nächst an den kaiserlichen Hof. Erst nachdem hier Bera- thung darüber gepflogen und vorläufig Beschluß gefaßt war, wurden sie dem königlichen Hofe zu London mitgetheilt. Da- durch entstand nun nicht allein eine neue, sehr unzuträgliche Verzögerung, sondern bald gaben sich auch Meinungsver- schiedenheiten der Minister und der Höfe kund. "Was wir hier diesseit machen," heißt es in einem Schreiben vom Hofe Philipps, "wird von Euch da drüben verdorben, und von uns, was Ihr macht." 1 Nachdem Mendoza und Gonzaga gefallen, konnte sich auch Granvella, ja selbst Königin Ma- ria, welche bisher die Regierung in der Nähe des Kaisers ungefähr in demselben Sinne geleitet wie jene in Italien, nicht länger in ihrer Autorität behaupten. Das neue Sy- stem das Philipp gründete, trieb das alte mit Nothwendig- keit aus seiner Stelle.
Da ereignete sich nun, daß Donna Juana, die Mut- ter des Kaisers, deren Name, mit dem ihres Sohnes vereinigt, noch immer an der Spitze aller königlichen Er- lasse stand, nach einem besonders heftigen Ausbruch ihres Wahnsinns endlich verstarb. Um das hierüber erforder- lich Werdende vorzukehren, und den Spaniern die Genug- thuung zu geben, die sie in der Anwesenheit eines Fürsten aus dem regierenden Hause von jeher erblickten, schien es nöthig, daß entweder Carl selbst oder Philipp nach Spa- nien gienge.
Eine Zeitlang schwankten die Meinungen in Brüssel, wel- cher von Beiden diese Reise unternehmen würde: ein ernst- licher Zweifel konnte aber wohl niemals obwalten.
1 Mitgetheilt in den Dispacci fiorentini.
Zehntes Buch. Sechstes Capitel.
nächſt an den kaiſerlichen Hof. Erſt nachdem hier Bera- thung darüber gepflogen und vorläufig Beſchluß gefaßt war, wurden ſie dem königlichen Hofe zu London mitgetheilt. Da- durch entſtand nun nicht allein eine neue, ſehr unzuträgliche Verzögerung, ſondern bald gaben ſich auch Meinungsver- ſchiedenheiten der Miniſter und der Höfe kund. „Was wir hier dieſſeit machen,“ heißt es in einem Schreiben vom Hofe Philipps, „wird von Euch da drüben verdorben, und von uns, was Ihr macht.“ 1 Nachdem Mendoza und Gonzaga gefallen, konnte ſich auch Granvella, ja ſelbſt Königin Ma- ria, welche bisher die Regierung in der Nähe des Kaiſers ungefähr in demſelben Sinne geleitet wie jene in Italien, nicht länger in ihrer Autorität behaupten. Das neue Sy- ſtem das Philipp gründete, trieb das alte mit Nothwendig- keit aus ſeiner Stelle.
Da ereignete ſich nun, daß Donna Juana, die Mut- ter des Kaiſers, deren Name, mit dem ihres Sohnes vereinigt, noch immer an der Spitze aller königlichen Er- laſſe ſtand, nach einem beſonders heftigen Ausbruch ihres Wahnſinns endlich verſtarb. Um das hierüber erforder- lich Werdende vorzukehren, und den Spaniern die Genug- thuung zu geben, die ſie in der Anweſenheit eines Fürſten aus dem regierenden Hauſe von jeher erblickten, ſchien es nöthig, daß entweder Carl ſelbſt oder Philipp nach Spa- nien gienge.
Eine Zeitlang ſchwankten die Meinungen in Brüſſel, wel- cher von Beiden dieſe Reiſe unternehmen würde: ein ernſt- licher Zweifel konnte aber wohl niemals obwalten.
1 Mitgetheilt in den Dispacci fiorentini.
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Zehntes Buch. Sechstes Capitel.
nächſt an den kaiſerlichen Hof. Erſt nachdem hier Bera-
thung darüber gepflogen und vorläufig Beſchluß gefaßt war,
wurden ſie dem königlichen Hofe zu London mitgetheilt. Da-
durch entſtand nun nicht allein eine neue, ſehr unzuträgliche
Verzögerung, ſondern bald gaben ſich auch Meinungsver-
ſchiedenheiten der Miniſter und der Höfe kund. „Was wir
hier dieſſeit machen,“ heißt es in einem Schreiben vom Hofe
Philipps, „wird von Euch da drüben verdorben, und von
uns, was Ihr macht.“ 1 Nachdem Mendoza und Gonzaga
gefallen, konnte ſich auch Granvella, ja ſelbſt Königin Ma-
ria, welche bisher die Regierung in der Nähe des Kaiſers
ungefähr in demſelben Sinne geleitet wie jene in Italien,
nicht länger in ihrer Autorität behaupten. Das neue Sy-
ſtem das Philipp gründete, trieb das alte mit Nothwendig-
keit aus ſeiner Stelle.
Da ereignete ſich nun, daß Donna Juana, die Mut-
ter des Kaiſers, deren Name, mit dem ihres Sohnes
vereinigt, noch immer an der Spitze aller königlichen Er-
laſſe ſtand, nach einem beſonders heftigen Ausbruch ihres
Wahnſinns endlich verſtarb. Um das hierüber erforder-
lich Werdende vorzukehren, und den Spaniern die Genug-
thuung zu geben, die ſie in der Anweſenheit eines Fürſten
aus dem regierenden Hauſe von jeher erblickten, ſchien es
nöthig, daß entweder Carl ſelbſt oder Philipp nach Spa-
nien gienge.
Eine Zeitlang ſchwankten die Meinungen in Brüſſel, wel-
cher von Beiden dieſe Reiſe unternehmen würde: ein ernſt-
licher Zweifel konnte aber wohl niemals obwalten.
1 Mitgetheilt in den Dispacci fiorentini.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/416>, abgerufen am 23.07.2024.
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