zu erörtern wie sehr dieser Gedanke außerhalb alles Her- kommens deutscher Stände lag.
Auch fand derselbe, wie wir aus den Protocollen des Churfürstenrathes sehen, starken Widerstand. Mainz be- merkte: durch die letzten Kriege sey ein Jeder in seinem Kam- mergut erschöpft, eine neue Forderung an die ohnehin be- schwerten Unterthanen dürfte Unruhen veranlassen. Bran- denburg meinte, der Kaiser sey wohl an sich mächtig genug, zumal bei den Ordnungen des Kammergerichts und des Land- friedens, einen auftauchenden Widerstand zu erdrücken: man möge doch ja nicht etwas bewilligen was dann vielleicht nicht geleistet werden könne. 1 So erklärten sich auch Pfalz und Trier. Sachsen wünschte wenigstens Aufschub. Cölln, jetzt am meisten kaiserlich gesinnt, rieth doch in diesem Fall, den Kaiser lieber mit der Beitreibung der noch aus dem letz- ten Türkenkrieg rückständigen Steuer zu befriedigen. Genug sie waren im Grunde alle dagegen.
Allein es schien jetzt als könne das Reich dem Kaiser nichts mehr abschlagen. Ein Ausschuß ward niedergesetzt, dessen Gutachten alle Gegengründe aufzählt, und doch mit der Bewilligung eines halben Romzugs zu dem angegebenen Zwecke schließt. Fürsten und Churfürsten zogen dasselbe in wei- tere Berathung: sie endigten damit, dieß Erbieten auf einen
1 Votum von Brandenburg. "Kan nit erachten das die ks. Mt darumb beweget werden solt in dem das unmöglich; were besser die ursachen jetzo anzuzeigen, denn das man zusagen solt und nit lei- sten; das h. Reich stehe jetzt in ruiglichem wesen, obgleich was ent- stund, seyen die kais. Mt also gefaßt dasselbig zu hindern; - - wann solchs füglich mit erzellung des unvermogens kaiserlicher Mt fürge- tragen wirdet, wird es ks. Mt zu keinen ungnaden bewegen." (Pro- tocoll im Berl. Arch.)
Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
zu erörtern wie ſehr dieſer Gedanke außerhalb alles Her- kommens deutſcher Stände lag.
Auch fand derſelbe, wie wir aus den Protocollen des Churfürſtenrathes ſehen, ſtarken Widerſtand. Mainz be- merkte: durch die letzten Kriege ſey ein Jeder in ſeinem Kam- mergut erſchöpft, eine neue Forderung an die ohnehin be- ſchwerten Unterthanen dürfte Unruhen veranlaſſen. Bran- denburg meinte, der Kaiſer ſey wohl an ſich mächtig genug, zumal bei den Ordnungen des Kammergerichts und des Land- friedens, einen auftauchenden Widerſtand zu erdrücken: man möge doch ja nicht etwas bewilligen was dann vielleicht nicht geleiſtet werden könne. 1 So erklärten ſich auch Pfalz und Trier. Sachſen wünſchte wenigſtens Aufſchub. Cölln, jetzt am meiſten kaiſerlich geſinnt, rieth doch in dieſem Fall, den Kaiſer lieber mit der Beitreibung der noch aus dem letz- ten Türkenkrieg rückſtändigen Steuer zu befriedigen. Genug ſie waren im Grunde alle dagegen.
Allein es ſchien jetzt als könne das Reich dem Kaiſer nichts mehr abſchlagen. Ein Ausſchuß ward niedergeſetzt, deſſen Gutachten alle Gegengründe aufzählt, und doch mit der Bewilligung eines halben Romzugs zu dem angegebenen Zwecke ſchließt. Fürſten und Churfürſten zogen daſſelbe in wei- tere Berathung: ſie endigten damit, dieß Erbieten auf einen
1 Votum von Brandenburg. „Kan nit erachten das die kſ. Mt darumb beweget werden ſolt in dem das unmoͤglich; were beſſer die urſachen jetzo anzuzeigen, denn das man zuſagen ſolt und nit lei- ſten; das h. Reich ſtehe jetzt in ruiglichem weſen, obgleich was ent- ſtund, ſeyen die kaiſ. Mt alſo gefaßt daſſelbig zu hindern; ‒ ‒ wann ſolchs fuͤglich mit erzellung des unvermogens kaiſerlicher Mt fuͤrge- tragen wirdet, wird es kſ. Mt zu keinen ungnaden bewegen.“ (Pro- tocoll im Berl. Arch.)
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Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
zu erörtern wie ſehr dieſer Gedanke außerhalb alles Her-
kommens deutſcher Stände lag.
Auch fand derſelbe, wie wir aus den Protocollen des
Churfürſtenrathes ſehen, ſtarken Widerſtand. Mainz be-
merkte: durch die letzten Kriege ſey ein Jeder in ſeinem Kam-
mergut erſchöpft, eine neue Forderung an die ohnehin be-
ſchwerten Unterthanen dürfte Unruhen veranlaſſen. Bran-
denburg meinte, der Kaiſer ſey wohl an ſich mächtig genug,
zumal bei den Ordnungen des Kammergerichts und des Land-
friedens, einen auftauchenden Widerſtand zu erdrücken: man
möge doch ja nicht etwas bewilligen was dann vielleicht
nicht geleiſtet werden könne. 1 So erklärten ſich auch Pfalz
und Trier. Sachſen wünſchte wenigſtens Aufſchub. Cölln,
jetzt am meiſten kaiſerlich geſinnt, rieth doch in dieſem Fall,
den Kaiſer lieber mit der Beitreibung der noch aus dem letz-
ten Türkenkrieg rückſtändigen Steuer zu befriedigen. Genug
ſie waren im Grunde alle dagegen.
Allein es ſchien jetzt als könne das Reich dem Kaiſer
nichts mehr abſchlagen. Ein Ausſchuß ward niedergeſetzt,
deſſen Gutachten alle Gegengründe aufzählt, und doch mit
der Bewilligung eines halben Romzugs zu dem angegebenen
Zwecke ſchließt. Fürſten und Churfürſten zogen daſſelbe in wei-
tere Berathung: ſie endigten damit, dieß Erbieten auf einen
1 Votum von Brandenburg. „Kan nit erachten das die kſ.
Mt darumb beweget werden ſolt in dem das unmoͤglich; were beſſer
die urſachen jetzo anzuzeigen, denn das man zuſagen ſolt und nit lei-
ſten; das h. Reich ſtehe jetzt in ruiglichem weſen, obgleich was ent-
ſtund, ſeyen die kaiſ. Mt alſo gefaßt daſſelbig zu hindern; ‒ ‒ wann
ſolchs fuͤglich mit erzellung des unvermogens kaiſerlicher Mt fuͤrge-
tragen wirdet, wird es kſ. Mt zu keinen ungnaden bewegen.“ (Pro-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/42>, abgerufen am 16.02.2025.
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