Das sechste Capitel. Welche Garten-Samen man zur Aussaat erwehlen sol.
Daß viele Gärtner (von Vernünftigen ist hier die Rede nicht) auch andere erfahrne Acker-Verständige mit ihrer Meinung dahin ge- hen, daß der drey-, vier und fünfjährige Same, absonderlich was die runden Samen, als Blumen- kohl, Kohlrabi über und unter der Erden, weiß und rothen Kappes und allerhand Kohle belanget, am besten zur Aussaat zu gebrauchen wäre, ist falsch. Weßhalber ich vielmal mit dergleichen Leuten in einen Discurs mich einlassen müssen, und ihnen hiebey deutlich vorgestelt, daß der jährige und neue Same alzeit zur Aussaat am besten zu gebrauchen wäre, denn mit diesen gieng man gewisser, daß kein Körnlein davon zurück bleiben würde. Allein ich bin mehrentheils hierinnen unglücklich gewesen, und habe von denenselben wunderlichen Wider- spruch erfahren müssen. Dergleichen elendes Ange- ben hierher zu setzen, halte für überflüßig, und wil dem gelehrten Leser damit nicht beschwerlich fallen.
Ob ich nun wohl, meine Gedanken zu bewei- sen, mich auf die Natur und Beschaffenheit der Samen, und auf meine vieljährige und genugsa- me Experienz beruffen; so sind sie dennoch bey ihrer Meinung geblieben, absonderlich was die Kohl-
Sa-
6. Cap. Welche Garten-Samen
Das ſechſte Capitel. Welche Garten-Samen man zur Ausſaat erwehlen ſol.
Daß viele Gaͤrtner (von Vernuͤnftigen iſt hier die Rede nicht) auch andere erfahrne Acker-Verſtaͤndige mit ihrer Meinung dahin ge- hen, daß der drey-, vier und fuͤnfjaͤhrige Same, abſonderlich was die runden Samen, als Blumen- kohl, Kohlrabi uͤber und unter der Erden, weiß und rothen Kappes und allerhand Kohle belanget, am beſten zur Ausſaat zu gebrauchen waͤre, iſt falſch. Weßhalber ich vielmal mit dergleichen Leuten in einen Diſcurs mich einlaſſen muͤſſen, und ihnen hiebey deutlich vorgeſtelt, daß der jaͤhrige und neue Same alzeit zur Ausſaat am beſten zu gebrauchen waͤre, denn mit dieſen gieng man gewiſſer, daß kein Koͤrnlein davon zuruͤck bleiben wuͤrde. Allein ich bin mehrentheils hierinnen ungluͤcklich geweſen, und habe von denenſelben wunderlichen Wider- ſpruch erfahren muͤſſen. Dergleichen elendes Ange- ben hierher zu ſetzen, halte fuͤr uͤberfluͤßig, und wil dem gelehrten Leſer damit nicht beſchwerlich fallen.
Ob ich nun wohl, meine Gedanken zu bewei- ſen, mich auf die Natur und Beſchaffenheit der Samen, und auf meine vieljaͤhrige und genugſa- me Experienz beruffen; ſo ſind ſie dennoch bey ihrer Meinung geblieben, abſonderlich was die Kohl-
Sa-
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6. Cap. Welche Garten-Samen
Das ſechſte Capitel.
Welche Garten-Samen man zur
Ausſaat erwehlen ſol.
Daß viele Gaͤrtner (von Vernuͤnftigen iſt
hier die Rede nicht) auch andere erfahrne
Acker-Verſtaͤndige mit ihrer Meinung dahin ge-
hen, daß der drey-, vier und fuͤnfjaͤhrige Same,
abſonderlich was die runden Samen, als Blumen-
kohl, Kohlrabi uͤber und unter der Erden, weiß und
rothen Kappes und allerhand Kohle belanget, am
beſten zur Ausſaat zu gebrauchen waͤre, iſt falſch.
Weßhalber ich vielmal mit dergleichen Leuten in
einen Diſcurs mich einlaſſen muͤſſen, und ihnen
hiebey deutlich vorgeſtelt, daß der jaͤhrige und neue
Same alzeit zur Ausſaat am beſten zu gebrauchen
waͤre, denn mit dieſen gieng man gewiſſer, daß kein
Koͤrnlein davon zuruͤck bleiben wuͤrde. Allein ich
bin mehrentheils hierinnen ungluͤcklich geweſen,
und habe von denenſelben wunderlichen Wider-
ſpruch erfahren muͤſſen. Dergleichen elendes Ange-
ben hierher zu ſetzen, halte fuͤr uͤberfluͤßig, und wil
dem gelehrten Leſer damit nicht beſchwerlich fallen.
Ob ich nun wohl, meine Gedanken zu bewei-
ſen, mich auf die Natur und Beſchaffenheit der
Samen, und auf meine vieljaͤhrige und genugſa-
me Experienz beruffen; ſo ſind ſie dennoch bey ihrer
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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/49>, abgerufen am 29.12.2024.
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