Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.Vorrede. Plantagen, um sich da umzusehen. Als nundiese Herren von mir weggekommen und aus- wärtige Aemter erhalten hatten, und folglich ihre eigene Wirthschaft anstellen musten, (wie denn bey den mehresten, besonders geistlichen Aem- tern, die Besoldung meistens in Ackerbau be- steht) so konnten sie in Cultivirung der Aecker, Gärten und Weinberge u. d. gl. mit ihrer in generalioribus erlerneten Wissenschaft sich gar nicht rathen noch helfen, und bedauerten es höch- lich, daß sie allen Vorlesungen auf hohen Schu- len, wie auch des von mir zuweilen im Gespräch gegebenen Unterrichts ohngeachtet dennoch in vielen Dingen nicht fortkommen könten, in dem sie die Special-Regeln nicht recht erlernet, und bey ihrem Hierseyn auf die Begattung der Ae- cker, Gärten, Weinberge, Baum-Schulen und dergleichen, nicht recht aufmerksam gewesen, und keine Mühe angewendet die Handgriffe zu ler- nen und zu beobachten. Nunmehro müsten sie gleichsam im Finstern tappen, und was sie von den Gelehrten vorhero gelernet, solches hülfe ih- nen jetzo nicht viel, sondern sie müsten von vorn anfangen, und bey die Verwalter, Gärtner und Bauern in die Schule gehen und sich be- lehren lassen. Und so geht es, wenn man eine Sache nur in generalioribus und obenhin tra- ctiret, und das Nöthigste mit verächtlichen Au- gen ansieht, daß man hernach mit seiner Wissen- schaft keinen Hund aus dem Ofen locken kan, und nicht weiß, was man anfangen sol, mithin nichts-
Vorrede. Plantagen, um ſich da umzuſehen. Als nundieſe Herren von mir weggekommen und aus- waͤrtige Aemter erhalten hatten, und folglich ihre eigene Wirthſchaft anſtellen muſten, (wie denn bey den mehreſten, beſonders geiſtlichen Aem- tern, die Beſoldung meiſtens in Ackerbau be- ſteht) ſo konnten ſie in Cultivirung der Aecker, Gaͤrten und Weinberge u. d. gl. mit ihrer in generalioribus erlerneten Wiſſenſchaft ſich gar nicht rathen noch helfen, und bedauerten es hoͤch- lich, daß ſie allen Vorleſungen auf hohen Schu- len, wie auch des von mir zuweilen im Geſpraͤch gegebenen Unterrichts ohngeachtet dennoch in vielen Dingen nicht fortkommen koͤnten, in dem ſie die Special-Regeln nicht recht erlernet, und bey ihrem Hierſeyn auf die Begattung der Ae- cker, Gaͤrten, Weinberge, Baum-Schulen und dergleichen, nicht recht aufmerkſam geweſen, und keine Muͤhe angewendet die Handgriffe zu ler- nen und zu beobachten. Nunmehro muͤſten ſie gleichſam im Finſtern tappen, und was ſie von den Gelehrten vorhero gelernet, ſolches huͤlfe ih- nen jetzo nicht viel, ſondern ſie muͤſten von vorn anfangen, und bey die Verwalter, Gaͤrtner und Bauern in die Schule gehen und ſich be- lehren laſſen. Und ſo geht es, wenn man eine Sache nur in generalioribus und obenhin tra- ctiret, und das Noͤthigſte mit veraͤchtlichen Au- gen anſieht, daß man hernach mit ſeiner Wiſſen- ſchaft keinen Hund aus dem Ofen locken kan, und nicht weiß, was man anfangen ſol, mithin nichts-
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/> Plantagen, um ſich da umzuſehen. Als nun<lb/> dieſe Herren von mir weggekommen und aus-<lb/> waͤrtige Aemter erhalten hatten, und folglich ihre<lb/> eigene Wirthſchaft anſtellen muſten, (wie denn<lb/> bey den mehreſten, beſonders geiſtlichen Aem-<lb/> tern, die Beſoldung meiſtens in Ackerbau be-<lb/> ſteht) ſo konnten ſie in Cultivirung der Aecker,<lb/> Gaͤrten und Weinberge u. d. gl. mit ihrer in<lb/><hi rendition="#aq">generalioribus</hi> erlerneten Wiſſenſchaft ſich gar<lb/> nicht rathen noch helfen, und bedauerten es hoͤch-<lb/> lich, daß ſie allen Vorleſungen auf hohen Schu-<lb/> len, wie auch des von mir zuweilen im Geſpraͤch<lb/> gegebenen Unterrichts ohngeachtet dennoch in<lb/> vielen Dingen nicht fortkommen koͤnten, in dem<lb/> ſie die Special-Regeln nicht recht erlernet, und<lb/> bey ihrem Hierſeyn auf die Begattung der Ae-<lb/> cker, Gaͤrten, Weinberge, Baum-Schulen und<lb/> dergleichen, nicht recht aufmerkſam geweſen, und<lb/> keine Muͤhe angewendet die Handgriffe zu ler-<lb/> nen und zu beobachten. Nunmehro muͤſten ſie<lb/> gleichſam im Finſtern tappen, und was ſie von<lb/> den Gelehrten vorhero gelernet, ſolches huͤlfe ih-<lb/> nen jetzo nicht viel, ſondern ſie muͤſten von vorn<lb/> anfangen, und bey die Verwalter, Gaͤrtner<lb/> und Bauern in die Schule gehen und ſich be-<lb/> lehren laſſen. Und ſo geht es, wenn man eine<lb/> Sache nur <hi rendition="#aq">in generalioribus</hi> und obenhin tra-<lb/> ctiret, und das Noͤthigſte mit veraͤchtlichen Au-<lb/> gen anſieht, daß man hernach mit ſeiner Wiſſen-<lb/> ſchaft keinen Hund aus dem Ofen locken kan,<lb/> und nicht weiß, was man anfangen ſol, mithin<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nichts-</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [0015]
Vorrede.
Plantagen, um ſich da umzuſehen. Als nun
dieſe Herren von mir weggekommen und aus-
waͤrtige Aemter erhalten hatten, und folglich ihre
eigene Wirthſchaft anſtellen muſten, (wie denn
bey den mehreſten, beſonders geiſtlichen Aem-
tern, die Beſoldung meiſtens in Ackerbau be-
ſteht) ſo konnten ſie in Cultivirung der Aecker,
Gaͤrten und Weinberge u. d. gl. mit ihrer in
generalioribus erlerneten Wiſſenſchaft ſich gar
nicht rathen noch helfen, und bedauerten es hoͤch-
lich, daß ſie allen Vorleſungen auf hohen Schu-
len, wie auch des von mir zuweilen im Geſpraͤch
gegebenen Unterrichts ohngeachtet dennoch in
vielen Dingen nicht fortkommen koͤnten, in dem
ſie die Special-Regeln nicht recht erlernet, und
bey ihrem Hierſeyn auf die Begattung der Ae-
cker, Gaͤrten, Weinberge, Baum-Schulen und
dergleichen, nicht recht aufmerkſam geweſen, und
keine Muͤhe angewendet die Handgriffe zu ler-
nen und zu beobachten. Nunmehro muͤſten ſie
gleichſam im Finſtern tappen, und was ſie von
den Gelehrten vorhero gelernet, ſolches huͤlfe ih-
nen jetzo nicht viel, ſondern ſie muͤſten von vorn
anfangen, und bey die Verwalter, Gaͤrtner
und Bauern in die Schule gehen und ſich be-
lehren laſſen. Und ſo geht es, wenn man eine
Sache nur in generalioribus und obenhin tra-
ctiret, und das Noͤthigſte mit veraͤchtlichen Au-
gen anſieht, daß man hernach mit ſeiner Wiſſen-
ſchaft keinen Hund aus dem Ofen locken kan,
und nicht weiß, was man anfangen ſol, mithin
nichts-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/15 |
Zitationshilfe: | Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/15>, abgerufen am 16.07.2024. |