Es ist das Oculiren eine sehr reinliche undVorzug des Oculirens vor dem Pfropfen. artige Arbeit, und hat vor dem Pfro- pfen ausser Streit in vielen Stücken seine be- sondern Vorzüge, weil man in Vermehrung der vielerley Gattungen von Bäumen, sowol auslän- dische als einheimische auf diese Art am bequem- sten fortbringen kan, welches mit dem Pfropfen sich nicht so leicht wil thun lassen. Auch muß bey dem Pfropfen der Stam abgeschnitten werden, welcher folglich, wenn das Reis nicht komt, mei- stens verdorben ist. Hingegen bey dem Ocu- liren bleibt solcher unverletzt, und wenn gleich die angesetzten Augen aussen bleiben, so schadet sol- ches dem Stamme nichts, und man kan die fol- genden Jahre wieder von neuen darauf oculiren. Ob nun gleich ausgemacht ist, daß diese Arbeit, und besonders das Ablösen des Auges, nicht so deutlich und völlig beschrieben und aus den Bü- chern erlernet werden kan, sondern durch einen erfahrnen Gärtner muß gezeiget und zugleich mit eigener Hand versuchet werden; so wird es den- noch nicht undienlich und vergeblich seyn, eine kurze Beschreibung davon zu geben. Wer ein Liebhaber von Weitläuftigkeit ist, kan in vielen
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Das Sechſte Capitel. Vom Oculiren.
§. 1.
Es iſt das Oculiren eine ſehr reinliche undVorzug des Oculirens vor dem Pfropfen. artige Arbeit, und hat vor dem Pfro- pfen auſſer Streit in vielen Stuͤcken ſeine be- ſondern Vorzuͤge, weil man in Vermehrung der vielerley Gattungen von Baͤumen, ſowol auslaͤn- diſche als einheimiſche auf dieſe Art am bequem- ſten fortbringen kan, welches mit dem Pfropfen ſich nicht ſo leicht wil thun laſſen. Auch muß bey dem Pfropfen der Stam abgeſchnitten werden, welcher folglich, wenn das Reis nicht komt, mei- ſtens verdorben iſt. Hingegen bey dem Ocu- liren bleibt ſolcher unverletzt, und wenn gleich die angeſetzten Augen auſſen bleiben, ſo ſchadet ſol- ches dem Stamme nichts, und man kan die fol- genden Jahre wieder von neuen darauf oculiren. Ob nun gleich ausgemacht iſt, daß dieſe Arbeit, und beſonders das Abloͤſen des Auges, nicht ſo deutlich und voͤllig beſchrieben und aus den Buͤ- chern erlernet werden kan, ſondern durch einen erfahrnen Gaͤrtner muß gezeiget und zugleich mit eigener Hand verſuchet werden; ſo wird es den- noch nicht undienlich und vergeblich ſeyn, eine kurze Beſchreibung davon zu geben. Wer ein Liebhaber von Weitlaͤuftigkeit iſt, kan in vielen
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Das Sechſte Capitel.
Vom Oculiren.
§. 1.
Es iſt das Oculiren eine ſehr reinliche und
artige Arbeit, und hat vor dem Pfro-
pfen auſſer Streit in vielen Stuͤcken ſeine be-
ſondern Vorzuͤge, weil man in Vermehrung der
vielerley Gattungen von Baͤumen, ſowol auslaͤn-
diſche als einheimiſche auf dieſe Art am bequem-
ſten fortbringen kan, welches mit dem Pfropfen
ſich nicht ſo leicht wil thun laſſen. Auch muß bey
dem Pfropfen der Stam abgeſchnitten werden,
welcher folglich, wenn das Reis nicht komt, mei-
ſtens verdorben iſt. Hingegen bey dem Ocu-
liren bleibt ſolcher unverletzt, und wenn gleich die
angeſetzten Augen auſſen bleiben, ſo ſchadet ſol-
ches dem Stamme nichts, und man kan die fol-
genden Jahre wieder von neuen darauf oculiren.
Ob nun gleich ausgemacht iſt, daß dieſe Arbeit,
und beſonders das Abloͤſen des Auges, nicht ſo
deutlich und voͤllig beſchrieben und aus den Buͤ-
chern erlernet werden kan, ſondern durch einen
erfahrnen Gaͤrtner muß gezeiget und zugleich mit
eigener Hand verſuchet werden; ſo wird es den-
noch nicht undienlich und vergeblich ſeyn, eine
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Vorzug des
Oculirens
vor dem
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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/105>, abgerufen am 03.03.2025.
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