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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Berath. üb. d. Religionsfr. Geistliche Güter.

Überhaupt, was bereits geschehen, ließ man sich gefal-
len: die großen Irrungen erhoben sich darüber was in Zu-
kunft geschehen dürfe.

Die weltlichen Churfürsten forderten auf den Vorschlag
der Pfalz, daß der Friede allen Denen zu Gute kommen
müsse die ihrer Confession auch in Zukunft beitreten würden.
Noch einmal regte sich hierüber in den geistlichen die Vor-
aussetzung daß der alte Zustand der allein rechtliche gewe-
sen: und Cölln meinte wohl, jede weitere Neuerung müsse
ernstlich verboten werden. Die weltlichen versetzten: ob es
nicht heiße, den Frieden in Unfrieden verkehren, wenn man
Diejenigen mit dem Schwert verfolgen wolle, die zu ihnen
träten? Die Verhandlungen über diesen Artikel mußten un-
terbrochen werden; es dauerte einige Zeit, ehe sich die Geist-
lichen von den Begriffen losrissen, die allerdings den al-
ten Einrichtungen zu Grunde lagen und die Geister lange
Jahrhunderte beherrscht hatten. Unter Vortritt von Mainz
gaben sie endlich zu, daß die Anhänger der augsburgischen
Confession nicht angegriffen werden sollten, "zu welcher Zeit
sie auch derselben verwandt geworden." Ein neuer Sturm
erhob sich, als dieser Entwurf in den Fürstenrath kam. Die
weltlichen Fürsten, die sonst nicht nachzugeben pflegten, zo-
gen dieß Mal vor, die letzte Clausel wegzulassen, und ein-
fach dabei stehen zu bleiben, daß Niemand wegen der augs-
burgischen Confession angegriffen werden dürfe. 1 Und war

1 Nach dem Bericht der sächsischen Gesandten wurden sie von
den Geistlichen gelobt: "theten ganz billig daß wir jnen nachgeben
was uns nicht schadete, und jhnen gegen andern vorweislich; was
Ranke D. Gesch. V. 24
Berath. uͤb. d. Religionsfr. Geiſtliche Guͤter.

Überhaupt, was bereits geſchehen, ließ man ſich gefal-
len: die großen Irrungen erhoben ſich darüber was in Zu-
kunft geſchehen dürfe.

Die weltlichen Churfürſten forderten auf den Vorſchlag
der Pfalz, daß der Friede allen Denen zu Gute kommen
müſſe die ihrer Confeſſion auch in Zukunft beitreten würden.
Noch einmal regte ſich hierüber in den geiſtlichen die Vor-
ausſetzung daß der alte Zuſtand der allein rechtliche gewe-
ſen: und Cölln meinte wohl, jede weitere Neuerung müſſe
ernſtlich verboten werden. Die weltlichen verſetzten: ob es
nicht heiße, den Frieden in Unfrieden verkehren, wenn man
Diejenigen mit dem Schwert verfolgen wolle, die zu ihnen
träten? Die Verhandlungen über dieſen Artikel mußten un-
terbrochen werden; es dauerte einige Zeit, ehe ſich die Geiſt-
lichen von den Begriffen losriſſen, die allerdings den al-
ten Einrichtungen zu Grunde lagen und die Geiſter lange
Jahrhunderte beherrſcht hatten. Unter Vortritt von Mainz
gaben ſie endlich zu, daß die Anhänger der augsburgiſchen
Confeſſion nicht angegriffen werden ſollten, „zu welcher Zeit
ſie auch derſelben verwandt geworden.“ Ein neuer Sturm
erhob ſich, als dieſer Entwurf in den Fürſtenrath kam. Die
weltlichen Fürſten, die ſonſt nicht nachzugeben pflegten, zo-
gen dieß Mal vor, die letzte Clauſel wegzulaſſen, und ein-
fach dabei ſtehen zu bleiben, daß Niemand wegen der augs-
burgiſchen Confeſſion angegriffen werden dürfe. 1 Und war

1 Nach dem Bericht der ſaͤchſiſchen Geſandten wurden ſie von
den Geiſtlichen gelobt: „theten ganz billig daß wir jnen nachgeben
was uns nicht ſchadete, und jhnen gegen andern vorweislich; was
Ranke D. Geſch. V. 24
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[369/0381] Berath. uͤb. d. Religionsfr. Geiſtliche Guͤter. Überhaupt, was bereits geſchehen, ließ man ſich gefal- len: die großen Irrungen erhoben ſich darüber was in Zu- kunft geſchehen dürfe. Die weltlichen Churfürſten forderten auf den Vorſchlag der Pfalz, daß der Friede allen Denen zu Gute kommen müſſe die ihrer Confeſſion auch in Zukunft beitreten würden. Noch einmal regte ſich hierüber in den geiſtlichen die Vor- ausſetzung daß der alte Zuſtand der allein rechtliche gewe- ſen: und Cölln meinte wohl, jede weitere Neuerung müſſe ernſtlich verboten werden. Die weltlichen verſetzten: ob es nicht heiße, den Frieden in Unfrieden verkehren, wenn man Diejenigen mit dem Schwert verfolgen wolle, die zu ihnen träten? Die Verhandlungen über dieſen Artikel mußten un- terbrochen werden; es dauerte einige Zeit, ehe ſich die Geiſt- lichen von den Begriffen losriſſen, die allerdings den al- ten Einrichtungen zu Grunde lagen und die Geiſter lange Jahrhunderte beherrſcht hatten. Unter Vortritt von Mainz gaben ſie endlich zu, daß die Anhänger der augsburgiſchen Confeſſion nicht angegriffen werden ſollten, „zu welcher Zeit ſie auch derſelben verwandt geworden.“ Ein neuer Sturm erhob ſich, als dieſer Entwurf in den Fürſtenrath kam. Die weltlichen Fürſten, die ſonſt nicht nachzugeben pflegten, zo- gen dieß Mal vor, die letzte Clauſel wegzulaſſen, und ein- fach dabei ſtehen zu bleiben, daß Niemand wegen der augs- burgiſchen Confeſſion angegriffen werden dürfe. 1 Und war 1 Nach dem Bericht der ſaͤchſiſchen Geſandten wurden ſie von den Geiſtlichen gelobt: „theten ganz billig daß wir jnen nachgeben was uns nicht ſchadete, und jhnen gegen andern vorweislich; was Ranke D. Geſch. V. 24

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/381>, abgerufen am 24.11.2024.