Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754.Vorrede. darum bekümmern sie sich wenig um die Wirth-schaft. So weit gehen noch wohl einige, daß sie die moralischen und politischen Lehren fassen, die in der Wirthschaft einen Einfluß haben. Allein die wahre Wirthschaft ist ihnen zu gerin- ge, als daß sie ihre Gedancken damit besudeln solten. Diese Männer vergessen es, daß die Gelehrsamkeit nur alsdenn einen Vorzug ver- dienet, wenn sie sich in der menschlichen Gesell- schaft, und in dem Staate nützlich beweiset. Jst nun dieß ein geringer Nutzen, der dem Nu- tzen der übrigen nachzusetzen, wenn man durch seine Weisheit untrügliche Mittel erfinden kan, viele Unterthanen in einem Lande reichlich zu er- nähren, und bey dem wachsenden Reichthum der Unterthanen die herrschaftlichen Gefälle zu vermehren? Die dritte Ursache ist das allgemeineDas dritte. chen,
Vorrede. darum bekuͤmmern ſie ſich wenig um die Wirth-ſchaft. So weit gehen noch wohl einige, daß ſie die moraliſchen und politiſchen Lehren faſſen, die in der Wirthſchaft einen Einfluß haben. Allein die wahre Wirthſchaft iſt ihnen zu gerin- ge, als daß ſie ihre Gedancken damit beſudeln ſolten. Dieſe Maͤnner vergeſſen es, daß die Gelehrſamkeit nur alsdenn einen Vorzug ver- dienet, wenn ſie ſich in der menſchlichen Geſell- ſchaft, und in dem Staate nuͤtzlich beweiſet. Jſt nun dieß ein geringer Nutzen, der dem Nu- tzen der uͤbrigen nachzuſetzen, wenn man durch ſeine Weisheit untruͤgliche Mittel erfinden kan, viele Unterthanen in einem Lande reichlich zu er- naͤhren, und bey dem wachſenden Reichthum der Unterthanen die herrſchaftlichen Gefaͤlle zu vermehren? Die dritte Urſache iſt das allgemeineDas dritte. chen,
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Vorrede.
darum bekuͤmmern ſie ſich wenig um die Wirth-
ſchaft. So weit gehen noch wohl einige, daß
ſie die moraliſchen und politiſchen Lehren faſſen,
die in der Wirthſchaft einen Einfluß haben.
Allein die wahre Wirthſchaft iſt ihnen zu gerin-
ge, als daß ſie ihre Gedancken damit beſudeln
ſolten. Dieſe Maͤnner vergeſſen es, daß die
Gelehrſamkeit nur alsdenn einen Vorzug ver-
dienet, wenn ſie ſich in der menſchlichen Geſell-
ſchaft, und in dem Staate nuͤtzlich beweiſet.
Jſt nun dieß ein geringer Nutzen, der dem Nu-
tzen der uͤbrigen nachzuſetzen, wenn man durch
ſeine Weisheit untruͤgliche Mittel erfinden kan,
viele Unterthanen in einem Lande reichlich zu er-
naͤhren, und bey dem wachſenden Reichthum
der Unterthanen die herrſchaftlichen Gefaͤlle zu
vermehren?
Die dritte Urſache iſt das allgemeine
Vorurtheil der Menſchen. Die Verbeſſerung
der Land-Wirthſchaft iſt ohne unendlich viele
Verſuche nicht moͤglich. Viele ſcheuen hier-
zu die Koſten, weil man den Ausgang nicht
mit Gewißheit vorher wiſſen kan. Dieſe ſol-
ten bedencken, daß es nicht weniger ruͤhmlich
ſey, den arbeitenden Armen Nahrung verſchaf-
fen, als den andern Allmoſen geben. Findet
ſich ein Patriot, der zum Nutzen der Men-
ſchen Verſuche zu machen bemuͤhet iſt, ſo iſt
dieſer verſchiedenen Urtheilen ausgeſetzet, die
bey nahe ſeiner Ehre nachtheilig werden. Er
kan dieſe Verſuche ſelten ins Geheime ma-
chen,
Das dritte.
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