Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.14. Cap. Wie viel man ten und rauhen Wesen, ehe man sie säet, geschehenmüsse. Die mehresten gemeinen Leute sind so aber- glaubisch und einfältig, daß sie meynen, wenn die- ser Same nicht vorhero, ehe man ihn säete, wohl abgerieben würde, daß seine Stächelgen, Staub und anderer Unrath darvon käme, so würden die Möhren hiervon zackigt, und bekämen anstat einer gleichen und langen Wurzel, drey bis vier solchen Zacken, welches aber grundfalsch und höchst ein- fältig ist. Es wird völlig einerley seyn, ob man geriebenen oder ungeriebenen Samen säet, denn wenn sonsten der Same von einer- ley guter Art ist, so bekomt man gewiß von un- geriebnem Samen eben sowol als von geriebenem die schönsten und gleichesten Wurzeln. Es wird aber dieser Same um deßwillen gerieben, damit derselbe in dem Auswurf desto besser aus der Hand falle, denn so das rauche Wesen und dessen Stäch- lein daran bleiben, so ballet und drucket er sich in derselben zusammen, bleibet an einander hangen, und gehet nicht wohl heraus, oder so es ja geschie- het, so fället er klumpenweise auf die Erde. Warum aber die Möhren viele Zacken be- Erde
14. Cap. Wie viel man ten und rauhen Weſen, ehe man ſie ſaͤet, geſchehenmuͤſſe. Die mehreſten gemeinen Leute ſind ſo aber- glaubiſch und einfaͤltig, daß ſie meynen, wenn die- ſer Same nicht vorhero, ehe man ihn ſaͤete, wohl abgerieben wuͤrde, daß ſeine Staͤchelgen, Staub und anderer Unrath darvon kaͤme, ſo wuͤrden die Moͤhren hiervon zackigt, und bekaͤmen anſtat einer gleichen und langen Wurzel, drey bis vier ſolchen Zacken, welches aber grundfalſch und hoͤchſt ein- faͤltig iſt. Es wird voͤllig einerley ſeyn, ob man geriebenen oder ungeriebenen Samen ſaͤet, denn wenn ſonſten der Same von einer- ley guter Art iſt, ſo bekomt man gewiß von un- geriebnem Samen eben ſowol als von geriebenem die ſchoͤnſten und gleicheſten Wurzeln. Es wird aber dieſer Same um deßwillen gerieben, damit derſelbe in dem Auswurf deſto beſſer aus der Hand falle, denn ſo das rauche Weſen und deſſen Staͤch- lein daran bleiben, ſo ballet und drucket er ſich in derſelben zuſammen, bleibet an einander hangen, und gehet nicht wohl heraus, oder ſo es ja geſchie- het, ſo faͤllet er klumpenweiſe auf die Erde. Warum aber die Moͤhren viele Zacken be- Erde
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14. Cap. Wie viel man
ten und rauhen Weſen, ehe man ſie ſaͤet, geſchehen
muͤſſe. Die mehreſten gemeinen Leute ſind ſo aber-
glaubiſch und einfaͤltig, daß ſie meynen, wenn die-
ſer Same nicht vorhero, ehe man ihn ſaͤete, wohl
abgerieben wuͤrde, daß ſeine Staͤchelgen, Staub
und anderer Unrath darvon kaͤme, ſo wuͤrden die
Moͤhren hiervon zackigt, und bekaͤmen anſtat einer
gleichen und langen Wurzel, drey bis vier ſolchen
Zacken, welches aber grundfalſch und hoͤchſt ein-
faͤltig iſt. Es wird voͤllig einerley ſeyn, ob
man geriebenen oder ungeriebenen Samen
ſaͤet, denn wenn ſonſten der Same von einer-
ley guter Art iſt, ſo bekomt man gewiß von un-
geriebnem Samen eben ſowol als von geriebenem
die ſchoͤnſten und gleicheſten Wurzeln. Es wird
aber dieſer Same um deßwillen gerieben, damit
derſelbe in dem Auswurf deſto beſſer aus der Hand
falle, denn ſo das rauche Weſen und deſſen Staͤch-
lein daran bleiben, ſo ballet und drucket er ſich in
derſelben zuſammen, bleibet an einander hangen,
und gehet nicht wohl heraus, oder ſo es ja geſchie-
het, ſo faͤllet er klumpenweiſe auf die Erde.
Warum aber die Moͤhren viele Zacken be-
kommen, (dieſes iſt uͤberhaupt von allen Gewuͤrz-
lich zu verſtehen) iſt die Urſache, wenn 1) das Land
nicht tief genung gegraben oder mit vier Pferden
geackert werden. Denn ſo tief als die Boden lo-
cker gemacht worden, ſo tief wachſen auch die Wur-
zeln unter ſich. Wird nun der Boden zu flach zu-
bereitet, und ſtehet unten noch feſte, ſo wachſen ſie
nicht tiefer hinunter, und theilen ſich auf der feſten
Erde
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