Jch kan die gegenwärtigen Raupen weder unter die geselligen, noch unter die einsamen rech- nen. Denn ob man gleich die Eyerlein, aus wel- chen sie herkommen, in ziemlicher Anzahl beysam- men findet, und die frisch ausgeschlieffene Räuplein anfangs, da sie noch wenig aufzehren können, eine Zeitlang in Geselschaft bleiben, so trennen sie sich doch, so bald sie etwas erwachsen sind, von einan- der, und gehet jegliche für sich ihrem Futter nach. Warum man aber dennoch ihrer viele auf einer Kohl-Staude antrift, ist nicht schwer einzusehen, so man ihre erstaunliche Menge mit der geringen Grösse dererjenigen Gewächse in Vergleichung stel- let, auf welchen sie sich aufhalten. Wären die Kraut-Häupter und Kohl-Stauden so gros als die Obst-Bäume, so würden sie bessern Plaz haben, sich auseinander zu zerstreuen.
Die Natur erweiset sich eben so sorgfältig, die schädlichen Jnsecten zu erhalten, als diejeni- gen, durch welche uns kein Schade verursachet wird. Wir sehen hier eine deutliche Probe da- von. Es geschiehet nicht umsonst, oder von un- gefehr, daß die Papilions dieser Art ihre Eyerlein allemal nur an die untere Seite derer Kohl- oder Kraut-Blätter setzen, diese Vorsicht ist unumgäng- lich nothwendig. Jch wil davon nicht sagen, daß die Land-Leute die grose Menge derer Eyer- lein an der obern Seite derer Blätter zeitig wür- den gewahr werden, und also ganz leichtlich vieler tausend Raupen Hervorkunft durch das Abbrechen und Verbrennen der beschmeisten Blätter verhin-
dern,
6. Cap. Von allerhand
Jch kan die gegenwaͤrtigen Raupen weder unter die geſelligen, noch unter die einſamen rech- nen. Denn ob man gleich die Eyerlein, aus wel- chen ſie herkommen, in ziemlicher Anzahl beyſam- men findet, und die friſch ausgeſchlieffene Raͤuplein anfangs, da ſie noch wenig aufzehren koͤnnen, eine Zeitlang in Geſelſchaft bleiben, ſo trennen ſie ſich doch, ſo bald ſie etwas erwachſen ſind, von einan- der, und gehet jegliche fuͤr ſich ihrem Futter nach. Warum man aber dennoch ihrer viele auf einer Kohl-Staude antrift, iſt nicht ſchwer einzuſehen, ſo man ihre erſtaunliche Menge mit der geringen Groͤſſe dererjenigen Gewaͤchſe in Vergleichung ſtel- let, auf welchen ſie ſich aufhalten. Waͤren die Kraut-Haͤupter und Kohl-Stauden ſo gros als die Obſt-Baͤume, ſo wuͤrden ſie beſſern Plaz haben, ſich auseinander zu zerſtreuen.
Die Natur erweiſet ſich eben ſo ſorgfaͤltig, die ſchaͤdlichen Jnſecten zu erhalten, als diejeni- gen, durch welche uns kein Schade verurſachet wird. Wir ſehen hier eine deutliche Probe da- von. Es geſchiehet nicht umſonſt, oder von un- gefehr, daß die Papilions dieſer Art ihre Eyerlein allemal nur an die untere Seite derer Kohl- oder Kraut-Blaͤtter ſetzen, dieſe Vorſicht iſt unumgaͤng- lich nothwendig. Jch wil davon nicht ſagen, daß die Land-Leute die groſe Menge derer Eyer- lein an der obern Seite derer Blaͤtter zeitig wuͤr- den gewahr werden, und alſo ganz leichtlich vieler tauſend Raupen Hervorkunft durch das Abbrechen und Verbrennen der beſchmeiſten Blaͤtter verhin-
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6. Cap. Von allerhand
Jch kan die gegenwaͤrtigen Raupen weder
unter die geſelligen, noch unter die einſamen rech-
nen. Denn ob man gleich die Eyerlein, aus wel-
chen ſie herkommen, in ziemlicher Anzahl beyſam-
men findet, und die friſch ausgeſchlieffene Raͤuplein
anfangs, da ſie noch wenig aufzehren koͤnnen, eine
Zeitlang in Geſelſchaft bleiben, ſo trennen ſie ſich
doch, ſo bald ſie etwas erwachſen ſind, von einan-
der, und gehet jegliche fuͤr ſich ihrem Futter nach.
Warum man aber dennoch ihrer viele auf einer
Kohl-Staude antrift, iſt nicht ſchwer einzuſehen,
ſo man ihre erſtaunliche Menge mit der geringen
Groͤſſe dererjenigen Gewaͤchſe in Vergleichung ſtel-
let, auf welchen ſie ſich aufhalten. Waͤren die
Kraut-Haͤupter und Kohl-Stauden ſo gros als die
Obſt-Baͤume, ſo wuͤrden ſie beſſern Plaz haben,
ſich auseinander zu zerſtreuen.
Die Natur erweiſet ſich eben ſo ſorgfaͤltig,
die ſchaͤdlichen Jnſecten zu erhalten, als diejeni-
gen, durch welche uns kein Schade verurſachet
wird. Wir ſehen hier eine deutliche Probe da-
von. Es geſchiehet nicht umſonſt, oder von un-
gefehr, daß die Papilions dieſer Art ihre Eyerlein
allemal nur an die untere Seite derer Kohl- oder
Kraut-Blaͤtter ſetzen, dieſe Vorſicht iſt unumgaͤng-
lich nothwendig. Jch wil davon nicht ſagen,
daß die Land-Leute die groſe Menge derer Eyer-
lein an der obern Seite derer Blaͤtter zeitig wuͤr-
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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753/140>, abgerufen am 25.07.2024.
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