Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

6. Cap. Vom Oculiren.
"man von dem Alter eines Baumes urtheilen
"wil. Wenn der Stam unweit der Wurzel
"mitten von einander geschnitten ist, so zehlet man
"die Cirkel, die man im Holze unterscheiden kan,
"und rechnet so viel Jahre für das Alter des Bau-
"mes. Auf solche Manier hat man gelernet,
"daß Bäume zwey, drey bis fünfhundert Jahr
"alt geworden, ohne daß man nöthig gehabt, ei-
"nige Nachricht aus alten Urkunden herzuholen,
"wenn der Baum gepflanzet worden. Die sich
"auf diese Rechnung verlassen, nehmen an, daß
"der Baum, so lange er wächset, neue Jahre an-
"setzet.

"Es ist zwar nicht zu läugnen, daß die mehre-
"sten dieser Meinung beypflichten: allein man hat
"es doch noch nicht mit unumstöslichen Gründen
"erwiesen. Herr Hans Carl Carlowiz, Köni-
"glicher Poln- und Churfürstl. Sächs. Cammer-
"rath und Ober-Berghauptmann giebt in seiner
"Sylvicultura Oeconomica oder ausführlichen
"Anweisung zur wilden Baum-Zucht Part. I. C.
"3. §. 43. 44. fol.
37. das Widerspiel vor. Er
schreibet also: "Die viele oder wenige Jahres-
"Wachse oder Cirkel im Stamme einer Tannen,
"Fichte oder Kifer sollen zwar das Alter eines
"Stammes angeben, und jeder Zirkel eines Jah-
"res-Wuchs anzeigen, allein es machet mancher
"Cirkel oder Jahr-Wuchs zum öftern zwei bis drei
"und mehr Jahre aus, nachdem ersich ausgedehnet,
"und viel weisses in sich hat, gedachter Cirkel aber
"gegen das andere Holz etwas röthlicht aussiehet.

"und

6. Cap. Vom Oculiren.
„man von dem Alter eines Baumes urtheilen
„wil. Wenn der Stam unweit der Wurzel
„mitten von einander geſchnitten iſt, ſo zehlet man
„die Cirkel, die man im Holze unterſcheiden kan,
„und rechnet ſo viel Jahre fuͤr das Alter des Bau-
„mes. Auf ſolche Manier hat man gelernet,
„daß Baͤume zwey, drey bis fuͤnfhundert Jahr
„alt geworden, ohne daß man noͤthig gehabt, ei-
„nige Nachricht aus alten Urkunden herzuholen,
„wenn der Baum gepflanzet worden. Die ſich
„auf dieſe Rechnung verlaſſen, nehmen an, daß
„der Baum, ſo lange er waͤchſet, neue Jahre an-
„ſetzet.

”Es iſt zwar nicht zu laͤugnen, daß die mehre-
„ſten dieſer Meinung beypflichten: allein man hat
„es doch noch nicht mit unumſtoͤslichen Gruͤnden
„erwieſen. Herr Hans Carl Carlowiz, Koͤni-
„glicher Poln- und Churfuͤrſtl. Saͤchſ. Cammer-
„rath und Ober-Berghauptmann giebt in ſeiner
Sylvicultura Oeconomica oder ausfuͤhrlichen
„Anweiſung zur wilden Baum-Zucht Part. I. C.
„3. §. 43. 44. fol.
37. das Widerſpiel vor. Er
ſchreibet alſo: ”Die viele oder wenige Jahres-
„Wachſe oder Cirkel im Stamme einer Tannen,
„Fichte oder Kifer ſollen zwar das Alter eines
„Stammes angeben, und jeder Zirkel eines Jah-
„res-Wuchs anzeigen, allein es machet mancher
„Cirkel oder Jahr-Wuchs zum oͤftern zwei bis drei
„und mehr Jahre aus, nachdem erſich ausgedehnet,
„und viel weiſſes in ſich hat, gedachter Cirkel aber
„gegen das andere Holz etwas roͤthlicht ausſiehet.

„und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0122" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">6. Cap. Vom Oculiren.</hi></fw><lb/>
&#x201E;man von dem Alter eines Baumes urtheilen<lb/>
&#x201E;wil. Wenn der Stam unweit der Wurzel<lb/>
&#x201E;mitten von einander ge&#x017F;chnitten i&#x017F;t, &#x017F;o zehlet man<lb/>
&#x201E;die Cirkel, die man im Holze unter&#x017F;cheiden kan,<lb/>
&#x201E;und rechnet &#x017F;o viel Jahre fu&#x0364;r das Alter des Bau-<lb/>
&#x201E;mes. Auf &#x017F;olche Manier hat man gelernet,<lb/>
&#x201E;daß Ba&#x0364;ume zwey, drey bis fu&#x0364;nfhundert Jahr<lb/>
&#x201E;alt geworden, ohne daß man no&#x0364;thig gehabt, ei-<lb/>
&#x201E;nige Nachricht aus alten Urkunden herzuholen,<lb/>
&#x201E;wenn der Baum gepflanzet worden. Die &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;auf die&#x017F;e Rechnung verla&#x017F;&#x017F;en, nehmen an, daß<lb/>
&#x201E;der Baum, &#x017F;o lange er wa&#x0364;ch&#x017F;et, neue Jahre an-<lb/>
&#x201E;&#x017F;etzet.</p><lb/>
          <p>&#x201D;Es i&#x017F;t zwar nicht zu la&#x0364;ugnen, daß die mehre-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ten die&#x017F;er Meinung beypflichten: allein man hat<lb/>
&#x201E;es doch noch nicht mit unum&#x017F;to&#x0364;slichen Gru&#x0364;nden<lb/>
&#x201E;erwie&#x017F;en. Herr <hi rendition="#fr">Hans Carl Carlowiz,</hi> Ko&#x0364;ni-<lb/>
&#x201E;glicher Poln- und Churfu&#x0364;r&#x017F;tl. Sa&#x0364;ch&#x017F;. Cammer-<lb/>
&#x201E;rath und Ober-Berghauptmann giebt in &#x017F;einer<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#aq">Sylvicultura Oeconomica</hi> oder ausfu&#x0364;hrlichen<lb/>
&#x201E;Anwei&#x017F;ung zur wilden Baum-Zucht <hi rendition="#aq">Part. I. C.<lb/>
&#x201E;3. §. 43. 44. fol.</hi> 37. das Wider&#x017F;piel vor. Er<lb/>
&#x017F;chreibet al&#x017F;o: &#x201D;Die viele oder wenige Jahres-<lb/>
&#x201E;Wach&#x017F;e oder Cirkel im Stamme einer Tannen,<lb/>
&#x201E;Fichte oder Kifer &#x017F;ollen zwar das Alter eines<lb/>
&#x201E;Stammes angeben, und jeder Zirkel eines Jah-<lb/>
&#x201E;res-Wuchs anzeigen, allein es machet mancher<lb/>
&#x201E;Cirkel oder Jahr-Wuchs zum o&#x0364;ftern zwei bis drei<lb/>
&#x201E;und mehr Jahre aus, nachdem er&#x017F;ich ausgedehnet,<lb/>
&#x201E;und viel wei&#x017F;&#x017F;es in &#x017F;ich hat, gedachter Cirkel aber<lb/>
&#x201E;gegen das andere Holz etwas ro&#x0364;thlicht aus&#x017F;iehet.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0122] 6. Cap. Vom Oculiren. „man von dem Alter eines Baumes urtheilen „wil. Wenn der Stam unweit der Wurzel „mitten von einander geſchnitten iſt, ſo zehlet man „die Cirkel, die man im Holze unterſcheiden kan, „und rechnet ſo viel Jahre fuͤr das Alter des Bau- „mes. Auf ſolche Manier hat man gelernet, „daß Baͤume zwey, drey bis fuͤnfhundert Jahr „alt geworden, ohne daß man noͤthig gehabt, ei- „nige Nachricht aus alten Urkunden herzuholen, „wenn der Baum gepflanzet worden. Die ſich „auf dieſe Rechnung verlaſſen, nehmen an, daß „der Baum, ſo lange er waͤchſet, neue Jahre an- „ſetzet. ”Es iſt zwar nicht zu laͤugnen, daß die mehre- „ſten dieſer Meinung beypflichten: allein man hat „es doch noch nicht mit unumſtoͤslichen Gruͤnden „erwieſen. Herr Hans Carl Carlowiz, Koͤni- „glicher Poln- und Churfuͤrſtl. Saͤchſ. Cammer- „rath und Ober-Berghauptmann giebt in ſeiner „Sylvicultura Oeconomica oder ausfuͤhrlichen „Anweiſung zur wilden Baum-Zucht Part. I. C. „3. §. 43. 44. fol. 37. das Widerſpiel vor. Er ſchreibet alſo: ”Die viele oder wenige Jahres- „Wachſe oder Cirkel im Stamme einer Tannen, „Fichte oder Kifer ſollen zwar das Alter eines „Stammes angeben, und jeder Zirkel eines Jah- „res-Wuchs anzeigen, allein es machet mancher „Cirkel oder Jahr-Wuchs zum oͤftern zwei bis drei „und mehr Jahre aus, nachdem erſich ausgedehnet, „und viel weiſſes in ſich hat, gedachter Cirkel aber „gegen das andere Holz etwas roͤthlicht ausſiehet. „und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/122
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/122>, abgerufen am 12.12.2024.