Als dieser oben gedachte zusammen gefrorne Samen-Klumpen in die Mulde geleget wurde, wolten meine Kinder solchen mit den Händen zerreiben, welches ich ihnen aber nicht erlaubte. Denn es fiel mir gleich dabey ein, daß er sich da- mit eben so wie mit denen Kräutern und in Specie mit der Roßmarie verhalten könte, welche im Herbst noch nicht in Sicherheit, oder auch im Früh- jahr zu bald in die Gärten gebracht worden, und einen starken Reif oder Frost bekommen haben. So man solche mit denen Händen angreifet oder betastet, so verderben sie und werden schwarz: wenn man sie aber in ihrem Froste unberührt ste- hen, und nachhero die Sonne darauf scheinen läs- set; so ziehet sich der Frost wiederum heraus, und die Kräuter bleiben gut. Auf gleiche Weise glau- be ich, daß fast kein Körnlein von meinem Samen würde gut geblieben seyn, wo ich nicht alle Präcau- tion gebrauchet hätte.
Wie es aber mit diesem Packe unter Weges, und während vielen Stationen zugegangen, daß es so naß geworden, kan ich nicht eigentlich sagen; jedoch ist glaublich, daß ein Postillion dieses Pa- quet hat lassen in das Wasser fallen; oder es kan auch seyn, daß solches in den Post-Wagen frey hingeleget worden, daß der damalige viele Regen und Schnee unter einander darauf hat fallen kön- nen, welches gar probabel zu seyn scheinet. Es kan mir aber dieser Einwurf gemacht werden: wie kan es möglich seyn, daß bey solcher kalten Witterung der Samen hat käumen und durch
den
10. Cap. Von Fermentation
Als dieſer oben gedachte zuſammen gefrorne Samen-Klumpen in die Mulde geleget wurde, wolten meine Kinder ſolchen mit den Haͤnden zerreiben, welches ich ihnen aber nicht erlaubte. Denn es fiel mir gleich dabey ein, daß er ſich da- mit eben ſo wie mit denen Kraͤutern und in Specie mit der Roßmarie verhalten koͤnte, welche im Herbſt noch nicht in Sicherheit, oder auch im Fruͤh- jahr zu bald in die Gaͤrten gebracht worden, und einen ſtarken Reif oder Froſt bekommen haben. So man ſolche mit denen Haͤnden angreifet oder betaſtet, ſo verderben ſie und werden ſchwarz: wenn man ſie aber in ihrem Froſte unberuͤhrt ſte- hen, und nachhero die Sonne darauf ſcheinen laͤſ- ſet; ſo ziehet ſich der Froſt wiederum heraus, und die Kraͤuter bleiben gut. Auf gleiche Weiſe glau- be ich, daß faſt kein Koͤrnlein von meinem Samen wuͤrde gut geblieben ſeyn, wo ich nicht alle Praͤcau- tion gebrauchet haͤtte.
Wie es aber mit dieſem Packe unter Weges, und waͤhrend vielen Stationen zugegangen, daß es ſo naß geworden, kan ich nicht eigentlich ſagen; jedoch iſt glaublich, daß ein Poſtillion dieſes Pa- quet hat laſſen in das Waſſer fallen; oder es kan auch ſeyn, daß ſolches in den Poſt-Wagen frey hingeleget worden, daß der damalige viele Regen und Schnee unter einander darauf hat fallen koͤn- nen, welches gar probabel zu ſeyn ſcheinet. Es kan mir aber dieſer Einwurf gemacht werden: wie kan es moͤglich ſeyn, daß bey ſolcher kalten Witterung der Samen hat kaͤumen und durch
den
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0105"n="84"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">10. Cap. Von Fermentation</hi></fw><lb/><p>Als dieſer oben gedachte zuſammen gefrorne<lb/>
Samen-Klumpen in die Mulde geleget wurde,<lb/>
wolten meine Kinder ſolchen mit den Haͤnden<lb/>
zerreiben, welches ich ihnen aber nicht erlaubte.<lb/>
Denn es fiel mir gleich dabey ein, daß er ſich da-<lb/>
mit eben ſo wie mit denen Kraͤutern und <hirendition="#aq">in Specie</hi><lb/>
mit der Roßmarie verhalten koͤnte, welche im<lb/>
Herbſt noch nicht in Sicherheit, oder auch im Fruͤh-<lb/>
jahr zu bald in die Gaͤrten gebracht worden, und<lb/>
einen ſtarken Reif oder Froſt bekommen haben.<lb/>
So man ſolche mit denen Haͤnden angreifet oder<lb/>
betaſtet, ſo verderben ſie und werden ſchwarz:<lb/>
wenn man ſie aber in ihrem Froſte unberuͤhrt ſte-<lb/>
hen, und nachhero die Sonne darauf ſcheinen laͤſ-<lb/>ſet; ſo ziehet ſich der Froſt wiederum heraus, und<lb/>
die Kraͤuter bleiben gut. Auf gleiche Weiſe glau-<lb/>
be ich, daß faſt kein Koͤrnlein von meinem Samen<lb/>
wuͤrde gut geblieben ſeyn, wo ich nicht alle Praͤcau-<lb/>
tion gebrauchet haͤtte.</p><lb/><p>Wie es aber mit dieſem Packe unter Weges,<lb/>
und waͤhrend vielen Stationen zugegangen, daß<lb/>
es ſo naß geworden, kan ich nicht eigentlich ſagen;<lb/>
jedoch iſt glaublich, daß ein Poſtillion dieſes Pa-<lb/>
quet hat laſſen in das Waſſer fallen; oder es kan<lb/>
auch ſeyn, daß ſolches in den Poſt-Wagen frey<lb/>
hingeleget worden, daß der damalige viele Regen<lb/>
und Schnee unter einander darauf hat fallen koͤn-<lb/>
nen, welches gar probabel zu ſeyn ſcheinet. Es<lb/>
kan mir aber dieſer Einwurf gemacht werden:<lb/>
wie kan es moͤglich ſeyn, daß bey ſolcher kalten<lb/>
Witterung der Samen hat kaͤumen und durch<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[84/0105]
10. Cap. Von Fermentation
Als dieſer oben gedachte zuſammen gefrorne
Samen-Klumpen in die Mulde geleget wurde,
wolten meine Kinder ſolchen mit den Haͤnden
zerreiben, welches ich ihnen aber nicht erlaubte.
Denn es fiel mir gleich dabey ein, daß er ſich da-
mit eben ſo wie mit denen Kraͤutern und in Specie
mit der Roßmarie verhalten koͤnte, welche im
Herbſt noch nicht in Sicherheit, oder auch im Fruͤh-
jahr zu bald in die Gaͤrten gebracht worden, und
einen ſtarken Reif oder Froſt bekommen haben.
So man ſolche mit denen Haͤnden angreifet oder
betaſtet, ſo verderben ſie und werden ſchwarz:
wenn man ſie aber in ihrem Froſte unberuͤhrt ſte-
hen, und nachhero die Sonne darauf ſcheinen laͤſ-
ſet; ſo ziehet ſich der Froſt wiederum heraus, und
die Kraͤuter bleiben gut. Auf gleiche Weiſe glau-
be ich, daß faſt kein Koͤrnlein von meinem Samen
wuͤrde gut geblieben ſeyn, wo ich nicht alle Praͤcau-
tion gebrauchet haͤtte.
Wie es aber mit dieſem Packe unter Weges,
und waͤhrend vielen Stationen zugegangen, daß
es ſo naß geworden, kan ich nicht eigentlich ſagen;
jedoch iſt glaublich, daß ein Poſtillion dieſes Pa-
quet hat laſſen in das Waſſer fallen; oder es kan
auch ſeyn, daß ſolches in den Poſt-Wagen frey
hingeleget worden, daß der damalige viele Regen
und Schnee unter einander darauf hat fallen koͤn-
nen, welches gar probabel zu ſeyn ſcheinet. Es
kan mir aber dieſer Einwurf gemacht werden:
wie kan es moͤglich ſeyn, daß bey ſolcher kalten
Witterung der Samen hat kaͤumen und durch
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/105>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.