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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

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12. Cap. Von Orangen-Bäumen.
ich einsmals an einem gewissen Orte in einem
Treibhause die allerschönsten Genueser Stämme
gesehen, welche in ihre neue Zelken und Blätter
getrieben hatten, und zu verkaufen waren, es war
aber zu bedauren, daß die Blätter und die jun-
gen Zelken so voller Neffen, Ungeziefer und Oran-
gen-Läuse sassen, daß es nicht zu beschreiben. Als
ich meine Gedancken eröfnete, und den sogenanten
Gärtner (es war derselbe sonsten in den Gärten ein
Taglöhner gewesen) befragte: Ob denn vielleicht
diesen Bäumen, weil sie schon so hoch getrieben,
nicht unterweilen wäre Luft gegeben worden, und
ob etwan dieses Ungeziefer durch die aus dem
Miste aufsteigende Dünste und Feuchtigkeit, wel-
che nicht hinaus ziehen können, und im Treib-
hause bleiben müssen, vielleicht sich so sehr ver-
mehret hätte? So bekam ich alsobald die Ant-
wort, es wäre ihnen die Luft höchst schädlich, in-
dem sie dadurch welk gemacht, und an ihrem Trei-
ben gehindert würden, daß sie endlich gar verdür-
ben; sie müsten also stehen bleiben bis auf das
Frühjahr, alsdenn würden sie erst in den Garten
gebracht. Jch fragte ferner, wenn er denn diese
Stämme bekommen und eingesezt hätte? er ant-
wortete, daß er solche in dem halben April bekom-
men, gepflantzet, und in das Treiben gebracht,
und bis hieher also stehen lassen, welches in der
Mitte des Augusts war; doch hätte er ihnen zwey-
mal frischen Mist gegeben, welcher eben den lan-
gen Trieb zuwege gebracht hätte. Er that da-
bey groß, und rühmete sich, daß es hierinnen kein

Kunst-

12. Cap. Von Orangen-Baͤumen.
ich einsmals an einem gewiſſen Orte in einem
Treibhauſe die allerſchoͤnſten Genueſer Staͤmme
geſehen, welche in ihre neue Zelken und Blaͤtter
getrieben hatten, und zu verkaufen waren, es war
aber zu bedauren, daß die Blaͤtter und die jun-
gen Zelken ſo voller Neffen, Ungeziefer und Oran-
gen-Laͤuſe ſaſſen, daß es nicht zu beſchreiben. Als
ich meine Gedancken eroͤfnete, und den ſogenanten
Gaͤrtner (es war derſelbe ſonſten in den Gaͤrten ein
Tagloͤhner geweſen) befragte: Ob denn vielleicht
dieſen Baͤumen, weil ſie ſchon ſo hoch getrieben,
nicht unterweilen waͤre Luft gegeben worden, und
ob etwan dieſes Ungeziefer durch die aus dem
Miſte aufſteigende Duͤnſte und Feuchtigkeit, wel-
che nicht hinaus ziehen koͤnnen, und im Treib-
hauſe bleiben muͤſſen, vielleicht ſich ſo ſehr ver-
mehret haͤtte? So bekam ich alſobald die Ant-
wort, es waͤre ihnen die Luft hoͤchſt ſchaͤdlich, in-
dem ſie dadurch welk gemacht, und an ihrem Trei-
ben gehindert wuͤrden, daß ſie endlich gar verduͤr-
ben; ſie muͤſten alſo ſtehen bleiben bis auf das
Fruͤhjahr, alsdenn wuͤrden ſie erſt in den Garten
gebracht. Jch fragte ferner, wenn er denn dieſe
Staͤmme bekommen und eingeſezt haͤtte? er ant-
wortete, daß er ſolche in dem halben April bekom-
men, gepflantzet, und in das Treiben gebracht,
und bis hieher alſo ſtehen laſſen, welches in der
Mitte des Auguſts war; doch haͤtte er ihnen zwey-
mal friſchen Miſt gegeben, welcher eben den lan-
gen Trieb zuwege gebracht haͤtte. Er that da-
bey groß, und ruͤhmete ſich, daß es hierinnen kein

Kunſt-
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[198/0230] 12. Cap. Von Orangen-Baͤumen. ich einsmals an einem gewiſſen Orte in einem Treibhauſe die allerſchoͤnſten Genueſer Staͤmme geſehen, welche in ihre neue Zelken und Blaͤtter getrieben hatten, und zu verkaufen waren, es war aber zu bedauren, daß die Blaͤtter und die jun- gen Zelken ſo voller Neffen, Ungeziefer und Oran- gen-Laͤuſe ſaſſen, daß es nicht zu beſchreiben. Als ich meine Gedancken eroͤfnete, und den ſogenanten Gaͤrtner (es war derſelbe ſonſten in den Gaͤrten ein Tagloͤhner geweſen) befragte: Ob denn vielleicht dieſen Baͤumen, weil ſie ſchon ſo hoch getrieben, nicht unterweilen waͤre Luft gegeben worden, und ob etwan dieſes Ungeziefer durch die aus dem Miſte aufſteigende Duͤnſte und Feuchtigkeit, wel- che nicht hinaus ziehen koͤnnen, und im Treib- hauſe bleiben muͤſſen, vielleicht ſich ſo ſehr ver- mehret haͤtte? So bekam ich alſobald die Ant- wort, es waͤre ihnen die Luft hoͤchſt ſchaͤdlich, in- dem ſie dadurch welk gemacht, und an ihrem Trei- ben gehindert wuͤrden, daß ſie endlich gar verduͤr- ben; ſie muͤſten alſo ſtehen bleiben bis auf das Fruͤhjahr, alsdenn wuͤrden ſie erſt in den Garten gebracht. Jch fragte ferner, wenn er denn dieſe Staͤmme bekommen und eingeſezt haͤtte? er ant- wortete, daß er ſolche in dem halben April bekom- men, gepflantzet, und in das Treiben gebracht, und bis hieher alſo ſtehen laſſen, welches in der Mitte des Auguſts war; doch haͤtte er ihnen zwey- mal friſchen Miſt gegeben, welcher eben den lan- gen Trieb zuwege gebracht haͤtte. Er that da- bey groß, und ruͤhmete ſich, daß es hierinnen kein Kunſt-

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/230>, abgerufen am 24.11.2024.