Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Zehntes Buch. Fünftes Capitel. rückt würde: er hegte die Hofnung noch, das letzte, wider-wärtigste Zugeständniß werde sich vermeiden lassen; war das aber nicht möglich, so wollte er wenigstens nichts damit zu schaffen haben. In ihm hatte sich die religiöse Überzeugung mit dem Selbstgefühl des Staatsmannes durchdrungen, der den Schimpf nicht erleben will, den Gedanken fallen lassen zu müssen, den er mit allen Mitteln lange Jahre daher zu verwirklichen getrachtet. Mochte dann sein Bruder mit sich selber zu Rathe gehn und die Dinge so weit führen als er vermochte. Nun leuchtet ein, wie sehr sich hiedurch die Lage der Freilich fehlte noch viel, daß die Sache damit entschie- An dem Reichstage wurde das geistliche Interesse bei Glücklicherweise war das Churfürstencollegium friedlich Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel. rückt würde: er hegte die Hofnung noch, das letzte, wider-wärtigſte Zugeſtändniß werde ſich vermeiden laſſen; war das aber nicht möglich, ſo wollte er wenigſtens nichts damit zu ſchaffen haben. In ihm hatte ſich die religiöſe Überzeugung mit dem Selbſtgefühl des Staatsmannes durchdrungen, der den Schimpf nicht erleben will, den Gedanken fallen laſſen zu müſſen, den er mit allen Mitteln lange Jahre daher zu verwirklichen getrachtet. Mochte dann ſein Bruder mit ſich ſelber zu Rathe gehn und die Dinge ſo weit führen als er vermochte. Nun leuchtet ein, wie ſehr ſich hiedurch die Lage der Freilich fehlte noch viel, daß die Sache damit entſchie- An dem Reichstage wurde das geiſtliche Intereſſe bei Glücklicherweiſe war das Churfürſtencollegium friedlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0372" n="360"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel</hi>.</fw><lb/> rückt würde: er hegte die Hofnung noch, das letzte, wider-<lb/> wärtigſte Zugeſtändniß werde ſich vermeiden laſſen; war das<lb/> aber nicht möglich, ſo wollte er wenigſtens nichts damit zu<lb/> ſchaffen haben. In ihm hatte ſich die religiöſe Überzeugung<lb/> mit dem Selbſtgefühl des Staatsmannes durchdrungen, der<lb/> den Schimpf nicht erleben will, den Gedanken fallen laſſen<lb/> zu müſſen, den er mit allen Mitteln lange Jahre daher zu<lb/> verwirklichen getrachtet. Mochte dann ſein Bruder mit ſich<lb/> ſelber zu Rathe gehn und die Dinge ſo weit führen als<lb/> er vermochte.</p><lb/> <p>Nun leuchtet ein, wie ſehr ſich hiedurch die Lage der<lb/> Dinge änderte. Der Kaiſer, der bei den Verhandlungen in<lb/> Paſſau der ſonſt bei den Anweſenden allgemein geworde-<lb/> nen Überzeugung von der Nothwendigkeit des unbedingten<lb/> Friedens allein Widerſtand geleiſtet, zog ſich zurück und ließ<lb/> denſelben freien Lauf.</p><lb/> <p>Freilich fehlte noch viel, daß die Sache damit entſchie-<lb/> den geweſen wäre.</p><lb/> <p>An dem Reichstage wurde das geiſtliche Intereſſe bei<lb/> weitem ſtärker repräſentirt als in Paſſau. Überdieß war es<lb/> aber jetzt durch die Thätigkeit des braunſchweigiſch-fränkiſchen<lb/> Bundes bei weitem beſſer geſichert und der Bedrängniſſe über-<lb/> hoben, welche damals zur Nachgiebigkeit genöthigt hatten.<lb/> Auch iſt es doch ganz etwas anders, eine Sache vorläufig<lb/> für wünſchenswerth zu erklären, wie dort geſchehen war, und<lb/> ſie auf immer zu bewilligen, was der Erfolg eines Reichs-<lb/> tagsbeſchluſſes werden mußte.</p><lb/> <p>Glücklicherweiſe war das Churfürſtencollegium friedlich<lb/> geſinnt. Die geiſtlichen Churfürſten waren noch eben Die,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [360/0372]
Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel.
rückt würde: er hegte die Hofnung noch, das letzte, wider-
wärtigſte Zugeſtändniß werde ſich vermeiden laſſen; war das
aber nicht möglich, ſo wollte er wenigſtens nichts damit zu
ſchaffen haben. In ihm hatte ſich die religiöſe Überzeugung
mit dem Selbſtgefühl des Staatsmannes durchdrungen, der
den Schimpf nicht erleben will, den Gedanken fallen laſſen
zu müſſen, den er mit allen Mitteln lange Jahre daher zu
verwirklichen getrachtet. Mochte dann ſein Bruder mit ſich
ſelber zu Rathe gehn und die Dinge ſo weit führen als
er vermochte.
Nun leuchtet ein, wie ſehr ſich hiedurch die Lage der
Dinge änderte. Der Kaiſer, der bei den Verhandlungen in
Paſſau der ſonſt bei den Anweſenden allgemein geworde-
nen Überzeugung von der Nothwendigkeit des unbedingten
Friedens allein Widerſtand geleiſtet, zog ſich zurück und ließ
denſelben freien Lauf.
Freilich fehlte noch viel, daß die Sache damit entſchie-
den geweſen wäre.
An dem Reichstage wurde das geiſtliche Intereſſe bei
weitem ſtärker repräſentirt als in Paſſau. Überdieß war es
aber jetzt durch die Thätigkeit des braunſchweigiſch-fränkiſchen
Bundes bei weitem beſſer geſichert und der Bedrängniſſe über-
hoben, welche damals zur Nachgiebigkeit genöthigt hatten.
Auch iſt es doch ganz etwas anders, eine Sache vorläufig
für wünſchenswerth zu erklären, wie dort geſchehen war, und
ſie auf immer zu bewilligen, was der Erfolg eines Reichs-
tagsbeſchluſſes werden mußte.
Glücklicherweiſe war das Churfürſtencollegium friedlich
geſinnt. Die geiſtlichen Churfürſten waren noch eben Die,
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