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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Schlußberathungen über den geistl. Vorbehalt.
dem geistlichen Vorbehalt, beizustimmen. Er bat sie, sich auch
von ihrer Seite etwas gefallen zu lassen, so wie er manchen
sauren Bissen verschlucken müssen; aber er erklärte auch auf
das Bestimmteste, daß er davon nicht weichen könne: sein
Ansehen bei auswärtigen Fürsten, sein Gewissen gebiete es
ihm: wolle man die Bestimmung nicht förmlich annehmen,
so möge man ihm wenigstens zulassen sie aus königlicher
Machtvollkommenheit auszusprechen, wolle man auch das
nicht, nun wohl, -- er habe bei seiner Ehre geschworen da-
von nicht abzulassen -- so möge lieber alles Andre ebenfalls
rückg[ - 5 Zeichen fehlen] werden. 1

Ein Moment voll Entscheidung wie für diese Berathung
so für die gesammte Zukunft des Reiches.

Der König war dadurch stark, daß er die Geistlichen
fast alle auf seiner Seite hatte. 2 Die protestantischen Räthe
aus beiden Collegien hielten für rathsam, sich über die dem
König zu gebende Antwort in diesem außerordentlichen Falle
zuerst unter einander zu berathen.

Und da drangen nun Viele auch ferner auf die Verwer-
fung des geistlichen Vorbehalts, von dem in dem Passauer
Vertrag keine Erwähnung geschehen und der dadurch still-
schweigend schon aufgegeben sey; daß die Festsetzung dem Kö-
nig anheimgestellt werde, ändere in der Sache nichts, da man

1 Schreiben der sächsischen Gesandten vom 9ten September.
(Im Anhang.)
2 Man hat später gesagt, daß der Vorbehalt wohl zu ver-
meiden gewesen wäre; auch mögen einzelne, z. B. Würzburg, geneigt
gewesen seyn. Sonst aber berichten die sächsischen Gesandten das
Gegentheil: 30 Aug: "haben abermal aus vilen votis so vil verstan-
den, das unsere geistlichen nunmehr davon nicht zu bringen, sondern
in diesen Dingen gantz auf der Königl. Mt Seite stehen."
Ranke D. Gesch. V. 25

Schlußberathungen uͤber den geiſtl. Vorbehalt.
dem geiſtlichen Vorbehalt, beizuſtimmen. Er bat ſie, ſich auch
von ihrer Seite etwas gefallen zu laſſen, ſo wie er manchen
ſauren Biſſen verſchlucken müſſen; aber er erklärte auch auf
das Beſtimmteſte, daß er davon nicht weichen könne: ſein
Anſehen bei auswärtigen Fürſten, ſein Gewiſſen gebiete es
ihm: wolle man die Beſtimmung nicht förmlich annehmen,
ſo möge man ihm wenigſtens zulaſſen ſie aus königlicher
Machtvollkommenheit auszuſprechen, wolle man auch das
nicht, nun wohl, — er habe bei ſeiner Ehre geſchworen da-
von nicht abzulaſſen — ſo möge lieber alles Andre ebenfalls
rückg[ – 5 Zeichen fehlen] werden. 1

Ein Moment voll Entſcheidung wie für dieſe Berathung
ſo für die geſammte Zukunft des Reiches.

Der König war dadurch ſtark, daß er die Geiſtlichen
faſt alle auf ſeiner Seite hatte. 2 Die proteſtantiſchen Räthe
aus beiden Collegien hielten für rathſam, ſich über die dem
König zu gebende Antwort in dieſem außerordentlichen Falle
zuerſt unter einander zu berathen.

Und da drangen nun Viele auch ferner auf die Verwer-
fung des geiſtlichen Vorbehalts, von dem in dem Paſſauer
Vertrag keine Erwähnung geſchehen und der dadurch ſtill-
ſchweigend ſchon aufgegeben ſey; daß die Feſtſetzung dem Kö-
nig anheimgeſtellt werde, ändere in der Sache nichts, da man

1 Schreiben der ſaͤchſiſchen Geſandten vom 9ten September.
(Im Anhang.)
2 Man hat ſpaͤter geſagt, daß der Vorbehalt wohl zu ver-
meiden geweſen waͤre; auch moͤgen einzelne, z. B. Wuͤrzburg, geneigt
geweſen ſeyn. Sonſt aber berichten die ſaͤchſiſchen Geſandten das
Gegentheil: 30 Aug: „haben abermal aus vilen votis ſo vil verſtan-
den, das unſere geiſtlichen nunmehr davon nicht zu bringen, ſondern
in dieſen Dingen gantz auf der Koͤnigl. Mt Seite ſtehen.“
Ranke D. Geſch. V. 25
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[385/0397] Schlußberathungen uͤber den geiſtl. Vorbehalt. dem geiſtlichen Vorbehalt, beizuſtimmen. Er bat ſie, ſich auch von ihrer Seite etwas gefallen zu laſſen, ſo wie er manchen ſauren Biſſen verſchlucken müſſen; aber er erklärte auch auf das Beſtimmteſte, daß er davon nicht weichen könne: ſein Anſehen bei auswärtigen Fürſten, ſein Gewiſſen gebiete es ihm: wolle man die Beſtimmung nicht förmlich annehmen, ſo möge man ihm wenigſtens zulaſſen ſie aus königlicher Machtvollkommenheit auszuſprechen, wolle man auch das nicht, nun wohl, — er habe bei ſeiner Ehre geſchworen da- von nicht abzulaſſen — ſo möge lieber alles Andre ebenfalls rückg_____ werden. 1 Ein Moment voll Entſcheidung wie für dieſe Berathung ſo für die geſammte Zukunft des Reiches. Der König war dadurch ſtark, daß er die Geiſtlichen faſt alle auf ſeiner Seite hatte. 2 Die proteſtantiſchen Räthe aus beiden Collegien hielten für rathſam, ſich über die dem König zu gebende Antwort in dieſem außerordentlichen Falle zuerſt unter einander zu berathen. Und da drangen nun Viele auch ferner auf die Verwer- fung des geiſtlichen Vorbehalts, von dem in dem Paſſauer Vertrag keine Erwähnung geſchehen und der dadurch ſtill- ſchweigend ſchon aufgegeben ſey; daß die Feſtſetzung dem Kö- nig anheimgeſtellt werde, ändere in der Sache nichts, da man 1 Schreiben der ſaͤchſiſchen Geſandten vom 9ten September. (Im Anhang.) 2 Man hat ſpaͤter geſagt, daß der Vorbehalt wohl zu ver- meiden geweſen waͤre; auch moͤgen einzelne, z. B. Wuͤrzburg, geneigt geweſen ſeyn. Sonſt aber berichten die ſaͤchſiſchen Geſandten das Gegentheil: 30 Aug: „haben abermal aus vilen votis ſo vil verſtan- den, das unſere geiſtlichen nunmehr davon nicht zu bringen, ſondern in dieſen Dingen gantz auf der Koͤnigl. Mt Seite ſtehen.“ Ranke D. Geſch. V. 25

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/397>, abgerufen am 24.11.2024.