Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.
Zehntes Buch. Viertes Capitel. fen in die Niederlande ein, die sich außer mehreren andernder festen Plätze Marienburg, Bouvines und Dinant bemäch- tigten. Dinant gehörte zu dem Bisthum Lüttich, das der König ungefähr aus demselben Gesichtspunct ansah wie Metz und Cambrai, und dem er es nicht vergeben konnte, daß es mit dem Kaiser in so enge Verbindung getreten. In- dessen sammelte der Kaiser, den die Nachrichten von den Nie- derlagen des Markgrafen von anderweiten Sorgen befreiten, alle seine Macht zu Namur. Er wollte jedoch sein Glück nicht nochmals auf einen Schlachttag wagen, und ließ geschehen daß die Franzosen vor seinen Augen über die Sambre gien- gen und sich nach dem Hennegau zogen; sie bezeichneten ihren Weg mit Verwüstungen eben der blühendsten Orte, der Pal- läste zu Binche, der Gärten zu Marimont, welche sich Köni- gin Maria mit großen Kosten eingerichtet hatte: -- angeblich um ähnliche Verwüstungen, die in Frankreich geschehen wa- ren, zu rächen; 1 -- dann aber gieng das kaiserliche Heer, bei dem wir Graf Günther von Schwarzburg an der Spitze einer schwarzen Reiterschaar finden, die sich nicht wenig her- vorthat, den Franzosen nach, drängte sie nach Artois, entsetzte Renty und drang zuletzt selbst in die Picardie ein. Während dem hatten sich die Kreise, an welche die 1 Schreiben des Connetable an Brissac, gegen Ende Juli 1554:
"Avons fait et faisons encores tous les jours de si beaux feux a 4 ou 5 lieues a la ronde du chemin." (Mem. Coll. univers. XXXVIII, p 443.) Zehntes Buch. Viertes Capitel. fen in die Niederlande ein, die ſich außer mehreren andernder feſten Plätze Marienburg, Bouvines und Dinant bemäch- tigten. Dinant gehörte zu dem Bisthum Lüttich, das der König ungefähr aus demſelben Geſichtspunct anſah wie Metz und Cambrai, und dem er es nicht vergeben konnte, daß es mit dem Kaiſer in ſo enge Verbindung getreten. In- deſſen ſammelte der Kaiſer, den die Nachrichten von den Nie- derlagen des Markgrafen von anderweiten Sorgen befreiten, alle ſeine Macht zu Namur. Er wollte jedoch ſein Glück nicht nochmals auf einen Schlachttag wagen, und ließ geſchehen daß die Franzoſen vor ſeinen Augen über die Sambre gien- gen und ſich nach dem Hennegau zogen; ſie bezeichneten ihren Weg mit Verwüſtungen eben der blühendſten Orte, der Pal- läſte zu Binche, der Gärten zu Marimont, welche ſich Köni- gin Maria mit großen Koſten eingerichtet hatte: — angeblich um ähnliche Verwüſtungen, die in Frankreich geſchehen wa- ren, zu rächen; 1 — dann aber gieng das kaiſerliche Heer, bei dem wir Graf Günther von Schwarzburg an der Spitze einer ſchwarzen Reiterſchaar finden, die ſich nicht wenig her- vorthat, den Franzoſen nach, drängte ſie nach Artois, entſetzte Renty und drang zuletzt ſelbſt in die Picardie ein. Während dem hatten ſich die Kreiſe, an welche die 1 Schreiben des Connetable an Briſſac, gegen Ende Juli 1554:
„Avons fait et faisons encores tous les jours de si beaux feux à 4 ou 5 lieues à la ronde du chemin.“ (Mem. Coll. univers. XXXVIII, p 443.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0362" n="350"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehntes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/> fen in die Niederlande ein, die ſich außer mehreren andern<lb/> der feſten Plätze Marienburg, Bouvines und Dinant bemäch-<lb/> tigten. Dinant gehörte zu dem Bisthum Lüttich, das der<lb/> König ungefähr aus demſelben Geſichtspunct anſah wie Metz<lb/> und Cambrai, und dem er es nicht vergeben konnte, daß<lb/> es mit dem Kaiſer in ſo enge Verbindung getreten. In-<lb/> deſſen ſammelte der Kaiſer, den die Nachrichten von den Nie-<lb/> derlagen des Markgrafen von anderweiten Sorgen befreiten,<lb/> alle ſeine Macht zu Namur. Er wollte jedoch ſein Glück nicht<lb/> nochmals auf einen Schlachttag wagen, und ließ geſchehen<lb/> daß die Franzoſen vor ſeinen Augen über die Sambre gien-<lb/> gen und ſich nach dem Hennegau zogen; ſie bezeichneten ihren<lb/> Weg mit Verwüſtungen eben der blühendſten Orte, der Pal-<lb/> läſte zu Binche, der Gärten zu Marimont, welche ſich Köni-<lb/> gin Maria mit großen Koſten eingerichtet hatte: — angeblich<lb/> um ähnliche Verwüſtungen, die in Frankreich geſchehen wa-<lb/> ren, zu rächen; <note place="foot" n="1">Schreiben des Connetable an Briſſac, gegen Ende Juli 1554:<lb/><hi rendition="#aq">„Avons fait et faisons encores tous les jours de si beaux feux<lb/> à 4 ou 5 lieues à la ronde du chemin.“ (Mem. Coll. univers.<lb/> XXXVIII, p</hi> 443.)</note> — dann aber gieng das kaiſerliche Heer,<lb/> bei dem wir Graf Günther von Schwarzburg an der Spitze<lb/> einer ſchwarzen Reiterſchaar finden, die ſich nicht wenig her-<lb/> vorthat, den Franzoſen nach, drängte ſie nach Artois, entſetzte<lb/> Renty und drang zuletzt ſelbſt in die Picardie ein.</p><lb/> <p>Während dem hatten ſich die Kreiſe, an welche die<lb/> Executionsmandate des Kaiſers gerichtet geweſen, zu Worms<lb/> verſammelt, um jeder Einwirkung welche Frankreich vermöge<lb/> ſeiner alten Verbindungen auf Deutſchland ausüben könne,<lb/> zu widerſtehn. Sie vereinigten ſich, daß dem Angegriffenen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [350/0362]
Zehntes Buch. Viertes Capitel.
fen in die Niederlande ein, die ſich außer mehreren andern
der feſten Plätze Marienburg, Bouvines und Dinant bemäch-
tigten. Dinant gehörte zu dem Bisthum Lüttich, das der
König ungefähr aus demſelben Geſichtspunct anſah wie Metz
und Cambrai, und dem er es nicht vergeben konnte, daß
es mit dem Kaiſer in ſo enge Verbindung getreten. In-
deſſen ſammelte der Kaiſer, den die Nachrichten von den Nie-
derlagen des Markgrafen von anderweiten Sorgen befreiten,
alle ſeine Macht zu Namur. Er wollte jedoch ſein Glück nicht
nochmals auf einen Schlachttag wagen, und ließ geſchehen
daß die Franzoſen vor ſeinen Augen über die Sambre gien-
gen und ſich nach dem Hennegau zogen; ſie bezeichneten ihren
Weg mit Verwüſtungen eben der blühendſten Orte, der Pal-
läſte zu Binche, der Gärten zu Marimont, welche ſich Köni-
gin Maria mit großen Koſten eingerichtet hatte: — angeblich
um ähnliche Verwüſtungen, die in Frankreich geſchehen wa-
ren, zu rächen; 1 — dann aber gieng das kaiſerliche Heer,
bei dem wir Graf Günther von Schwarzburg an der Spitze
einer ſchwarzen Reiterſchaar finden, die ſich nicht wenig her-
vorthat, den Franzoſen nach, drängte ſie nach Artois, entſetzte
Renty und drang zuletzt ſelbſt in die Picardie ein.
Während dem hatten ſich die Kreiſe, an welche die
Executionsmandate des Kaiſers gerichtet geweſen, zu Worms
verſammelt, um jeder Einwirkung welche Frankreich vermöge
ſeiner alten Verbindungen auf Deutſchland ausüben könne,
zu widerſtehn. Sie vereinigten ſich, daß dem Angegriffenen
1 Schreiben des Connetable an Briſſac, gegen Ende Juli 1554:
„Avons fait et faisons encores tous les jours de si beaux feux
à 4 ou 5 lieues à la ronde du chemin.“ (Mem. Coll. univers.
XXXVIII, p 443.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/362 |
| Zitationshilfe: | Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/362>, abgerufen am 18.12.2024. |
