Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.Vorrede. che, wenn sie nur von Erfindung einer neuen ih-nen noch unbekanten Sache lallen hören, solche alsobald mit neidischen Augen ansehen. Denn da sie sich von ihrer Eigenliebe ganz beherrschen lassen, so wollen sie alles schon längstens einge- sehen haben und besser verstehen als andere, ja sie glauben, es sey nie mand geschikter etwas neu- es und nüzliches zu erfinden, als sie selbst. Deß- wegen können sie andern ihre Arbeit und Erfin- dung ohnmöglich gleichgültig ansehen, sondern critisiren darüber, verachten und tadeln alles, ob es gleich Sachen sind, die sie niemals ver- standen und erfahren haben, nur damit sie für klüger, geschickter und erfahrner als andere Leu- te gehalten werden und sich also ein Ansehen machen mögen. Allein die lieblosen Urtheile sol- cher Leute, welche etwan zu befürchten seyn möch- ten, verursachen mir in der That wenig Kummer. Denn wenn man sich an dergleichen Jeder- manns-Tadler kehren wolte, so dürfte kein recht- schaffener Mann zum besten des gemeinen We- sens, und zum Aufnehmen der öconomischen Wissenschaft die Feder ansetzen. Genung ist es mir, daß ich nicht um schnöden Gewinns und eit- ler Ehre willen, sondern lediglich, meinen Näch- sten durch Bekantmachung einiger Vortheile in Begattung der Gärten und Ländereyen zu die- nen, geschrieben habe. Jnzwischen ist meine Mei- nung gar nicht, andern meine Gedanken aufzu- dringen, noch vielweniger mich darüber in einen Streit einzulassen, sondern ich übergebe diesel- ben
Vorrede. che, wenn ſie nur von Erfindung einer neuen ih-nen noch unbekanten Sache lallen hoͤren, ſolche alſobald mit neidiſchen Augen anſehen. Denn da ſie ſich von ihrer Eigenliebe ganz beherrſchen laſſen, ſo wollen ſie alles ſchon laͤngſtens einge- ſehen haben und beſſer verſtehen als andere, ja ſie glauben, es ſey nie mand geſchikter etwas neu- es und nuͤzliches zu erfinden, als ſie ſelbſt. Deß- wegen koͤnnen ſie andern ihre Arbeit und Erfin- dung ohnmoͤglich gleichguͤltig anſehen, ſondern critiſiren daruͤber, verachten und tadeln alles, ob es gleich Sachen ſind, die ſie niemals ver- ſtanden und erfahren haben, nur damit ſie fuͤr kluͤger, geſchickter und erfahrner als andere Leu- te gehalten werden und ſich alſo ein Anſehen machen moͤgen. Allein die liebloſen Urtheile ſol- cher Leute, welche etwan zu befuͤrchten ſeyn moͤch- ten, verurſachen mir in der That wenig Kummer. Denn wenn man ſich an dergleichen Jeder- manns-Tadler kehren wolte, ſo duͤrfte kein recht- ſchaffener Mann zum beſten des gemeinen We- ſens, und zum Aufnehmen der oͤconomiſchen Wiſſenſchaft die Feder anſetzen. Genung iſt es mir, daß ich nicht um ſchnoͤden Gewinns und eit- ler Ehre willen, ſondern lediglich, meinen Naͤch- ſten durch Bekantmachung einiger Vortheile in Begattung der Gaͤrten und Laͤndereyen zu die- nen, geſchrieben habe. Jnzwiſchen iſt meine Mei- nung gar nicht, andern meine Gedanken aufzu- dringen, noch vielweniger mich daruͤber in einen Streit einzulaſſen, ſondern ich uͤbergebe dieſel- ben
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Vorrede.
che, wenn ſie nur von Erfindung einer neuen ih-
nen noch unbekanten Sache lallen hoͤren, ſolche
alſobald mit neidiſchen Augen anſehen. Denn
da ſie ſich von ihrer Eigenliebe ganz beherrſchen
laſſen, ſo wollen ſie alles ſchon laͤngſtens einge-
ſehen haben und beſſer verſtehen als andere, ja
ſie glauben, es ſey nie mand geſchikter etwas neu-
es und nuͤzliches zu erfinden, als ſie ſelbſt. Deß-
wegen koͤnnen ſie andern ihre Arbeit und Erfin-
dung ohnmoͤglich gleichguͤltig anſehen, ſondern
critiſiren daruͤber, verachten und tadeln alles,
ob es gleich Sachen ſind, die ſie niemals ver-
ſtanden und erfahren haben, nur damit ſie fuͤr
kluͤger, geſchickter und erfahrner als andere Leu-
te gehalten werden und ſich alſo ein Anſehen
machen moͤgen. Allein die liebloſen Urtheile ſol-
cher Leute, welche etwan zu befuͤrchten ſeyn moͤch-
ten, verurſachen mir in der That wenig Kummer.
Denn wenn man ſich an dergleichen Jeder-
manns-Tadler kehren wolte, ſo duͤrfte kein recht-
ſchaffener Mann zum beſten des gemeinen We-
ſens, und zum Aufnehmen der oͤconomiſchen
Wiſſenſchaft die Feder anſetzen. Genung iſt es
mir, daß ich nicht um ſchnoͤden Gewinns und eit-
ler Ehre willen, ſondern lediglich, meinen Naͤch-
ſten durch Bekantmachung einiger Vortheile in
Begattung der Gaͤrten und Laͤndereyen zu die-
nen, geſchrieben habe. Jnzwiſchen iſt meine Mei-
nung gar nicht, andern meine Gedanken aufzu-
dringen, noch vielweniger mich daruͤber in einen
Streit einzulaſſen, ſondern ich uͤbergebe dieſel-
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Zitationshilfe: | Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/20>, abgerufen am 16.02.2025. |