der mehreste Theil mit der Spitze aus der Erde hervor gehen.
Die dritte Vermehrung ist die beste und sicherste, wenn man ihre Nebenschosse, welche Wur- zeln haben, im Herbst oder im Frühjahre, so bald man in die Erde kommen kan, abnimt, und fort- pflanzet. Man setzet sie im Garten an einen sol- chen Ort, wo nicht sonderlich viel daran gelegen ist, jedoch daß der Wind den überflüßigen Regen und Nässe abschütteln und abtrocknen kan, auch daß sie des Tages der Sonne einige Stunden ge- niessen können. Sie nehmen mit allerhand Grund und Boden vorlieb. Wenn die Stauden zu hoch und gar zu alt werden und viele Nebenschosse ha- ben, so tragen sie nicht so viele Nüsse als es seyn solte, wobey anzurathen, daß die ältesten und dick- sten Stämme fein gleich an der Erde hinweg ge- hauen werden, wodurch die Stöcke neue Schosse im Ueberfluß hervor bringen. Man kan auch sehr grosse und hohe Bäume davon erziehen, wenn man sie alle Jahre fleissig ausschneidelt, und die Nebensprossen beständig hinweg nimt. Einen solchen Baum habe ich 1736. zu Frankfurt am Mayn in Hrn. lacob du Fay Garten gesehen, welcher so hoch und dicke war, daß ihn kein Lin- den-Baum in der Höhe übertreffen wird. Es wurde mir damalen bey Anschauung dieses Bau- mes von einem Bedienten berichtet, daß der Kay- ser Leopoldus nach seiner Krönung um der Rari- tät willen darunter gespeiset hätte. Jhre purpur- farbigen, zarten und recht artigen Blümchen sind
wohl
10. Cap. Von Erziehung
der mehreſte Theil mit der Spitze aus der Erde hervor gehen.
Die dritte Vermehrung iſt die beſte und ſicherſte, wenn man ihre Nebenſchoſſe, welche Wur- zeln haben, im Herbſt oder im Fruͤhjahre, ſo bald man in die Erde kommen kan, abnimt, und fort- pflanzet. Man ſetzet ſie im Garten an einen ſol- chen Ort, wo nicht ſonderlich viel daran gelegen iſt, jedoch daß der Wind den uͤberfluͤßigen Regen und Naͤſſe abſchuͤtteln und abtrocknen kan, auch daß ſie des Tages der Sonne einige Stunden ge- nieſſen koͤnnen. Sie nehmen mit allerhand Grund und Boden vorlieb. Wenn die Stauden zu hoch und gar zu alt werden und viele Nebenſchoſſe ha- ben, ſo tragen ſie nicht ſo viele Nuͤſſe als es ſeyn ſolte, wobey anzurathen, daß die aͤlteſten und dick- ſten Staͤmme fein gleich an der Erde hinweg ge- hauen werden, wodurch die Stoͤcke neue Schoſſe im Ueberfluß hervor bringen. Man kan auch ſehr groſſe und hohe Baͤume davon erziehen, wenn man ſie alle Jahre fleiſſig ausſchneidelt, und die Nebenſproſſen beſtaͤndig hinweg nimt. Einen ſolchen Baum habe ich 1736. zu Frankfurt am Mayn in Hrn. lacob du Fay Garten geſehen, welcher ſo hoch und dicke war, daß ihn kein Lin- den-Baum in der Hoͤhe uͤbertreffen wird. Es wurde mir damalen bey Anſchauung dieſes Bau- mes von einem Bedienten berichtet, daß der Kay- ſer Leopoldus nach ſeiner Kroͤnung um der Rari- taͤt willen darunter geſpeiſet haͤtte. Jhre purpur- farbigen, zarten und recht artigen Bluͤmchen ſind
wohl
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10. Cap. Von Erziehung
der mehreſte Theil mit der Spitze aus der Erde
hervor gehen.
Die dritte Vermehrung iſt die beſte und
ſicherſte, wenn man ihre Nebenſchoſſe, welche Wur-
zeln haben, im Herbſt oder im Fruͤhjahre, ſo bald
man in die Erde kommen kan, abnimt, und fort-
pflanzet. Man ſetzet ſie im Garten an einen ſol-
chen Ort, wo nicht ſonderlich viel daran gelegen
iſt, jedoch daß der Wind den uͤberfluͤßigen Regen
und Naͤſſe abſchuͤtteln und abtrocknen kan, auch
daß ſie des Tages der Sonne einige Stunden ge-
nieſſen koͤnnen. Sie nehmen mit allerhand Grund
und Boden vorlieb. Wenn die Stauden zu hoch
und gar zu alt werden und viele Nebenſchoſſe ha-
ben, ſo tragen ſie nicht ſo viele Nuͤſſe als es ſeyn
ſolte, wobey anzurathen, daß die aͤlteſten und dick-
ſten Staͤmme fein gleich an der Erde hinweg ge-
hauen werden, wodurch die Stoͤcke neue Schoſſe
im Ueberfluß hervor bringen. Man kan auch
ſehr groſſe und hohe Baͤume davon erziehen, wenn
man ſie alle Jahre fleiſſig ausſchneidelt, und die
Nebenſproſſen beſtaͤndig hinweg nimt. Einen
ſolchen Baum habe ich 1736. zu Frankfurt am
Mayn in Hrn. lacob du Fay Garten geſehen,
welcher ſo hoch und dicke war, daß ihn kein Lin-
den-Baum in der Hoͤhe uͤbertreffen wird. Es
wurde mir damalen bey Anſchauung dieſes Bau-
mes von einem Bedienten berichtet, daß der Kay-
ſer Leopoldus nach ſeiner Kroͤnung um der Rari-
taͤt willen darunter geſpeiſet haͤtte. Jhre purpur-
farbigen, zarten und recht artigen Bluͤmchen ſind
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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/176>, abgerufen am 16.02.2025.
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