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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Zehntes Buch. Fünftes Capitel.
sie ja doch bewilligen müsse; eine solche Beschränkung des
Bekenntnisses dürfe man sich nicht gefallen lassen.

Andere jedoch erwiederten, diese sey vielleicht so groß
nicht, wie sie scheine. Der Übertritt ganzer Capitel werde
in der vorgeschlagenen Formel nicht verboten; auch werde den
Capiteln nicht aufgelegt, sondern nur zugelassen, Bischöfe, die
der Confession beigetreten, durch Andere, Altgläubige zu er-
setzen. Trotz der Beschränkung die in dem Vorbehalt liege,
sey der Friede vortheilhafter als jemals ein andrer, und man
werde ihn nicht ausschlagen dürfen.

Dieser Meinung war vornehmlich Churfürst A[ - 1 Zeichen fehlt][g]gust von
Sachsen. Auf die Anfrage seiner Räthe bemerkte er zwar alle
die Nachtheile die aus einer Satzung wie die vorgeschlagene
entspringen müßten: aber er verwarf sie nicht entschieden, be-
sonders wenn in dem Abschied angegeben werde, daß die Stände
sich nicht dazu vereinigt, und unter der Voraussetzung, daß
man ihm eine Gegenforderung bewillige, die er jetzt erst zur
Sprache brachte. In vielen bischöflichen Gebieten waren
nemlich Städte und Adel großentheils evangelisch; wenn man
sie nicht in Schutz nahm, so stand zu befürchten, daß die
geistlichen Fürsten einmal Gewalt gegen sie brauchen möch-
ten. 1 Churfürst August forderte, daß sie durch einen beson-
dern Artikel im Frieden die Versicherung empfangen sollten,
bei ihrer Religion bleiben zu können.

Nach einigem Bedenken traten die übrigen evangelischen
Stände diesem Vorschlage bei. Brandenburg erklärte, es

1 "mit vorwendung, das es nicht Reichsstete, darauf dieser
Friede allein gienge, und das wir den bischofen kein maß zu geben."
Schreiben des Churf. August an den Rath o. D., vor dem der Räthe
vom 25 Sept.

Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſie ja doch bewilligen müſſe; eine ſolche Beſchränkung des
Bekenntniſſes dürfe man ſich nicht gefallen laſſen.

Andere jedoch erwiederten, dieſe ſey vielleicht ſo groß
nicht, wie ſie ſcheine. Der Übertritt ganzer Capitel werde
in der vorgeſchlagenen Formel nicht verboten; auch werde den
Capiteln nicht aufgelegt, ſondern nur zugelaſſen, Biſchöfe, die
der Confeſſion beigetreten, durch Andere, Altgläubige zu er-
ſetzen. Trotz der Beſchränkung die in dem Vorbehalt liege,
ſey der Friede vortheilhafter als jemals ein andrer, und man
werde ihn nicht ausſchlagen dürfen.

Dieſer Meinung war vornehmlich Churfürſt A[ – 1 Zeichen fehlt][g]guſt von
Sachſen. Auf die Anfrage ſeiner Räthe bemerkte er zwar alle
die Nachtheile die aus einer Satzung wie die vorgeſchlagene
entſpringen müßten: aber er verwarf ſie nicht entſchieden, be-
ſonders wenn in dem Abſchied angegeben werde, daß die Stände
ſich nicht dazu vereinigt, und unter der Vorausſetzung, daß
man ihm eine Gegenforderung bewillige, die er jetzt erſt zur
Sprache brachte. In vielen biſchöflichen Gebieten waren
nemlich Städte und Adel großentheils evangeliſch; wenn man
ſie nicht in Schutz nahm, ſo ſtand zu befürchten, daß die
geiſtlichen Fürſten einmal Gewalt gegen ſie brauchen möch-
ten. 1 Churfürſt Auguſt forderte, daß ſie durch einen beſon-
dern Artikel im Frieden die Verſicherung empfangen ſollten,
bei ihrer Religion bleiben zu können.

Nach einigem Bedenken traten die übrigen evangeliſchen
Stände dieſem Vorſchlage bei. Brandenburg erklärte, es

1 „mit vorwendung, das es nicht Reichsſtete, darauf dieſer
Friede allein gienge, und das wir den biſchofen kein maß zu geben.“
Schreiben des Churf. Auguſt an den Rath o. D., vor dem der Raͤthe
vom 25 Sept.
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[386/0398] Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel. ſie ja doch bewilligen müſſe; eine ſolche Beſchränkung des Bekenntniſſes dürfe man ſich nicht gefallen laſſen. Andere jedoch erwiederten, dieſe ſey vielleicht ſo groß nicht, wie ſie ſcheine. Der Übertritt ganzer Capitel werde in der vorgeſchlagenen Formel nicht verboten; auch werde den Capiteln nicht aufgelegt, ſondern nur zugelaſſen, Biſchöfe, die der Confeſſion beigetreten, durch Andere, Altgläubige zu er- ſetzen. Trotz der Beſchränkung die in dem Vorbehalt liege, ſey der Friede vortheilhafter als jemals ein andrer, und man werde ihn nicht ausſchlagen dürfen. Dieſer Meinung war vornehmlich Churfürſt A_gguſt von Sachſen. Auf die Anfrage ſeiner Räthe bemerkte er zwar alle die Nachtheile die aus einer Satzung wie die vorgeſchlagene entſpringen müßten: aber er verwarf ſie nicht entſchieden, be- ſonders wenn in dem Abſchied angegeben werde, daß die Stände ſich nicht dazu vereinigt, und unter der Vorausſetzung, daß man ihm eine Gegenforderung bewillige, die er jetzt erſt zur Sprache brachte. In vielen biſchöflichen Gebieten waren nemlich Städte und Adel großentheils evangeliſch; wenn man ſie nicht in Schutz nahm, ſo ſtand zu befürchten, daß die geiſtlichen Fürſten einmal Gewalt gegen ſie brauchen möch- ten. 1 Churfürſt Auguſt forderte, daß ſie durch einen beſon- dern Artikel im Frieden die Verſicherung empfangen ſollten, bei ihrer Religion bleiben zu können. Nach einigem Bedenken traten die übrigen evangeliſchen Stände dieſem Vorſchlage bei. Brandenburg erklärte, es 1 „mit vorwendung, das es nicht Reichsſtete, darauf dieſer Friede allein gienge, und das wir den biſchofen kein maß zu geben.“ Schreiben des Churf. Auguſt an den Rath o. D., vor dem der Raͤthe vom 25 Sept.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/398>, abgerufen am 24.11.2024.