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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Neuntes Buch. Erstes Capitel.
tete am nächsten gehalten. Das wirkte in den Festsetzun-
gen des Reichstags nach.

Überdieß kamen eben bei diesen Berathungen ein paar
Angelegenheiten zur Sprache, in denen der Kaiser der Gunst
der Fürsten bedurfte, und die ihm höchlich am Herzen lagen.

Von allen die wichtigste war eine nähere Verbindung
der Niederlande mit dem Reiche, wie schon der Bundesent-
wurf dahin gezielt hatte. Da es mit diesem nicht gelungen
war, so suchte man nun auf dem gewohnten Wege zum Ziele
zu kommen. Königin Maria erinnerte den Kaiser die Gele-
genheit nicht zu versäumen, er könne nie eine bessere finden. 1

Nun dürfte man aber nicht glauben, die Absicht der
niederländischen Regierung sey gewesen, die reichsständischen
Rechte und Pflichten schlechthin zu theilen: nichts würde ihr
leichter geworden seyn.

Schon unter Maximilian, der die zu seiner Zeit verei-
nigten Niederlande als den burgundischen Kreis bezeichnete,
suchte das Kammergericht dieselben seiner Jurisdiction zu
unterwerfen und sie zu den Reichsanschlägen herbeizuziehen.
Seitdem hatte das Haus Burgund auch Utrecht und Gel-
dern, die zu dem westphälischen Kreise gehörten, erwor-
ben: weder das Kammergericht noch die Versammlungen des
Kreises hatten sich dadurch abhalten lassen, diese Länder nach
ihrem bisherigen Verhältniß zu behandeln. Allein von den Nie-

1 Instruction pour Messire Viglius de Zuichem de ce qu'il
aura a faire en la presente diete imperiale de Augsbourg a l'en-
droit des affaires des pays pardeca. "L'occasion pour radresser
les dits affaires est a present meilleur qu'elle ne fut oncque pour
le bon et heureux succes de S. Me imple."
(Arch zu Brüssel.)

Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
tete am nächſten gehalten. Das wirkte in den Feſtſetzun-
gen des Reichstags nach.

Überdieß kamen eben bei dieſen Berathungen ein paar
Angelegenheiten zur Sprache, in denen der Kaiſer der Gunſt
der Fürſten bedurfte, und die ihm höchlich am Herzen lagen.

Von allen die wichtigſte war eine nähere Verbindung
der Niederlande mit dem Reiche, wie ſchon der Bundesent-
wurf dahin gezielt hatte. Da es mit dieſem nicht gelungen
war, ſo ſuchte man nun auf dem gewohnten Wege zum Ziele
zu kommen. Königin Maria erinnerte den Kaiſer die Gele-
genheit nicht zu verſäumen, er könne nie eine beſſere finden. 1

Nun dürfte man aber nicht glauben, die Abſicht der
niederländiſchen Regierung ſey geweſen, die reichsſtändiſchen
Rechte und Pflichten ſchlechthin zu theilen: nichts würde ihr
leichter geworden ſeyn.

Schon unter Maximilian, der die zu ſeiner Zeit verei-
nigten Niederlande als den burgundiſchen Kreis bezeichnete,
ſuchte das Kammergericht dieſelben ſeiner Jurisdiction zu
unterwerfen und ſie zu den Reichsanſchlägen herbeizuziehen.
Seitdem hatte das Haus Burgund auch Utrecht und Gel-
dern, die zu dem weſtphäliſchen Kreiſe gehörten, erwor-
ben: weder das Kammergericht noch die Verſammlungen des
Kreiſes hatten ſich dadurch abhalten laſſen, dieſe Länder nach
ihrem bisherigen Verhältniß zu behandeln. Allein von den Nie-

1 Instruction pour Messire Viglius de Zuichem de ce qu’il
aura a faire en la presente diete imperiale de Augsbourg a l’en-
droit des affaires des pays pardeça. „L’occasion pour radresser
les dits affaires est a present meilleur qu’elle ne fut oncque pour
le bon et heureux succès de S. Mé imple.“
(Arch zu Bruͤſſel.)
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[24/0036] Neuntes Buch. Erſtes Capitel. tete am nächſten gehalten. Das wirkte in den Feſtſetzun- gen des Reichstags nach. Überdieß kamen eben bei dieſen Berathungen ein paar Angelegenheiten zur Sprache, in denen der Kaiſer der Gunſt der Fürſten bedurfte, und die ihm höchlich am Herzen lagen. Von allen die wichtigſte war eine nähere Verbindung der Niederlande mit dem Reiche, wie ſchon der Bundesent- wurf dahin gezielt hatte. Da es mit dieſem nicht gelungen war, ſo ſuchte man nun auf dem gewohnten Wege zum Ziele zu kommen. Königin Maria erinnerte den Kaiſer die Gele- genheit nicht zu verſäumen, er könne nie eine beſſere finden. 1 Nun dürfte man aber nicht glauben, die Abſicht der niederländiſchen Regierung ſey geweſen, die reichsſtändiſchen Rechte und Pflichten ſchlechthin zu theilen: nichts würde ihr leichter geworden ſeyn. Schon unter Maximilian, der die zu ſeiner Zeit verei- nigten Niederlande als den burgundiſchen Kreis bezeichnete, ſuchte das Kammergericht dieſelben ſeiner Jurisdiction zu unterwerfen und ſie zu den Reichsanſchlägen herbeizuziehen. Seitdem hatte das Haus Burgund auch Utrecht und Gel- dern, die zu dem weſtphäliſchen Kreiſe gehörten, erwor- ben: weder das Kammergericht noch die Verſammlungen des Kreiſes hatten ſich dadurch abhalten laſſen, dieſe Länder nach ihrem bisherigen Verhältniß zu behandeln. Allein von den Nie- 1 Instruction pour Messire Viglius de Zuichem de ce qu’il aura a faire en la presente diete imperiale de Augsbourg a l’en- droit des affaires des pays pardeça. „L’occasion pour radresser les dits affaires est a present meilleur qu’elle ne fut oncque pour le bon et heureux succès de S. Mé imple.“ (Arch zu Bruͤſſel.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/36>, abgerufen am 21.11.2024.