Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Neuntes Buch. Zweites Capitel. auch aussehen möge, bezeichneten sie als verderblich undtyrannisch; auch die einzelnen Bestimmungen des Interim griffen sie mit vielem Ernst an: in einer Erläuterung der Justification von Melanchthons Hand werden die protestan- tischen Grundsätze mit aller Schärfe hervorgehoben. Ganz nach diesem Vorgang stellten die Stände dem Churfürsten vor, daß die Lehre ihrer Lande eben die sey, welche die Glie- der der wahren katholischen Kirche von jeher bekannt: sie erinnerten ihn an sein Versprechen sie dabei zu schützen, das auf allen Kanzeln dem Volk und durch offenen Druck der Welt bekannt gemacht worden sey. Und dazu kam nun daß es im Reiche noch unüber- In ganz Niedersachsen sprachen sich die Oberhäupter Besonders heftig lautete die Erklärung von Magdeburg. usibus cerimoniarum rejectis et repudiatis redierimus ad primam
et veterem catholicae ecclesiae doctrinam et traditiones. Neuntes Buch. Zweites Capitel. auch ausſehen möge, bezeichneten ſie als verderblich undtyranniſch; auch die einzelnen Beſtimmungen des Interim griffen ſie mit vielem Ernſt an: in einer Erläuterung der Juſtification von Melanchthons Hand werden die proteſtan- tiſchen Grundſätze mit aller Schärfe hervorgehoben. Ganz nach dieſem Vorgang ſtellten die Stände dem Churfürſten vor, daß die Lehre ihrer Lande eben die ſey, welche die Glie- der der wahren katholiſchen Kirche von jeher bekannt: ſie erinnerten ihn an ſein Verſprechen ſie dabei zu ſchützen, das auf allen Kanzeln dem Volk und durch offenen Druck der Welt bekannt gemacht worden ſey. Und dazu kam nun daß es im Reiche noch unüber- In ganz Niederſachſen ſprachen ſich die Oberhäupter Beſonders heftig lautete die Erklärung von Magdeburg. usibus cerimoniarum rejectis et repudiatis redierimus ad primam
et veterem catholicae ecclesiae doctrinam et traditiones. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0082" n="70"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> auch ausſehen möge, bezeichneten ſie als verderblich und<lb/> tyranniſch; auch die einzelnen Beſtimmungen des Interim<lb/> griffen ſie mit vielem Ernſt an: in einer Erläuterung der<lb/> Juſtification von Melanchthons Hand werden die proteſtan-<lb/> tiſchen Grundſätze mit aller Schärfe hervorgehoben. Ganz<lb/> nach dieſem Vorgang ſtellten die Stände dem Churfürſten<lb/> vor, daß die Lehre ihrer Lande eben die ſey, welche die Glie-<lb/> der der wahren katholiſchen Kirche von jeher bekannt: ſie<lb/> erinnerten ihn an ſein Verſprechen ſie dabei zu ſchützen, das<lb/> auf allen Kanzeln dem Volk und durch offenen Druck der<lb/> Welt bekannt gemacht worden ſey.</p><lb/> <p>Und dazu kam nun daß es im Reiche noch unüber-<lb/> wundene Regionen gab, welche dem kaiſerlichen Willen zu-<lb/> gleich politiſchen und geiſtlichen Widerſtand entgegenſetzten.</p><lb/> <p>In ganz Niederſachſen ſprachen ſich die Oberhäupter<lb/> der Geiſtlichkeit dagegen aus, Äpinus zu Hamburg, Johann<lb/> Amſterdamus zu Bremen, Medler zu Braunſchweig; überall<lb/> wurden Synoden gehalten: zu Minden, Mölln, Hamburg;<lb/> die Städte correſpondirten darüber unter einander, und wur-<lb/> den endlich einig, wie der kaiſerliche Truchſeß Könneritz be-<lb/> richtet, das Interim ſämmtlich zu verwerfen, Leib und Gut<lb/> darüber zuſammenzuſetzen.</p><lb/> <p>Beſonders heftig lautete die Erklärung von Magdeburg.<lb/> Das Interim verdunkle den Hauptartikel des chriſtlichen Glau-<lb/> bens, daß wir durch den Glauben ohne alle Werke gerecht<lb/> und ſelig werden; es richte die Anrufung der Verſtorbenen,<lb/> Vigilien, Seelmeſſen und die ganze Gottesläſterung des Pap-<lb/><note xml:id="seg2pn_9_2" prev="#seg2pn_9_1" place="foot" n="3"><hi rendition="#aq">usibus cerimoniarum rejectis et repudiatis redierimus ad primam<lb/> et veterem catholicae ecclesiae doctrinam et traditiones.</hi></note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0082]
Neuntes Buch. Zweites Capitel.
auch ausſehen möge, bezeichneten ſie als verderblich und
tyranniſch; auch die einzelnen Beſtimmungen des Interim
griffen ſie mit vielem Ernſt an: in einer Erläuterung der
Juſtification von Melanchthons Hand werden die proteſtan-
tiſchen Grundſätze mit aller Schärfe hervorgehoben. Ganz
nach dieſem Vorgang ſtellten die Stände dem Churfürſten
vor, daß die Lehre ihrer Lande eben die ſey, welche die Glie-
der der wahren katholiſchen Kirche von jeher bekannt: ſie
erinnerten ihn an ſein Verſprechen ſie dabei zu ſchützen, das
auf allen Kanzeln dem Volk und durch offenen Druck der
Welt bekannt gemacht worden ſey.
Und dazu kam nun daß es im Reiche noch unüber-
wundene Regionen gab, welche dem kaiſerlichen Willen zu-
gleich politiſchen und geiſtlichen Widerſtand entgegenſetzten.
In ganz Niederſachſen ſprachen ſich die Oberhäupter
der Geiſtlichkeit dagegen aus, Äpinus zu Hamburg, Johann
Amſterdamus zu Bremen, Medler zu Braunſchweig; überall
wurden Synoden gehalten: zu Minden, Mölln, Hamburg;
die Städte correſpondirten darüber unter einander, und wur-
den endlich einig, wie der kaiſerliche Truchſeß Könneritz be-
richtet, das Interim ſämmtlich zu verwerfen, Leib und Gut
darüber zuſammenzuſetzen.
Beſonders heftig lautete die Erklärung von Magdeburg.
Das Interim verdunkle den Hauptartikel des chriſtlichen Glau-
bens, daß wir durch den Glauben ohne alle Werke gerecht
und ſelig werden; es richte die Anrufung der Verſtorbenen,
Vigilien, Seelmeſſen und die ganze Gottesläſterung des Pap-
3
3 usibus cerimoniarum rejectis et repudiatis redierimus ad primam
et veterem catholicae ecclesiae doctrinam et traditiones.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |