet einem jeden in diesem
Stücke die Freyheit, so wird einer durch den an-
dern aufgemuntert seine Werke zu verbessern.
Dieß befördert den Handel, und dieß das herr-
schaftliche Jnteresse. Die Städte, die Länder,
wo diese Freyheit herrschet, beweisen meine Ge-
danken.

Einem Ein-
wurfe wird
begegnet.

Wil man mir dieß entgegen setzen: wenn sich
in einem Lande zu viele mit einerley Dinge be-
schäftigen, so könne keiner recht leben, und die herr-
schaftlichen Gefälle tragen, darum sey es nöthig,
diese Freyheit einzuschränken; so wil ich diesen
Satz, in Ansehung der Handwercker, verwilli-
gen. Allein, in Ansehung der übrigen wirthschaf-
lichen Beschäftigungen läugne ich diese gemachte
Folge. Haben diese Leute Lust zu arbeiten, so
werden sie alsdenn, wenn ihnen ihre Beschäfti-
gungen keinen reichlichen Unterhalt verschaffen,
auf eine Verbesserung dencken, neue Verrichtun-
gen ersinnen. Hat nicht dieß jederzeit einen nütz-

lichen,

Vorrede.
beyden Faͤllen gewinnt das herrſchaftliche Jn-
tereſſe. Welches das vorhergehende beweiſet.

Die dritte
Lehre.

Fuͤrs dritte. Die Freyheit der Untertha-
nen muͤſſe bey den wirthſchaftlichen Beſchaͤf-
tigungen eingeſchraͤnket werden.
Solte auch
wohl nicht dieſer Satz dem herrſchaftlichen Jn-
tereſſe zuwider lauffen? Jch glaube, es ſey dieß
unlaͤugbar. Sind einem die Haͤnde gebunden,
wie viel Gutes bleibet alsdenn liegen. Wie viele
Verſuche, die dem Lande nuͤtzlich werden koͤnnen,
bleiben zuruͤck. Bleibet einem jeden in dieſem
Stuͤcke die Freyheit, ſo wird einer durch den an-
dern aufgemuntert ſeine Werke zu verbeſſern.
Dieß befoͤrdert den Handel, und dieß das herr-
ſchaftliche Jntereſſe. Die Staͤdte, die Laͤnder,
wo dieſe Freyheit herrſchet, beweiſen meine Ge-
danken.

Einem Ein-
wurfe wird
begegnet.

Wil man mir dieß entgegen ſetzen: wenn ſich
in einem Lande zu viele mit einerley Dinge be-
ſchaͤftigen, ſo koͤñe keiner recht leben, und die herr-
ſchaftlichen Gefaͤlle tragen, darum ſey es noͤthig,
dieſe Freyheit einzuſchraͤnken; ſo wil ich dieſen
Satz, in Anſehung der Handwercker, verwilli-
gen. Allein, in Anſehung der uͤbrigen wirthſchaf-
lichen Beſchaͤftigungen laͤugne ich dieſe gemachte
Folge. Haben dieſe Leute Luſt zu arbeiten, ſo
werden ſie alsdenn, wenn ihnen ihre Beſchaͤfti-
gungen keinen reichlichen Unterhalt verſchaffen,
auf eine Verbeſſerung dencken, neue Verrichtun-
gen erſinnen. Hat nicht dieß jederzeit einen nuͤtz-

lichen,
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0033"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
beyden Fa&#x0364;llen gewinnt das herr&#x017F;chaftliche Jn-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e. Welches das vorhergehende bewei&#x017F;et.</p><lb/>
        <note place="left">Die dritte<lb/>
Lehre.</note>
        <p><hi rendition="#fr">Fu&#x0364;rs dritte. Die Freyheit der Untertha-<lb/>
nen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e bey den wirth&#x017F;chaftlichen Be&#x017F;cha&#x0364;f-<lb/>
tigungen einge&#x017F;chra&#x0364;nket werden.</hi> Solte auch<lb/>
wohl nicht die&#x017F;er Satz dem herr&#x017F;chaftlichen Jn-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e zuwider lauffen? Jch glaube, es &#x017F;ey dieß<lb/>
unla&#x0364;ugbar. Sind einem die Ha&#x0364;nde gebunden,<lb/>
wie viel Gutes bleibet alsdenn liegen. Wie viele<lb/>
Ver&#x017F;uche, die dem Lande nu&#x0364;tzlich werden ko&#x0364;nnen,<lb/>
bleiben zuru&#x0364;ck. Bleibet einem jeden in die&#x017F;em<lb/>
Stu&#x0364;cke die Freyheit, &#x017F;o wird einer durch den an-<lb/>
dern aufgemuntert &#x017F;eine Werke zu verbe&#x017F;&#x017F;ern.<lb/>
Dieß befo&#x0364;rdert den Handel, und dieß das herr-<lb/>
&#x017F;chaftliche Jntere&#x017F;&#x017F;e. Die Sta&#x0364;dte, die La&#x0364;nder,<lb/>
wo die&#x017F;e Freyheit herr&#x017F;chet, bewei&#x017F;en meine Ge-<lb/>
danken.</p><lb/>
        <note place="left">Einem Ein-<lb/>
wurfe wird<lb/>
begegnet.</note>
        <p>Wil man mir dieß entgegen &#x017F;etzen: wenn &#x017F;ich<lb/>
in einem Lande zu viele mit einerley Dinge be-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ftigen, &#x017F;o ko&#x0364;n&#x0303;e keiner recht leben, und die herr-<lb/>
&#x017F;chaftlichen Gefa&#x0364;lle tragen, darum &#x017F;ey es no&#x0364;thig,<lb/>
die&#x017F;e Freyheit einzu&#x017F;chra&#x0364;nken; &#x017F;o wil ich die&#x017F;en<lb/>
Satz, in An&#x017F;ehung der Handwercker, verwilli-<lb/>
gen. Allein, in An&#x017F;ehung der u&#x0364;brigen wirth&#x017F;chaf-<lb/>
lichen Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen la&#x0364;ugne ich die&#x017F;e gemachte<lb/>
Folge. Haben die&#x017F;e Leute Lu&#x017F;t zu arbeiten, &#x017F;o<lb/>
werden &#x017F;ie alsdenn, wenn ihnen ihre Be&#x017F;cha&#x0364;fti-<lb/>
gungen keinen reichlichen Unterhalt ver&#x017F;chaffen,<lb/>
auf eine Verbe&#x017F;&#x017F;erung dencken, neue Verrichtun-<lb/>
gen er&#x017F;innen. Hat nicht dieß jederzeit einen nu&#x0364;tz-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lichen,</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0033] Vorrede. beyden Faͤllen gewinnt das herrſchaftliche Jn- tereſſe. Welches das vorhergehende beweiſet. Fuͤrs dritte. Die Freyheit der Untertha- nen muͤſſe bey den wirthſchaftlichen Beſchaͤf- tigungen eingeſchraͤnket werden. Solte auch wohl nicht dieſer Satz dem herrſchaftlichen Jn- tereſſe zuwider lauffen? Jch glaube, es ſey dieß unlaͤugbar. Sind einem die Haͤnde gebunden, wie viel Gutes bleibet alsdenn liegen. Wie viele Verſuche, die dem Lande nuͤtzlich werden koͤnnen, bleiben zuruͤck. Bleibet einem jeden in dieſem Stuͤcke die Freyheit, ſo wird einer durch den an- dern aufgemuntert ſeine Werke zu verbeſſern. Dieß befoͤrdert den Handel, und dieß das herr- ſchaftliche Jntereſſe. Die Staͤdte, die Laͤnder, wo dieſe Freyheit herrſchet, beweiſen meine Ge- danken. Wil man mir dieß entgegen ſetzen: wenn ſich in einem Lande zu viele mit einerley Dinge be- ſchaͤftigen, ſo koͤñe keiner recht leben, und die herr- ſchaftlichen Gefaͤlle tragen, darum ſey es noͤthig, dieſe Freyheit einzuſchraͤnken; ſo wil ich dieſen Satz, in Anſehung der Handwercker, verwilli- gen. Allein, in Anſehung der uͤbrigen wirthſchaf- lichen Beſchaͤftigungen laͤugne ich dieſe gemachte Folge. Haben dieſe Leute Luſt zu arbeiten, ſo werden ſie alsdenn, wenn ihnen ihre Beſchaͤfti- gungen keinen reichlichen Unterhalt verſchaffen, auf eine Verbeſſerung dencken, neue Verrichtun- gen erſinnen. Hat nicht dieß jederzeit einen nuͤtz- lichen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz05_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz05_1754/33
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz05_1754/33>, abgerufen am 24.11.2024.