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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Botanik.
und Wissenschaftlichkeit vereinigen der fortan für den Fort-
gang des Studiums eine treffliche Grundlage bildete und
noch heute unentbehrlich ist.

Das Gleiche wünschte Geßner nun auch für das Pflan-
zenreich zu leisten, wofür er sein ganzes Lebenlang im Stillen
gearbeitet und alles vorbereitet hatte; doch war es ihm nicht
beschieden, damit zu Stande zu kommen. Große Erwartun-
gen erweckte einst für diesen Zweig Valerius Cordus, der als
Studirender und junger Lehrer in Wittenberg sich so zu sa-
gen in inneren Besitz der Pflanzenbeschreibungen der Alten
setzte, und damit einen unermüdlichen Eifer selber zu suchen
und zu beobachten verband: er hat das meißnische Hochland
ganze Tage durchstreift, um ein einziges Heilkraut zu finden;
aber eben dieser Ungestüm der Lernbegier zog ihm auf einer
italienischen Reise, wo er des Climas nicht achtete, einen frü-
hen Tod zu. 1 Man kam jedoch auch hier um vieles wei-
ter. Man hatte den natürlichen Vortheil über die Alten,
daß sich die wissenschaftliche Forschung eines von denselben
noch nicht beherrschten Ländergebietes bemächtigen konnte.
In den Kräuterbüchern von Brunfels und Fuchs werden
hauptsächlich die einheimischen Gewächse in die allgemeine
Kunde eingeführt. 2


1 Per mare sic rutilas pinus latura cohortes
Ante diem rapido fulmine mota cadit,

sagt Cruciger von ihm, wie denn überhaupt sein Tod als ein allge-
meiner Verlust beklagt ward.
2 Es war ein ganz eigenes Unglück der Botanik, daß L. Fuchs
ein größeres auf 3 Theile, jeden mit 300 Abbildungen, berechnetes
sehr weit verbreitetes Werk "von allerlei Bäumen und Kräutern"
auch nicht beendigte. Sein Briefwechsel mit Albrecht bei Voigt
p. 274.
Ranke D. Gesch. V. 31

Botanik.
und Wiſſenſchaftlichkeit vereinigen der fortan für den Fort-
gang des Studiums eine treffliche Grundlage bildete und
noch heute unentbehrlich iſt.

Das Gleiche wünſchte Geßner nun auch für das Pflan-
zenreich zu leiſten, wofür er ſein ganzes Lebenlang im Stillen
gearbeitet und alles vorbereitet hatte; doch war es ihm nicht
beſchieden, damit zu Stande zu kommen. Große Erwartun-
gen erweckte einſt für dieſen Zweig Valerius Cordus, der als
Studirender und junger Lehrer in Wittenberg ſich ſo zu ſa-
gen in inneren Beſitz der Pflanzenbeſchreibungen der Alten
ſetzte, und damit einen unermüdlichen Eifer ſelber zu ſuchen
und zu beobachten verband: er hat das meißniſche Hochland
ganze Tage durchſtreift, um ein einziges Heilkraut zu finden;
aber eben dieſer Ungeſtüm der Lernbegier zog ihm auf einer
italieniſchen Reiſe, wo er des Climas nicht achtete, einen frü-
hen Tod zu. 1 Man kam jedoch auch hier um vieles wei-
ter. Man hatte den natürlichen Vortheil über die Alten,
daß ſich die wiſſenſchaftliche Forſchung eines von denſelben
noch nicht beherrſchten Ländergebietes bemächtigen konnte.
In den Kräuterbüchern von Brunfels und Fuchs werden
hauptſächlich die einheimiſchen Gewächſe in die allgemeine
Kunde eingeführt. 2


1 Per mare sic rutilas pinus latura cohortes
Ante diem rapido fulmine mota cadit,

ſagt Cruciger von ihm, wie denn uͤberhaupt ſein Tod als ein allge-
meiner Verluſt beklagt ward.
2 Es war ein ganz eigenes Ungluͤck der Botanik, daß L. Fuchs
ein groͤßeres auf 3 Theile, jeden mit 300 Abbildungen, berechnetes
ſehr weit verbreitetes Werk „von allerlei Baͤumen und Kraͤutern“
auch nicht beendigte. Sein Briefwechſel mit Albrecht bei Voigt
p. 274.
Ranke D. Geſch. V. 31
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[481/0493] Botanik. und Wiſſenſchaftlichkeit vereinigen der fortan für den Fort- gang des Studiums eine treffliche Grundlage bildete und noch heute unentbehrlich iſt. Das Gleiche wünſchte Geßner nun auch für das Pflan- zenreich zu leiſten, wofür er ſein ganzes Lebenlang im Stillen gearbeitet und alles vorbereitet hatte; doch war es ihm nicht beſchieden, damit zu Stande zu kommen. Große Erwartun- gen erweckte einſt für dieſen Zweig Valerius Cordus, der als Studirender und junger Lehrer in Wittenberg ſich ſo zu ſa- gen in inneren Beſitz der Pflanzenbeſchreibungen der Alten ſetzte, und damit einen unermüdlichen Eifer ſelber zu ſuchen und zu beobachten verband: er hat das meißniſche Hochland ganze Tage durchſtreift, um ein einziges Heilkraut zu finden; aber eben dieſer Ungeſtüm der Lernbegier zog ihm auf einer italieniſchen Reiſe, wo er des Climas nicht achtete, einen frü- hen Tod zu. 1 Man kam jedoch auch hier um vieles wei- ter. Man hatte den natürlichen Vortheil über die Alten, daß ſich die wiſſenſchaftliche Forſchung eines von denſelben noch nicht beherrſchten Ländergebietes bemächtigen konnte. In den Kräuterbüchern von Brunfels und Fuchs werden hauptſächlich die einheimiſchen Gewächſe in die allgemeine Kunde eingeführt. 2 1 Per mare sic rutilas pinus latura cohortes Ante diem rapido fulmine mota cadit, ſagt Cruciger von ihm, wie denn uͤberhaupt ſein Tod als ein allge- meiner Verluſt beklagt ward. 2 Es war ein ganz eigenes Ungluͤck der Botanik, daß L. Fuchs ein groͤßeres auf 3 Theile, jeden mit 300 Abbildungen, berechnetes ſehr weit verbreitetes Werk „von allerlei Baͤumen und Kraͤutern“ auch nicht beendigte. Sein Briefwechſel mit Albrecht bei Voigt p. 274. Ranke D. Geſch. V. 31

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/493>, abgerufen am 25.11.2024.